Die große Zahl an Leserbriefen zum Thema S-Link zeigt deutlich, wie sehr das die Bevölkerung beschäftigt und sie mitreden möchte. Was eigentlich nicht verwundert, denn Verbindungen zwischen Orten sind auch Verbindungen zwischen Menschen, Tätigkeiten, Identitäten, Bestimmungen, Zwängen, Zeiten usw. Also: gelebter Alltag.
Dass in einer Gemeinschaft, die langsam im Zuviel erstickt, so auch im Verkehr, Überlegungen angestellt werden, wie das Leben flüssiger, einfacher, vielleicht auch schneller gehen könnte, ist sehr lobenswert und viele ernsthafte Menschen sind ja offensichtlich an der Planerstellung des S-Link beteiligt.
Aber was ist mit der Umsetzung? Statt zu entscheiden, wurde bei der Pressekonferenz der Landesregierung der Fragetext für eine Volksbefragung vorgestellt. Die Formulierung lässt darauf schließen, dass es hier nicht so sehr um die Sache geht, sondern darum, als Politiker/-in nach der Volksbefragung auf alle Fälle auf der richtigen Seite zu stehen und möglichst ohne Gesichtsverlust daraus hervorzukommen. Bei einem Ja waren es die vorausschauenden Politiker/-innen, bei einem Nein wäre eben die Bevölkerung selber schuld! Aber die Delegation einer solchen komplexen Fragestellung an ein Publikum, das sich bei bestem Willen kein umfassendes Bild von den Folgen der Entscheidung machen kann, ist Taktik und nicht konstruktive Politik!
Diese Volksbefragungen und -abstimmungen sind vielleicht für kleine, lokale Projekte auf Dorf- oder Bezirksebene geeignet (etwa wann die Kirchenglocken läuten sollen, ob ein neuer Supermarkt oder eine Markthalle für regionale Produkte gebaut werden soll etc.), aber niemals für ein so komplexes, mehrere Regionen betreffendes und weit in die Zukunft reichendes Verkehrsprojekt! Auf keinen Fall sind sie aber das einzige Instrument einer sogenannten direkten Demokratie.
Ein wesentlich vernünftigeres Instrument wäre in diesem Fall ein Bürgerrat: Bürger, die aus der jeweiligen Region (Vorschlag im Falle des S-Link: Stadt Salzburg, Flachgau, Tennengau, betroffene Regionen in OÖ und Bayern) aus den Wählerverzeichnissen ausgelost werden, um einen Querschnitt der Bevölkerung zu ziehen, die dann in einer bestimmten Zeit unter Beihilfe aller zur Verfügung stehenden und von der Allgemeinheit bezahlten Experten/-innen die verschiedenen Möglichkeiten erarbeiten und die Ergebnisse dann den Politikern/-innen als Entscheidungshilfe präsentieren. Dann liegt es in deren Verantwortung, eine sachliche Entscheidung zu treffen. D. h., die Politik wird nicht entmachtet, die Bevölkerung hat in demokratischer Weise Anteil an der Entscheidung genommen. So könnte gelebte Demokratie ausschauen.
Noch wäre Zeit, die Volksbefragung abzusagen und einen Bürgerrat zu installieren. Es würde zwar das Projekt S-Link verzögern, da es sich aber um ein Zukunftsprojekt für die nächsten Jahrzehnte handelt, kommt es auf ein paar Monate auch nicht an. Außerdem könnte man gleich überlegen, was die Umsetzung des S-Link an der Oberfläche für Veränderungen bringen würde, damit auch das mitbedacht und kommuniziert werden kann (Verkehrsberuhigung, Grundkosten in den angebundenen Gemeinden etc). Auf keinen Fall soll aus dem S-Link ein nächster Missing Link werden, den unsere Nachkommen bedauern müssen, so wie wir immer noch bedauern, das Guggenheim-Museum nicht in Salzburg zu haben.