Ungeachtet des Schlagabtauschs zwischen Kogler und der Wirtschaftskammer wies das von der ÖVP geführte Finanzministerium am Dienstag auf 20 ausgeschriebene Stellen für das neue Amt für den nationalen Emissionszertifikatehandel hin. CO-Bepreisung und Klimabonus seien wichtige Bestandteile der - von ÖVP und Grünen beschlossenen - ökosozialen Steuerreform, hieß es in der Aussendung. Als Startdatum für den CO2-Preis wurde darin weiter der 1. Juli 2022 genannt. "Wir leisten hier einen wichtigen Beitrag für unsere Zukunft und die der nachfolgenden Generationen", ließ sich Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) zitieren.
Kogler hatte den Wünschen der Wirtschaftskammer bereits zuvor eine Absage erteilt. Es sollten sich die Regierungsmitglieder selbst eine Meinung bilden "und sich nicht von jenen aufscheuchen lassen, die uns genau in dieses Unglück mit hineingeführt haben", meinte der Vizekanzler. Die derzeitigen Preisverwerfungen aufgrund des Krieges mitten in Europa würden ein Vielfaches der CO2-Bepreisung ausmachen. Außerdem hänge an dem Vorhaben auch der Energiebonus, der ärmeren Einkommensschichten netto mehr bringen würde. "Das hilft jenen, die es am meisten brauchen", sagte der Vizekanzler im ORF.
Von dieser Milde war Kogler dann weit weg, als er zum Vorstoß von WKÖ-Präsident Harald Mahrer und Generalsekretär Karlheinz Kopf zur Verschiebung der CO2-Bepreisung gefragt wurde. Kogler im Originalton: "Ich bin ein bisschen vorsichtig geworden hier diese Debattenbeiträge wohlwollend aufzunehmen. Es waren ja die Herrschaften aus der Bundeswirtschaftskammer die uns genau immer wieder, und zwar aktiv, in diese Abhängigkeit mithineingeritten haben. Es ist schon seit 2009 klar, dass wir als Österreich viel stärker rausgehen sollen aus den Fossilen, aber jedenfalls diversifizieren müssen. Und genau das Gegenteil ist passiert. Die Vorgängerregierungen, und allen voran die Wirtschaftskammer, die Putin den roten Teppich ausgerollt haben, Standing Ovations, Roter Teppich mit Schleimspur, das geht sich nicht aus. Und jetzt kann es nicht so sein dass das völlig unberücksichtigt bleibt in der Bewertung."
Der Dachverband Erneuerbaren Energie Österreich (EEÖ) zeigte sich heute "äußerst irritiert von den Ideen der WKÖ und deren gewünschten energiepolitischen Maßnahmen". Eine komplette Abkehr von der "Teuer-Steuer" fordert hingegen die Freiheitliche Wirtschaft.
Und auch SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried plädierte am Dienstag vor Journalisten für ein "Zurück an den Start" bei der CO2-Bepreisung. Angesichts der derzeitigen Treibstoffpreise sollten "wir schauen, was jetzt in dieser Situation Sinn macht". Er wehre sich nicht gegen Lenkungsmaßnahmen, so Leichtfried. Vom Konzept der Massensteuern ohne Lenkungseffekt sei er aber ohnedies nur mäßig begeistert. Vielmehr brauche es Maßnahmen, die mittel- und langfristig Lenkungseffekte erzielten.
Der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund (ÖHGB) wiederum fordert "mehr Vernunft, weniger Ideologie". Der Fachverband Güterbeförderung in der Wirtschaftskammer will mit Verweis auf die hohen Dieselpreise ebenfalls eine Verschiebung der CO2-Bepreisung verlangt.
Von den UNOS in der WKÖ kam heute die Forderung nach einem Energiegipfel in der Wirtschaftskammer - und Kritik an den Kammerfunktionären der ÖVP. "Wer war es denn, der die Abhängigkeit der österreichischen Wirtschaft von russischem Gas einzementiert hat, wenn nicht die ÖVP-Vertreter in der Wirtschaftskammer? Sie haben vor Putin gebuckelt und damit die aktuelle prekäre Lage erst möglich gemacht", so UNOS-Bundessprecher Michael Bernhard.
Österreich hat sich bei der Höhe des CO2-Preises an Deutschland orientiert. In Deutschland gibt es die CO2-Bepreisung seit 2021. Mit Jahreswechsel stieg er von 25 auf 30 Euro pro Tonne Kohlendioxid und wird bis 2025 auf 55 Euro weiter steigen.