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Zweite Phase beim Härtefallfonds startet - Finanzminister will EU-Beihilfenrecht temporär aussetzen

Die zweite Phase beim Härtefallfonds für Selbstständige startet. Finanzminister Gernot Blümel, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (beide ÖVP) und Andreas Treichl, Obmann der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Österreich, gaben dazu am Montag Auskunft.

Bisher gab es 144.000 Anträge
Bisher gab es 144.000 Anträge
Finanzminister Gernot Blümel (Mitte), flankiert von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Andreas Treichl (Obmann der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Österreich).
Finanzminister Gernot Blümel (Mitte), flankiert von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Andreas Treichl (Obmann der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Österreich).
Margarete Schramböck, Gernot Blümel, Andreas Treichl.
Margarete Schramböck, Gernot Blümel, Andreas Treichl.
Margarete Schramböck, Gernot Blümel.
Margarete Schramböck, Gernot Blümel.
Gernot Blümel, Andreas Treichl.
Gernot Blümel, Andreas Treichl.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) begann die Pressekonferenz mit den Worten: "Diese Krise trifft uns alle. Wir wollen Arbeitsplätze sichern, um dann wieder aus der Krise herauszukommen." Anders als in der ersten Phase würden jetzt Verdienstobergrenzen wegfallen, auch Nebeneinkünfte seien möglich. "Wir werden die Möglichkeit schaffen, bis zu 6000 Euro für Selbstständige zur Verfügung zu stellen." Auch werde die Haftung für Kredite zu 100 Prozent übernommen. Im vergangenen Monat wurden seinen Angaben nach bereits 5,7 Milliarden Euro für Corona-Maßnahmen in die Hand genommen, werde die Kurzarbeit einberechnet, seien in Summe zehn Milliarden geflossen. "Wir haben ein umfassendes Netz geschaffen, um alle Betroffenen der Krise zu unterstützen." Deswegen sei auch eine Hotline beim Finanzministerium geschaffen worden, um offene Fragen zu klären. Österreich habe sehr schnell reagiert, um rasch und unbürokratisch zu helfen. Aus diesem Grund fordert der Finanzminister auch, das EU-Beihilfenrecht (einmal sagte er zugespitzt auch "EU-Beihilfenregime") temporär auszusetzen, um sich lange Verhandlungen mit der Europäischen Kommission zu ersparen und die eigenen Unternehmen im Land solidarisch unterstützen zu können. Es geht im Kern um die Lockerung des Beihilfenrechts des Staates für die eigenen Betriebe. "In einer Krise mit solchen Ausmaßen würde das sehr helfen", betonte Blümel. Er mahnte diesbezüglich auch die Solidarität der EU mit Österreich ein.

Nach Informationen von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) übernimmt der Bund bei Krediten die "volle Ausfallsgarantie bis zu 100 Prozent". "Die Banken können so den Klein- und Mittelbetrieben ohne Bonitätsprüfung schnell helfen." Diese neue Regelung sei ein wichtiger Rettungsanker für die von der Coronakrise betroffenen Betriebe. "Wir müssen neue Wege gehen, um den Mittelstand zu unterstützen. In Österreich sind 99,6 Prozent Klein- und mittelständische Unternehmen." Nun seien die Banken gefragt, um Liquidität sofort bereitzustellen, ergänzte Schramböck. Die Zinsen sollten in den ersten beiden Jahren bei null Prozent liegen, dann bei 0,75 Prozent.

Andreas Treichl, der frühere Erste-Bank-Generaldirektor und nun Obmann der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Österreich, ergänzte, es sei bereits ein Kreditvolumen von 14 Milliarden gewährt und 113.000 Stundungen von Krediten vorgenommen worden. "Wir sind in der fünften Woche, alle wissen, dass es noch eine Weile dauern wird. Niemand weiß, wie lang es dauern wird." Seitens des Bankwesens könne die Krise aber noch eine Zeit ausgestanden werden, so versicherte der erfahrene frühere Bankmanager. "Niemand braucht sich Sorgen machen, dass dem Bankengeschäft die Luft ausgeht." Die Aufgabe der Banken sei es nun, sich um die finanzielle Gesundheit der Unternehmen im Land zu kümmern.

Wirtschaftsministerin Schramböck sprach auch die Situation der Lehrlinge an, deren Abschlussprüfung verschoben wurde. Der Bund übernimmt ihren Informationen nach die Differenz zwischen Lehrlings- und Facharbeiterlohn.

Einem Corona-Untersuchungsausschuss, wie von der Opposition gefordert, kann Finanzminister Blümel wenig abgewinnen - denn deswegen gebe es ja einen Expertenbeirat, der für Transparenz sorge, sagte er. "Über die Hilfen entscheiden Experten, nicht die Politik." Jeder Akt sei von ihnen einsehbar, aber immer unter Berücksichtigung der sensiblen Datenlage.

Die Gegenfinanzierung all der Hilfsmaßnahmen in der Coronakrise macht dem Finanzminister offenbar wenig Sorgen. Die "solide Haushaltspolitik" der vergangenen Jahre versetze Österreich in die Lage, nun umfangreich zu helfen. "Wir gelten derzeit vielen als Best-Practice-Beispiel und hoffen, dass der jetzige Instrumentenkoffer reicht", sagte Blümel. Falls nicht, werde Österreich die Wirtschaftsmaßnahmen ausweiten. Auch der Blick zurück zur Bankenkrise 2008 nähre seine Zuversicht, wie er sagte. "Damals ist das auch ohne Gegenfinanzierung gelungen." Der Forderung nach einer Vermögens- oder Erbschaftssteuer erteilt er eine Absage.

Zum Procedere beim Härtefallfonds

Das Geld kann am Montag (12.00 Uhr) auf der Wirtschaftskammer-Website beantragt werden. Zur Verfügung stehen bis zu 2.000 Euro drei Monate lang, also insgesamt bis zu 6.000 Euro. Betroffene bekommen, wenn sie eine "wirtschaftlich signifikante Bedrohung durch COVID-19" nachweisen, in der Regel 80 Prozent des Verdienstentgangs ersetzt.

Das Finanzministerium hatte in der vergangenen Woche die Richtlinien für die zweite Auszahlungsphase fertiggestellt. Insgesamt steht für betroffene Kleinunternehmer ein zwei Milliarden Euro schwerer Fördertopf zur Verfügung. In einer ersten Phase ist bereits eine Soforthilfe von meist 1.000 Euro ausbezahlt worden. Diese wird in der zweiten Phase abgezogen. Bisher gab es 144.000 Anträge, 121 Millionen Euro wurden ausgeschüttet.

Wie werden die Antrage geprüft? Die Prüfung der Anträge erfolge "über eine automatisierte Schnittstelle zum Steuerakt", so Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf am Montag im Ö1-Morgenjournal. "Da schaut kein Mitarbeiter physisch hinein." Hineinschauen sei, so Kopf, bei 144.000 Anträgen in der ersten Phase und vermutlich deutlich mehr Anträgen in der zweiten Phase auch kaum möglich. "Was soll daran schon besonders spannend sein?" Außerdem seien auch die Wirtschaftskammer-Mitarbeiter "zu strengster Verschwiegenheit verpflichtet, Datenschutz wird auch bei uns sehr hoch gehalten. Da braucht sich niemand Gedanken zu machen". Kritik an mangelnder Beratung und unterschiedlicher Behandlung von Antragstellern wies Kopf zurück. "Es wurden sicher keine Unterschiede gemacht zwischen Kammermitgliedern und Nichtmitgliedern". Auch Steuerberater hätten Auskunft erhalten. Darüber hinaus wunderten ihn Berichte über eine zu langsame Auszahlung der Mittel "sehr". In der Regel sei das Geld innerhalb von 24 Stunden beziehungsweise maximal 48 Stunden unterwegs.

Die ganze Pressekonferenz zum Nachschauen

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KOMMENTARE (1)

Christoph Oberleitner

die Betonung liegt auf BIS zu € 6.000,- in 3 Monaten der Staat sorgt durch knifflige Berechnungsmethoden schon dafür, dass die meisten viel weniger bekommen, als sie erwarten Viele bekommen gar nichts, viele so wenig, dass sie ihren Steuerberater für das Ausfüllen nicht zahlen können.
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