Zum SN-Leserbrief von Fr. Göschl "Taliban-Ideologie ist hier falsch" vom 11. Oktober: Ich möchte Ahmad Mansours zynisch anmutende Bemerkungen über Menschen, die seiner Ansicht nach die "Taliban-Ideologie" in sich tragen und bei den Taliban "besser aufgehoben sind", und Ihre Behauptung, dass Flüchtende, die ihre Werte nicht an den Grenzen ablegen, unsere Demokratie mit dem sogenannten "politischen Islam" bedrohen, zurückweisen. Offenbar ist die Gruppe der Flüchtlinge aus Afghanistan gemeint, die vor der Diktatur und Ideologie des Taliban-Regimes fliehen.
Sollten wir denn glauben, diese Leute nehmen einen gefährlichen Fluchtweg, der sie fast alles kostet, auf sich, um in einer Welt anzulanden, die sie grundsätzlich verachten? Müssen wir uns wirklich pauschalierender und diffamierender Zuschreibungen und alarmierender Kampfbegriffe wie "Taliban-Ideologie" oder "politischer Islam" bedienen, um konkreten Herausforderungen wie z. B. den Online-Aktivitäten extremistischer Akteure aus der Islamisten-Szene mit Abwehr, Gegensteuerung und Prävention zu begegnen? Es gibt viele Anstrengungen und Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen, die dem Einfluss extremistischer Umtriebe entschieden entgegentreten. Allen voran hat die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich unlängst vor den Kampagnen islamistischer Influencer gewarnt, welche das "Kopftuchverbot" für ihre Agenda missbrauchen. Die IGGÖ setzt verstärkt auf Info-, Diskussions-, Bildungs- und Dialoginitiativen in Moscheegemeinden und Schulen.
Was Asylsuchende an unseren Grenzen ablegen wollen, sind die existenzielle Bedrohung und Verfolgung durch menschenverachtende Regime.
Was sie nicht ablegen wollen, sind ihre Persönlichkeit, ihre Religiosität, ihr Bezug zur Heimat, ihre familiären Verbindungen und die guten Erinnerungen, die sie haben.
Was viele mit der Zeit ablegen und bewältigen möchten, sind seelische Traumata und in der Folge Rückzugstendenzen, Misstrauen und soziale Ängste. Dazu brauchen sie unsere mitmenschliche und gegebenenfalls professionelle Hilfe sowie die Stütze unseres geschätzten, auf westlichen Werten basierenden Miteinanders.
