Zum Umgang mit den Vorwürfen gegenüber Herrn Markus Hinterhäuser möchte ich Folgendes anmerken:
Selbst wenn die Vorwürfe zutreffen sollten, halte ich das mediale Breittreten dieser Angelegenheit in dieser Weise für äußerst unangemessen. Eine Person, in dem Fall Herr Markus Hinterhäuser, wird so öffentlich bloßgestellt und entwürdigt - eine Vorgehensweise, die an den Pranger des Mittelalters erinnert.
Die entscheidende Frage bleibt: Rechtfertigt ein Fehlverhalten einen derartigen Umgang? Eine öffentliche Beschämung ist in ihrer Wirkung oft ebenso verletzend und menschenverachtend wie die ihr zugrunde liegende Tat - und institutionalisiert das Unrecht nur weiter. Sie ist Auswuchs einer Cancel Culture, die unseren Dialog vergiftet, indem sie komplexe zwischenmenschliche Konflikte auf einfache Schuldfragen reduziert und jede Möglichkeit des Verständnisses, der Reue und Wiedergutmachung im Vorhinein abschreibt.
Damit will ich weder die Herrn Hinterhäuser vorgeworfenen Taten gutheißen noch bestreiten oder gar verhindern, dass sich Betroffene wehren und eine Entschuldigung verdient haben.
Doch in welcher Form und in welchem Rahmen soll so eine Auseinandersetzung stattfinden? Die öffentliche Diffamierung bis ins Privateste für zulässig zu erklären und sich dabei auch noch moralisch überlegen zu fühlen, ist ein Zeichen einer zerrütteten Gesellschaft. Wir unterteilen hierbei normativ und moralisierend wieder in "gut" und "böse", "gesund" und "krank", als wären wir evolutionär keinen Schritt weitergekommen und müssten im Entweder-oder die Lösung suchen.
Oft wird in solchen Debatten der Vorwurf der "Täter-Opfer-Umkehr" laut. Doch meine Frage ist: Wird nicht das ursprüngliche Opfer selbst zum Täter, wenn es sich auf diese Weise "rächt"? Die Tendenz, erlittene Verletzungen zurückzugeben, ist menschlich, aber sollten wir sie gesellschaftlich mittragen oder gar unterstützen, weiter Aug um Aug, Zahn um Zahn?
Sollten wir nicht vielmehr versuchen, allen Beteiligten respektvoll zu begegnen und nach Verständnis sowie Wegen der Wiedergutmachung zu suchen, anstatt sie öffentlich zu ächten? Unser Umgang mit Fehlern und Konflikten ist letztlich ein Gradmesser für unsere eigene Menschlichkeit.