Das Risiko großer Rückrufaktionen sei durch marken- und modellübergreifende Plattformen und Gleichteile sowie globale Produktionsnetze erheblich gestiegen. "Dadurch kann ein spät entdeckter Fehler im einem Baukastenmodul zu millionenfachen Fahrzeugrückrufen führen", erklärte Bratzel gestern Abend.
Ursachen für wachsende Qualitätsprobleme seien auch die zunehmende technische Komplexität der Autos, kürzere Entwicklungszeiten wegen des scharfen Wettbewerbs und hohen Kostendrucks. "Insgesamt ist bereits abzusehen, dass Probleme rund um das Batteriesystem sowie Softwareprobleme erheblich zunehmen werden", warnte Bratzel.
Das Center of Automotive Management (CAM) analysiert seit 2005 jährlich die Rückrufe der großen Autokonzerne am Beispiel USA. Der US-Markt sei wegen seiner Größe, der scharfen Sicherheitsrichtlinien und des hohen Klagerisikos ein aussagekräftiger Indikator für die Produktqualität der Autokonzerne, so die Studie.
Im ersten Halbjahr 2021 seien General Motors, Ford und Daimler mit zusammen 9 Millionen Rückrufen besonders betroffen gewesen. Hauptgrund waren Airbag-Probleme. Ende August rief GM zudem alle Chevrolet-Bolt-Elektroautos wegen des Risikos von Batteriebränden zurück und bezifferte die Kosten mit einer Milliarde US-Dollar (862 Mio. Euro).
Im Langzeitvergleich seit 2011 schnitt laut CAM-Studie Honda mit einer Rückruf-Quote von 332 Prozent schlecht ab, gefolgt von Mitsubishi, Fiat-Chrysler und Mazda. BMW (219 Prozent) lag ebenfalls über dem Durchschnitt. GM, Daimler (201 Prozent), Toyota, Ford und VW (173 Prozent) landeten im Mittelfeld. Die niedrigsten sicherheitsbedingten Rückrufquoten hatten Tesla, Jaguar-Land Rover, Volvo und Nissan.
Sicherheitstechnische Rückrufe seien aber nur die Spitze des Eisbergs. Die Produktherstellung mancher Autobauer gleiche einer Banane: "Das Produkt reift erst beim Kunden", kritisierte Bratzel.