Zum Leserbrief "Verletzung der Aufsichtspflicht" von Kurt Viertbauer (SN vom 2. Mai 2025): Kurt Viertbauer sieht in seinem Leserbrief außer Frage, dass Eltern strafrechtlich nicht für ihre Kinder haften, und auch eine zivilrechtliche Haftung hält er für unrealistisch. In beiden Punkten irrt er (Gott sei Dank). Tatsache ist, dass Eltern per Gesetz für ihre Kinder haften, wenn sie ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt haben. Aufsichtspflichtige Personen, was Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung zweifellos sind, haben dafür zu sorgen, dass die ihrer Aufsicht unterstehenden Kinder selbst nicht zu Schaden kommen und auch keinen anderen Personen Schaden zufügen. Unter Haftung versteht man das Einstehenmüssen. Dies heißt zunächst, dass bei gegebenen Voraussetzungen zivilrechtlich Schadenersatz geleistet werden muss. Andererseits kann durch die Verletzung der Aufsichtspflicht aber auch ein Tatbestand des Strafgesetzbuchs erfüllt sein, was dann auch noch eine gerichtliche Strafe nach sich ziehen kann. Typische Straftatbestände dafür sind im Strafgesetzbuch genannt. Die Aufsichtspflicht ist stark situationsabhängig und kann von Mal zu Mal verschieden sein. Laut dem Obersten Gerichtshof muss sie "lebensnah verstanden werden und darf nicht unrealistisch überspannt werden". Es ist also keineswegs so, dass die Eltern hier von vornherein aus dem Schneider wären und sich um die Umtriebe ihrer Sprösslinge nicht zu kümmern bräuchten. Die rasante Zunahme von jungen Straftätern im nicht straffähigen Alter ist wohl ein relativ junges Phänomen, weshalb sich die Judikatur möglicherweise darauf noch nicht ausreichend eingestellt hat. Es wird (auch) an ihr liegen, hier genauer hinzusehen. Jedenfalls sollte alles unternommen werden, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die derzeit vorhandene Lücke in der Strafverfolgung von teils auch brutalen, aber nicht strafmündigen Kriminellen zu schließen und so der Bevölkerung wieder etwas mehr Sicherheitsgefühl zu verschaffen. Es darf nicht sein, dass es in Österreich eine Personengruppe gibt, für deren Tun weder sie selbst noch irgendjemand anderer verantwortlich ist.