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Ältere Mitarbeiter gehören gut behandelt

Der Fachkräftemangel war seit Langem absehbar. Den Gründer der Plattform Seniors4Success wundert nun nur die Plötzlichkeit.

Es könnte sich bitter rächen, ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter links liegen zu lassen und bei erster Gelegenheit aus dem Berufsleben zu befördern.
Es könnte sich bitter rächen, ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter links liegen zu lassen und bei erster Gelegenheit aus dem Berufsleben zu befördern.

Dass er schon allein aus demografischen Gründen ausbrechen würde, darauf versucht Leopold Stieger, Unternehmer und Gründer der Plattform Seniors4Success, seit 20 Jahren aufmerksam zu machen. Und darauf hinzuweisen, dass es sich noch bitter rächen könnte, ältere Mitarbeiter links liegen zu lassen und bei erster Gelegenheit aus dem Berufsleben zu befördern.

Die Rede ist vom Fachkräftemangel. Jetzt ist er da - und das Einzige, was den einstigen Pionier der Personalentwicklung in Österreich verblüfft, ist die Schlagartigkeit, mit der sich der Mangel quer durch alle Branchen zeigt - mehr oder minder verzweifelte Versuche des Zurückholens von erfahrenen Kräften aus der Pension inklusive.

"Die Wirtschaft wird die Ehemaligen noch länger brauchen"

"Die Wirtschaft wird die Ehemaligen noch länger brauchen": Das schrieb Stieger schon vor mehr als zehn Jahren auf seiner Website www.senior-retention.at; entsprechend wertschätzend sollten sie auch behandelt werden. "Ich war offenbar auch damit zu früh dran", sagt der unterdessen 84-Jährige heute. Ihn wundert nicht, dass viele dankend ablehnen, wenn die ehemaligen Dienstgeber an sie herantreten, um zu fragen, ob sie wieder Teil des Teams sein wollten, zumindest aushilfsweise. "Die Mehrheit hat die letzten Jahre im Betrieb und ihren Abschied aus dem Betrieb in keiner so guten Erinnerung", sagt Stieger. "Natürlich sagen sich die, die vielleicht eben noch einen Fußtritt gekriegt haben: Aha, jetzt soll ich plötzlich gefragt sein?!"

Eine Umfrage, die Seniors4Success vor eineinhalb Jahren in Auftrag gab, förderte zutage: 53 Prozent der 380 befragten Pensionistinnen und Pensionisten gaben an, dass sie in ihren letzten fünf Arbeitsjahren an keiner Weiterbildung mehr teilnehmen konnten, 25 Prozent fühlten sich überhaupt aufs Abstellgleis geschoben; und nur 49 Prozent sagten, sie hätten ihre Verabschiedung in die Pension als würdiges Ereignis empfunden.

"Mitarbeitergespräche wären eigentlich das Wichtigste"

Notgedrungen finde nun in den Unternehmen ein Umdenken statt, weil nicht die Arbeitgeber die Wahl haben, sondern die Arbeitnehmer, sagt Stieger. Jetzt werde mit allerlei Wohltaten um Arbeitskräfte geworben oder versucht, sie so zu halten. Das sei zwar gut, aber eine echte Bindung zum Betrieb entstehe nur durch Zuhören, Ermutigung, selbst initiativ zu werden, Wertschätzung.

"Mitarbeitergespräche wären eigentlich das Wichtigste", sagt der ehemalige Personalentwickler. Ernsthaft geführt könnten sie für beide Seiten wertvolle Impulsgeber über das Pensionsalter hinaus sein. Und generell, so Stieger, müsse man weg vom "defizitorientierten Denken, hin zum potenzialorientierten Denken". Das gelte für alle Altersstufen und damit ausdrücklich auch für die älteren, erfahrenen Kräfte, deren Wissen den Unternehmen nicht verloren gehen soll. Stieger: "Die Betriebe müssen sich rechtzeitig überlegen: Was kann ich tun, damit der oder die weitermacht oder - in welcher Variante auch immer - gerne zurückkehrt?" Für die laufende Pensionierungswelle der Babyboomer sei es womöglich schon zu spät, aber nicht für die noch länger vom Fachkräftemangel geprägte Zukunft.

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KOMMENTARE (1)

Eva Schwaiger

Wie sich doch die Zeiten ändern. Ältere, erfahrene Fachkräfte hat man entlassen, weil zu teuer, genau jene, die ihren beruflichen Erfahrungsschatz an junge weiter geben hätten können. Und neue strömen recht wenige ins Land. Ein krankes Sytem, mittlerweile an fast allen Ecken und Enden!
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