Zum Interview mit Erzbischof Franz Lackner in den SN:
Es ist sehr fraglich, ob die Vorschläge des Erzbischofs zur Belebung der Kirche wirklich beitragen können. Denn eines sollte unbestritten sein: Jeder Mensch wünscht sich ein erfülltes, glückliches Leben und versucht, ein solches zu finden. Glaubende wissen, dass dies zu erreichen ist, indem es gelingt, eine Beziehung zu dem allgegenwärtigen, aber unsichtbaren Gott, unserem Schöpfer, aufzubauen. Primäre Aufgabe der Kirche sollte es sein, den Menschen behilflich zu sein bei der Herstellung dieses Kontakts - wenn auch letztlich jeder selbst diese Verbindung finden muss. Man braucht dabei das Rad nicht neu erfinden - die Bibel beinhaltet in zeitloser Form Rat und Anleitung. Man muss sich nur der Mühe unterziehen, sie zu lesen, und versuchen, sie richtig zu verstehen.
Die Weitergabe dieses Glaubensguts sollte primär die Aufgabe der Kirche und deren Geistlicher sein. Dabei ist sicher das Geschlecht sekundär; wesentlich ist freilich die Fähigkeit, die Menschen dort abzuholen, wo sie stehen - an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Man muss ihre Sprache, ihren Kontext verstehen, um ihnen wirklich helfen zu können.
Und dort ist aus meiner Sicht eine große Schwachstelle. Denn etwas überspitzt formuliert rekrutieren sich Geistliche aus Altphilologen, denn profunde Kenntnisse in Latein, die später noch um Griechisch und vielfach um Hebräisch/Aramäisch ergänzt werden, sind Voraussetzung, aber auch Hemmschwelle für Menschen, die den Weg zum Glauben gefunden haben.
Auch Jesus suchte sich seine Anhängerschaft aus in einem profanen Beruf stehenden Personen aus - und nicht etwa aus der Priesterschaft, die es ja auch schon gab. Klares Ziel der Glaubensvermittlung sollte sein, den Menschen ein Leben aus dem Heiligen Geist zu ermöglichen. Jeder Mensch wird vom Heiligen Geist sicher durch die Wirrnisse des Lebens geführt - in allen Situationen. Man muss nur lernen, dessen Stimme zu vernehmen, und den Mut und die Kraft haben, diesem Rat Taten folgen zu lassen.
Damit kämen wir tatsächlich dem Paradies schon jetzt beträchtlich näher - das Himmelreich ist nahe und viel Leid bliebe den Menschen erspart, würde die Kirche wirklich erfolgreich sein in ihrer Vermittler-Rolle.