1993 kam Marjorie Albeza aus den Philippinen nach Österreich. Ihre Schwester war bereits hier als Buchhalterin tätig und mit einem Österreicher verheiratet. Sie selbst hatte auf den Philippinen ein Pflegediplom erworben. Es sei dort üblich, dass man nach einer Pflegeausbildung ins Ausland gehe. "Auf den Philippinen sind diese Ausbildungen privat organisiert. Wer sich so etwas finanziert, versucht dann oft, ins Ausland zu gehen, um für sich und seine Familie ein besseres Leben zu schaffen."
Ihre Familie hatte wenig Geld und ihre Eltern hatten hart gearbeitet, um ihr die Ausbildung zu ermöglichen. Auch Marjorie Albeza arbeitete hart, um in Österreich Fuß zu fassen. Ihr Gehalt schickte sie anfangs zu ihrer Familie, um ihren anderen Geschwistern ebenfalls eine Ausbildung zu ermöglichen. Die Sprache sei damals für sie nur eine der großen Schwierigkeiten gewesen, sagt sie. "Ich hatte hier gar keine Freunde und musste mir erst ein Netzwerk aufbauen."
Sie fing in einem Spital in Linz zu arbeiten an, mittlerweile ist sie als Anästhesiepflegerin in den Salzburger Landeskliniken tätig. In Linz wie in Salzburg hatte sie mit dem Dialekt zu kämpfen. "Ich habe die Patienten oft sehr schwer verstanden. Ich habe gesagt: Bitte sprechen Sie Deutsch mit mir. Da kam als Antwort: ‚I red e deitsch.'" Ein Kollege habe ihr dann ein Dialektbuch geschenkt. "Das hat mir sehr geholfen."
Philippinische Pflegekräfte meistern Herausforderungen
Fachlich habe sie nie Schwierigkeiten gehabt. Die Ausbildung auf den Philippinen sei sehr gut, sagt sie. "Bei uns wird nach US-amerikanischem Curriculum ausgebildet." Gewöhnungsbedürftig sei nur gewesen, dass die Unterschiede zwischen Ärzten und Pflegekräften in Österreich sehr groß waren. "Viele Tätigkeiten, die aufgrund unserer Ausbildung selbstverständlich gewesen wären, durften wir hier nicht machen." In diesem Bereich habe sich aber in den vergangenen Jahren in Österreich viel verändert.
Rund 30.000 Diplompflegekräfte würden auf den Philippinen jedes Jahr ausgebildet, sagt Marjorie Albeza. Viele gingen ins Ausland. Österreich sei nicht unbedingt die erste Destination. "Viele kennen Österreich nicht. Wenn ich erzähle, dass ich in Österreich arbeite, dann sage ich immer dazu: ‚Sound of Music'. Damit kann man auch auf den Philippinen etwas anfangen."
Die Zahl der philippinischen Pflegekräfte ist dennoch in Österreich verhältnismäßig hoch. Laut Gesundheitsberuferegister kommen zwei Prozent der ausländischen Pflegekräfte aus den Philippinen, genauso viele wie aus Indien. Aus keinem anderen außereuropäischen Staat kommen mehr Pflegefachkräfte.
Tradition der philippinischen Pflegerinnen geht bis in die 1970er-Jahre zurück
Die Tradition der philippinischen Pflegerinnen und Pfleger gehe bis in die 1970er-Jahre zurück, sagt Norbert Piberger, Pflegeexperte der Salzburger Arbeiterkammer. Mittlerweile seien viele auch schon in zweiter Generation hier. "Die Ausbildung dort ist sehr hochwertig, allerdings stark medizinorientiert. In vielen europäischen Staaten bedeutet Pflegearbeit auch die körperliche Pflege. Das übernehmen in Asien vor allem Angehörige. Diese pflegekulturellen Unterschiede müssen viele erst überwinden."
Von 2010 bis 2020 hat es in Salzburg rund 140 Verfahren zur Nostrifizierung von Pflegeausbildungen außerhalb der EU gegeben. "Der Großteil war aus europäischen Drittstaaten, allen voran Bosnien und Serbien." In den vergangenen Jahren habe es vermehrt Verfahren für Personen außerhalb Europas gegeben - auch durch die Tätigkeit mehrerer Agenturen zur Rekrutierung von Pflegekräften. Viele Verfahren beträfen Südamerikaner, es gebe aber zunehmend Bewerber aus Südostasien wie Indien und den Philippinen.
Marjorie Albeza ist mittlerweile beim Bund philippinischer Pflegekräfte in Österreich tätig. Am Samstag findet im Parkhotel Brunauer der zweite nationale Kongress der Vereinigung statt. Ziel der Organisation ist es, Pflegekräfte aus den Philippinen zu unterstützen. "Wir sehen uns als Lobby, wir möchten bei der Vernetzung helfen, die Leute unterstützen und zeigen, dass wir eine starke Gruppe sind."
Pflegekräfte kämpfen um Anerkennung
Es sei so schwierig, in Österreich Fuß zu fassen, sagt sie. So sei es nicht einfach für ihre Landsleute, in der Pflege auch Karriere zu machen. Viele würden auch wieder zurückgehen, weil sie hier nicht zurechtkämen. "Natürlich ist Rassismus und Mobbing ein Thema. Wir sagen in unseren Beratungen auch vielen Kolleginnen und Kollegen: ‚Die österreichische Sprache ist sehr hart. Nehmt euch nicht immer alles zu Herzen.'"
Eine Forderung ihres Bundes an die Politik ist auch die Anerkennung von Berufserfahrung. "Ich habe einige Jahre in Kanada gearbeitet. Dort wurde mir meine gesamte Berufserfahrung angerechnet und auch abgegolten. In Österreich ist das für ausländische Pflegekräfte nicht so."