Die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat am Donnerstag ein Ermittlungsverfahren gegen Amazon eingeleitet. Geprüft wird der Verdacht von Verstößen gegen österreichisches und europäisches Kartellrecht. "Die digitale Welt ist kein rechtsfreier Raum. Auch global agierende Unternehmen müssen sich an die österreichischen Gesetze halten", kommentiert Theodor Thanner, Generaldirektor der Bundeswettbewerbsbehörde, den Schritt.
Die Wettbewerbshüter haben nach einer ersten Analyse des Sachverhaltes, Gesprächen mit der Europäischen Kommission und dem deutschen Bundeskartellamt - das ebenfalls bereits gegen Amazon ermittelt - nun das Verfahren eröffnet. Die BWB werde nun vertieft prüfen. Mögliche Auswirkungen könnten Änderungen der Vertragsklauseln, aber auch eine Geldbuße durch das Kartellgericht sein. "Zunächst müssen die Ergebnisse der Ermittlungen abgewartet werden", sagt Thanner.
Was wird geprüft?
Die Wettbewerbshüter prüften nun, ob das Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung gegenüber Händlern missbraucht, die auf dem Amazon-Marktplatz aktiv sind und auf diesen angewiesen sind. Es werden die Konditionen untersucht, zu denen das Unternehmen Amazon österreichischen Händlern Zutritt zu seinem Marktplatz gewährt. Unter anderem besteht der Verdacht, dass Amazon andere Händler auf seinem Marktplatz benachteiligt und dadurch versucht, seine eigenen Angebote zu bevorzugen.
Die Beschwerden betreffen nach derzeitigem Stand folgende Verhaltensweisen:
- Unbegründetes und plötzliches Sperren von Händlerkonten,
- Verpflichtung die Einkaufspreise offen zu legen,
- Hinzufügen von unrichtigen Lieferangaben durch Amazon bei den Händlern,
- Unbegründeter Verlust von Produktrankings der Händler,
- und Gerichtsstandklauseln, die eine Klage erschweren.
Warum sich der Handelsverband freut
Hinter dem Verfahren steht der österreichische Handelsverband. Er hat im vergangenen Dezember Beschwerde erhoben. Dabei geht es um die mutmaßlich unfairen Geschäftspraktiken und Verhaltensweisen des Online-Riesen gegenüber österreichischen Händlern, die dort ihre Waren anbieten. Amazon verkauft einerseits eigene Produkte direkt an seine Kunden. Andererseits betreibt er auch einen digitalen Marktplatz, über den andere Händler ihre Produkte verkaufen können.
"Heute ist ein guter Tag für den fairen Onlinehandel. Wir freuen uns außerordentlich darüber", kommentiert Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. "Jetzt werden die Geschäftsmodelle von Amazon, die wir als mutmaßlich wettbewerbswidrig erachten, breiter analysiert."
Der Handelsverband kritisiert seit Jahren die Geschäftspraktiken des Online-Riesen. Ende des Vorjahres wurde eine Meldestelle eingerichtet, bei der heimische Händler anonym Hinweise zu unfairen Amazon-Praktiken angeben konnten. Die einkommenden Hinweise wurden an die Wettbewerbsbehörde weitergeleitet. "Aus sehr vielen Meldungen hat sich eine höhere zweistellige Zahl mit konkreten Fällen herauskristallisiert", sagt Will. Diese Informationen seien ursächlich dafür, warum nun Ermittlungen aufgenommen und das Verfahren nicht eingestellt wurde.

Amazon-Packerl aus dem Weinviertel
Der Onlineriese Amazon hat erst am Dienstag sein Verteilzentrum im niederösterreichischen Großebersdorf offiziell eröffnet. Auf 9800 Quadratmetern sollen täglich 25.000 bis 30.000 Pakete von 150 Mitarbeitern abgefertigt und vor allem im Ballungsraum Wien verteilt werden. Die Pakete kommen von den großen europäischen Logistikzentren an, werden sortiert und dann von regionalen Lieferpartnern an die Kunden ausgeliefert. Weitere österreichische Zentren sind nach Unternehmensangaben vorerst nicht geplant.