Ab wann ist man alt? Das hängt davon ab, wen man fragt. "Man schätzt sich immer ein bisschen jünger ein. Das Alter ist nur eine Zahl, und alt sind immer nur die anderen", fasst Lisa Eberhardsteiner die Ergebnisse des "Golden Ager Report" des Marktforschungsinstituts Marketagent zusammen. 1500 Österreicher zwischen 50 und 79 Jahren wurden dafür befragt. Drei Viertel fühlen sich noch mitten im Leben und im Durchschnitt zehn Jahre jünger, als in der Geburtsurkunde steht. Während die 50- bis 59-Jährigen die Frage des Alters mit 70 Jahren beantworten, gehören für über 60-Jährige erst jene ab 75 Jahren zum alten Eisen.

Fakt ist: Die Lebenserwartung steigt. Österreicher werden derzeit 79, Österreicherinnen knapp 84 Jahre alt. Ihr Wunschalter beziffern beide Geschlechter in der Umfrage im Mittel sogar mit 90 Jahren. Krankheiten und der Verlust der geistigen Fitness sind dabei die zwei größten Ängste der Senioren.
Jeder zweite "Golden Ager" leistet sich Dinge, für die früher kein Geld da war. "Der Großteil gönnt sich mehr. Man will aber nicht nur sich selbst, sondern auch Angehörigen etwas Gutes tun", sagt Eberhardsteiner. Diese Haltung wirke sich auch auf das Qualitätsbewusstsein aus. "Ältere Konsumenten sind eher bereit, für gute Qualität mehr Geld auszugeben." Produkte, die der Gesundheit dienen, lassen sich vier von fünf Senioren auch etwas kosten. Die finanziellen Voraussetzungen dafür sind nicht schlecht. Nur jeder Vierte glaubt, weniger Geld als der Durchschnitt zur Verfügung zu haben. Der Geschlechterunterschied zeigt sich aber deutlich: Altersarmut betrifft Frauen stärker. Nur jeder fünfte Mann, aber jede dritte Frau hat einen zu dünnen finanziellen Polster.

Was die Studienautoren überraschte: Freiheit und Unabhängigkeit wurden von den über 50-Jährigen gleich wichtig erachtet wie von den Millennials - also der Gruppe zwischen 15 und 24 Jahren. "Das Nest ist leer, die Kinder sind aus dem Haus. Jetzt möchten viele ihre Unabhängigkeit genießen", sagt Eberhardsteiner. Große Unterschiede zwischen den Generationen zeigen sich aber bei der Mediennutzung oder beim Zahlungsverhalten. Nur jeder Fünfte der über 50-Jährigen kann sich vorstellen, dass Österreich in den nächsten zehn Jahren bargeldfrei wird. Bei den Jungen sind es doppelt so viele. Und was für die 50- bis 79-Jährigen das Buch ist, ist für die 14-bis 25-Jährigen YouTube, schreiben die Studienautoren.
Die Zahl der Senioren steigt jedenfalls: "Von Mitte der 50er- bis Ende der 60er-Jahre gab es den Babyboom. Diese Menschen sind jetzt zwischen 50 und 65 Jahre alt. Dementsprechend ist diese Bevölkerungsgruppe in den letzten Jahren überdurchschnittlich gewachsen", sagt Regina Fuchs von der Statistik Austria. Der Anteil der über 65-Jährigen liegt derzeit bei 18,7 Prozent. 2050 wird bereits jeder Vierte 65 Jahre oder älter sein.

"Ältere Konsumenten werden als Zielgruppe für die Wirtschaft also immer wichtiger. Weil sie wächst, während die anderen schrumpfen", sagt Robert Zniva, der an der FH Salzburg und der WU Wien die Auswirkung des demografischen Wandels im Handel erforscht. Zudem seien Senioren im Durchschnitt eine wohlhabende Bevölkerungsgruppe. "Das liegt einerseits am Senioritätsprinzip bei der Entlohnung: Je älter man wird, umso mehr verdient man. Dazu kommt das hierzulande gute Pensionssystem: Die finanzielle Absicherung im Alter ist verglichen mit anderen Ländern relativ gut." Dennoch dürfe man das Thema Altersarmut nicht ausklammern, gerade bei Frauen.
"Der demografische Wandel wird oft negativ beschrieben. Aber eigentlich ist es eine Auszeichnung für eine Gesellschaft, wenn große Teile alt werden. Nur mit Wohlstand ist das zu schaffen", sagt der Handelsforscher. Er gibt allerdings zu bedenken, dass ältere Konsumenten eine sehr uneinheitliche Gruppe sind. "Die Heterogenität der Menschen nimmt mit dem Alterungsprozess zu. Wenn jemand 18 Jahre alt ist, konnte er noch nicht viele Entscheidungen treffen. Die jüngere Zielgruppe ist also ähnlich sozialisiert. Je älter ein Mensch ist, umso mehr Abbiegungen konnte er im Leben nehmen."