Alle aufgedeckten Vorwürfe gegen Hermann Gmeiner und die Institution der SOS-Kinderdörfer wiegen schwer. Doch immer im Nachhinein entsetzt besserwissend zu sein und vernichtende Urteile zu verteilen, macht nichts davon ungeschehen. Der Göttin sei Dank, dass wir heute in einer Zeit leben, in der öffentlich Worte wie Kindesmissbrauch oder sexuelle Gewalt ausgesprochen werden dürfen. In den Jahren des Hermann Gmeiner waren ein Ausspruch solcher Verdächtigungen und das Vermuten solchen Machtmissbrauchs nicht üblich. Die männliche Rolle als Vater und Herrscher über die Familie war einzementiert in Rechte, Tradition und Gesetze. Eine Tracht Prügel bei Ungehorsam oder Auflehnung wurde vielleicht hinter vorgehaltener Hand weitergesagt. Doch aufzustehen, etwas dagegen zu unternehmen, war im Unterschied zu heute nicht oder nur schwer möglich.
Die gute Nachricht trotz der Aufarbeitung dieser fürchterlichen Geschehnisse ist allemal, dass es diese Institution gibt. Vielen Kindern wurde damit eine Chance gegeben und oft auch eine Heimat. Vieles damit abgedeckt, was heute krampfhaft gesucht wird: Unterbringung für Kinder aus prekären und traumatisierenden Situationen. Die Mehrheit der Kinderdorfmütter erbrachte soziale Leistungen, wofür viele heutige Erwachsene lebenslang dankbar sind. Dass es durch menschliches Fehlverhalten zu Tragödien kommt, ist leider auch in gewachsenen Familien vorhanden. Und sexuellen Missbrauch gab es immer und leider auch heute noch. Darüber reden, Änderungen vornehmen. Doch nicht in Misskredit führen, wofür die Gesellschaft keine besseren Lösungen hat.
Ich glaube nach wie vor an diese Idee, Kindern ein Zuhause und Sicherheit zu geben.
Danke an alle, die hierzu aktiv, positiv und mit Menschlichkeit agieren. Und Schande über jene, die sich (auch heute noch) nehmen, was sie wollen. Ohne Rücksicht auf Verletzungen und ausschließlich zur Bedeckung persönlicher Befriedigung.
