Wirtschaft

Arbeitnehmervertreter kritisieren Arbeitszeitsgesetz scharf

Auch am Tag nach dem Parlamentsbeschluss zur Erhöhung der Höchstarbeitszeit ist die Kritik von Arbeitnehmervertretern nicht abgerissen. Die Gewerkschaft vida warnte vor den Auswirkungen auf Mitarbeiter im Tourismus, in dem ohnehin schon ein großer Fachkräftemangel herrscht. Die AK kritisierte, dass mit dem neuen Gesetz der Zugang zu einer fallweisen 4-Tage-Woche nicht wirklich erleichtert werde.

Tourismus-Jobs werden meist von ausländischen Arbeitskräften erledigt

"Wann wird die Politik endlich Maßnahmen vom Tourismus einfordern, die ordentliches Arbeiten in dieser Branche für die heimischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder möglich macht?", fragte hingegen am Freitag Berend Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus in der Gewerkschaft vida, in Reaktion auf den Beschluss von ÖVP und FPÖ. "Mit den jetzt beschlossenen Regelungen werden sich die Menschen noch weiter von den Arbeitsplätzen im Tourismus entfernen." Tusch sieht schon die nächsten Diskussionen zum Thema Mangelberufsliste aufziehen. Die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) hatte am Donnerstag hingegen positiv auf die Gesetzesänderung, die einen 12-Stunden-Tag und eine 60-Stunden-Woche erleichtert, reagiert.

Die AK-Chefin Renate Anderl ortete in einer Aussendung eine "Crux" rund um eine 4-Tage-Woche als "Benefit" für viele Überstunden. In der Theorie sei es so, dass, wer viele Überstunden macht, viel Zeitausgleich ansparen und sich damit leicht einen dritten arbeitsfreien Tag in einer ansonsten 5-tägigen Arbeitswoche nehmen könne. "Die 'Crux': Ein Anspruch der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, diese schöne Phantasie in Realität zu verwandeln, findet sich im Gesetzesentwurf nicht."

Anderl kritisiert, dass sich die jetzt geschaffene Möglichkeit, sich für Zeitausgleich statt Geld als Abgeltungsform zu entscheiden, nichts darüber aussage, ob der Zeitausgleich zusammenhängend in Form von ganzen Tagen genommen werden könne und zu welchem konkreten Zeitpunkt er stattfindee. "Hier sind die ArbeitnehmerInnen weiter von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängig."

Schon nach geltendem Arbeitszeitgesetz darf der Arbeitnehmer, der grundsätzlich Zeitausgleich vereinbart hat, ein halbes Jahr nach Überstundenleistung den Zeitpunkt des Konsums mit 4-wöchiger Vorankündigung einseitig bestimmen, wenn dieser noch immer nicht konkret vereinbart wurde, so Anderl. "Dem fügt der bestehende Gesetzesentwurf nichts Neues hinzu."

"Den Anspruch auf einen ganztägigen Zeitausgleich gibt es im Gesetz nur für MitarbeiterInnen in Gleitzeit", sagt die Arbeitnehmervertreterin. Der Anspruch sei aber technisch so unklar formuliert, dass völlig offenbleibe, ob nicht ein einziger Gleittag pro Jahr für die Erfüllung der gesetzlichen Anordnung ausreiche. "Damit würde sich eine 4-Tage-Woche pro Jahr ergeben, während in den übrigen Wochen die ArbeitnehmerInnen an 5 Tagen wöchentlich an die Einhaltung der Kernzeit gebunden wären - ein schwaches Gegengewicht für die durchgängige Anhebung der täglichen Gesamtarbeitszeit auf 12 Stunden und der wöchentlichen auf 60 Stunden."

"Nach wie vor sind die ArbeitnehmerInnen bei der 4-Tage-Woche vom "Goodwill" ihres Arbeitgebers abhängig", lautet Anderls Fazit. "Die Antwort darauf, warum die Arbeitgeber in Zukunft freundlichere Nasenlöcher gegenüber dem Wunsch nach 4-Tage-Wochen machen sollten, bleibt der Entwurf schuldig."

Aus Sicht der Arbeiterkammer findet die 4-Tage-Woche in der Praxis wenig Verbreitung, da sie zwischen den Betriebspartnern bzw. den Arbeitsvertragspartnern vereinbart werden muss und die Arbeitgeber zumeist Betriebszeiten von 5 oder mehr Tagen abdecken müssen. Daher gebe es auf Arbeitgeberseite meist wenig Bereitschaft, diesem "attraktiven Modell" zuzustimmen. "Diesbezüglich bietet der aktuelle Gesetzesentwurf keine wirksamen Ansätze, die den Zugang zur regelmäßigen 4-Tage-Woche erleichtern würden", so Anderl.

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KOMMENTARE (1)

Gerald Heerdegen

12/60 neue flexiblere Arbeitszeiten! Ein Wunsch an jene die dagegen sind: „Lasst uns die neue Regelung einmal in der Praxis umsetzen und reden wir dann über weitere Maßnahmen bevor jetzt alles einmal pauschal bekämpft und bestreikt wird!“ WARUM? … dazu meine Gedanken: Das Gesetzt ist jetzt durch und die Gewerkschaft und Opposition sind erzürnt. Zu Recht?? Ja und Nein! Die Regierung hat etwas entschieden, was seit Jahren auf dem Wunschzettel der Wirtschaft steht. Die Sozialpartnerschaft hat es leider in den letzten Jahren nicht geschafft hier eine Lösung zu finden. Irgendwann müssen ein notwendige Entscheidungen getroffen werden und die Regierung hat das jetzt gemacht. Endlich, sage ich aber Ja: Hier wurde etwas (über manche Köpfe hinweg) entschieden. (Ich bleibe hier auch bei meiner Meinung, dass es keine Lösung auf SP-Ebene gegeben hätte, sonst wäre sie schon längst gefunden worden. Wenn also jemand Schuldige sucht dann bei jenen die dafür bisher in der Verantwortung gestanden sind!!) Zur Erinnerung an all jene die jetzt laut schreien, dass dies ein Alleingang der Regierung war, dass es auf „Bestellung“ der Wirtschaft geschah und dass über die Köpfe der über Jahrzehnte zum Teil hervorragende Zusammenarbeit in der Sozialpartnerschaft hinweg entschieden wurde, sei gesagt, dass es erst im Herbst 2017 war, als die damalige Regierungspartei (die Opposition, die jetzt so zürnt) auf, ich sag mal, „Bestellung“ der Gewerkschaft in einem ähnlichen Initiativantrag die „Gleichstellung Arbeiter und Angestellte“ durchgeboxt hat, was damals sogar Einfluss auf die Kollektivverträge hatte. Da wurde die Sozialpartnerschaft ausgebremst. Also warum schreien sie jetzt so laut? „Wer im Glashaus sitzt soll nicht mit Steinen werfen!“ fällt mir dazu ein. Mir ist durchaus bewusst, dass es Firmen gibt (geben wird), die das jetzt ausnützen werden. LEIDER kann ich dazu nur sagen! Ich glaube aber, dass Firmen mit einer solchen Gesinnung die Rechnung ohnedies präsentiert bekommen. Ich will ich an dieser Stelle all jenen, die jetzt in den Chor der Worthülsen der Opposition und Gewerkschaft einstimmen einen Vorschlag machen. Dies ist einfach der Gedanke eines Firmeninhabers und Chefs von ca. 100 Mitarbeitern, der wohlgemerkt eine besondere Vision hat – nämlich die Menschlichkeit auf allen Ebenen zu leben. Ich bin auch ein Fan der regionalen Wertschöpfung! Lasst uns dieses neue Gesetz und die Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben einfach einmal in der Praxis umsetzen. Es wird sicher nicht so heiß gegessen wie es gekocht wird. Geht mit jenen „HART und FAIR“ ins Gericht, die sich nicht daran halten aber nur mit jenen!! Droht dort mit echten Konsequenzen, wo die Grundlagen dieses Gesetzes gebrochen werden. Ich bin überzeugt, dass es die Minderheit der österreichischen Arbeitgeber betrifft. Schüttet eure Kritik nicht mit der Gießkanne über alle Unternehmer aus und stempelt uns Arbeitgeber nicht schon im Vorhinein ab, dass wir ALLE so schlecht sind. Das geschieht leider jetzt auf massive Art durch die Spitzen in der SPÖ und der Gewerkschaft, die dadurch ideologisches Körberlgelb kassieren wollen. Lasst es uns einfach auf Betriebsebene entscheiden und leben. Zur Erinnerung: Wir arbeiten um Kunden zufrieden zu stellen. Die Kunden zahlen am Ende die Gehälter!! Ich bin der Meinung, dass jene Punkte des neuen Gesetzes, die ich bis jetzt kenne, viel Spielraum für beide Seiten ermöglichen. Heute mehr arbeiten dafür morgen mehr frei haben oder es sich „abgelten“ lassen. Es gibt ja auch viele Arbeitnehmer, die das gerne tun weil sie dann geblockt mehr Freizeit haben oder eben mehr Geld. Es geht nicht darum die Freizeit einzuengen. Es geht nicht darum Menschen etwas wegzunehmen. Es geht nicht darum ständig das Maximum zu verlangen. Bitte geht weg von dieser Pauschalverurteilung und den Verallgemeinerungen. Die Freiwilligkeit für Überstunden steht im Gesetz. Es geht darum für Spitzenzeiten einen Rahmen vorzufinden, der es ermöglicht Kundenwünsche zu befriedigen. Auch wenn jetzt der eine oder andere Ideologe sagt: Es geht der Wirtschaft nur um Gewinnmaximierung und das Ausnützen der Arbeitskräfte. Jene die dieser Meinung sind, kann ich hier wohl nicht vom Gegenteil überzeugen. Genau jenen sei aber gesagt, dass es Arbeitgeber braucht die für Arbeitnehmer Arbeit haben. In den Argumenten der Gewerkschaft und SPÖ gegenüber der Regierung kommt manchmal das Argument, dass hier Menschen etwas entscheiden, die noch nie in der Praxis gearbeitet haben. Das mag schon sein. Jenen sei einmal ein anderer Gedanke mitgegeben: „Habt ihr schon einmal in der Praxis gearbeitet oder immer nur im geschützten Bereich?? Was habt ihr denn mit der von euch so hoch gepriesenen „PRAXIS“ gemein? Was wisst ihr von der Praxis als Unternehmer für Mitarbeiter verantwortlich zu sein, ständig dem Druck ausgesetzt zu sein Aufträge an Land zu holen, die richtige Strategie für das eigene Unternehmen und seine Zukunft finden usw….“ . Und noch was: Arbeitgeber, die Ihre Mitarbeiter nur ausnützen werden diese Mitarbeiter nicht mehr lange haben. Entweder sie gehen oder sie werden krank. Die Wirtschaft in Österreich braucht diese Flexibilität um konkurrenzfähig zu bleiben und damit Arbeitsplätze zu sichern. In der Wirtschaft gibt es leider keinen „geschützten“ Bereich. Wir leben von Angebot und Nachfrage. Wir müssen unsere Kunden zufrieden stellen. Mehr noch, denn Zufriedenheit reicht manchmal schon nicht mehr aus. Wir müssen unsere Kunden heute begeistern. Kampf und Streik kosten nur Geld und bringen uns nicht weiter. Wenn ihr meint, dass ihr mit diesen Druckmitteln etwas erstreiten könnt, dann überlegt euch einmal wer es auszubaden hat. Ihr selbst und eure ArbeitnehmerkollegInnen! Was nützt ein bestreiken der Bundesbahn, so dass rechtschaffene Bürger nicht pünktlich in die Arbeit kommen oder ihre „wohl verdiente Freizeit mit Wartezeit vergeuden müssen“. Wenn es euch selbst betrifft würdet ihr „Zeter und Mordio“ schreien – oder nicht?? Die Kosten dafür zahlt ihr ja auch selbst über das Steuergeld mit dem die ÖBB und andere öffentliche Betriebe mit Milliarden subventioniert werden. Bestreikt ihr die Privatwirtschaft so riskiert ihr, dass diese Firmen Aufträge nicht liefern können und damit Kunden verlieren. Da sind dann eure eigenen Arbeitsplätze in Gefahr. Denkt mal drüber nach. Zu viel Schutz und Reglementierung führen am Ende zum Gegenteil. Siehe dazu nur das Behinderteneinstellungsgesetz und ähnliches!! Bestreikt von mir aus jene Firmen die arbeitnehmerfeindlich handeln oder klärt es da, wo es eben so ist und lasst jene „einfach arbeiten“ die ganz normal und menschlich damit umgehen. Das gilt im Übrigen auch der Regierung und den Sozialpartnern: Lasst uns endlich das tun, was wir in unseren Firmen für unsere Kunden zu tun haben, statt ständig Dinge zu tun die nur Zeit kosten ….. wie z.B. die DSGVO und ähnliche bürokratische Hürden ….das ist aber ein anderes Thema. Bestreikt Internetbestellplattformen, die nachweislich den regionalen Handel und damit Arbeitsplätze vernichten indem ihr dort nicht kauft! Bestreikt Firmen, die nicht in jenen Ländern Steuern zahlen wo sie ihre Umsätze machen. Bestreikt Firmen, die die Umwelt und das Ökologische Gleichgewicht zerstören weil sie z.B. Urwälder für Palmöl niederrohden oder Trinkwasser an Orten abfüllen, wo die dort lebenden Menschen keines oder zu wenig haben….. Das wäre einmal etwas mit wir alle zusammen etwas bewegen können. Doch das bleibt vermutlich auch nur ein Wunschtraum, denn: „Die Moral endet wie wir wissen oft an der Kassa!“ oder „ Das Hemd ist mir näher als der Rock!“ Schaut euch mal in den Spiegel und überlegt euch ob ihr das machen würdet auch wenn es mehr kostet. Auch hier gilt: „Qualität spart Geld!“ Mein Wunsch: „Lasst uns diese neuen Rahmenbedingungen einfach einmal umsetzen und reden wir dann und dort über das was es zu verbessern gilt oder es nicht eingehalten wird!“ und noch etwas: „Mehr auf die Eigenverantwortung von Menschen setzen und unter dieser Voraussetzung generell mehr Gestaltungsspielraum auf Betriebsebene ermöglichen. Das wäre ein Ansatz für Zusammenarbeit in der Zukunft!“
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