Jeder Erstsemestrige einer juristischen Fakultät würde die Postenschacheraffäre beim Finanzamt Braunau aufgrund des vorliegenden Sachverhalts (Schwere des Verbrechens, beteiligte Personen sind Politiker sowie hohe Gewerkschaftsfunktionäre/Personalvertreter, welche im Naheverhältnis zur ÖVP stehen) als nicht einer Diversion zugänglich einstufen. Auch die generalpräventive Wirkung aufgrund des Personenkreises ist nicht zu vernachlässigen. Der "gesamtstaatliche Schaden", welcher durch diese Fehlbesetzung eingetreten ist, ist letztendlich nicht abschätzbar und kann ins Unermessliche gehen. Man kann natürlich versuchen, alles schönzureden.
Die Entscheidung des Schöffengerichts ist letztendlich zu akzeptieren.
Die Vorsitzende Richterin hätte auch über die Köpfe der Schöffen hinweg bei der Urteilsabstimmung einen Freispruch bewirken können, was noch größeres Unverständnis in der Bevölkerung ausgelöst hätte.
Der plötzliche Umkehrschwung der Staatsanwaltschaft (nach jahrelangen Ermittlungen) ist nicht nachvollziehbar.
Man kann hoffen, dass das Justizministerium dem "Vorhaben Diversion" widerspricht.
Die vom Gericht verhängte Zahlung von jeweils 500 Euro an die Geschädigte Dr. Scharf stellt eine unnötige Provokation der Geschädigten dar.
Da die Beteiligten alle der ÖVP zuzurechnen sind, haben sie auch gegen den Wertekodex ihrer Gruppierung (Anstand, Ehrlichkeit usw.) eklatant verstoßen. Eine vom Gericht veranlasste verpflichtende Teilnahme der Beteiligten an einem Bußgottesdienst im Stephansdom in Wien wäre zweckmäßiger.
Da Qualifikationsunterschiede bei Postenbewerbungen, wie in der Diversionsbegründung erläutert, keine nennenswerte Rolle spielen, wäre es gerechter und objektiver, zukünftige Postenbesetzungen im öffentlichen Bereich einer Verlosung der Bewerber zuzuführen. Den Bestellungskommissionen traut ohnedies kaum ein öffentlicher Bediensteter, die ÖVP-nahen Gewerkschafter/Personalvertreter hängen ja doch alle am Gängelband der Politik.
Man kann nur hoffen, dass die Verfahrenskosten der Beschuldigten nicht aus der Gewerkschaftskasse beglichen werden.
Jedenfalls Hut ab vor Frau Dr. Christa Scharf, sie hat Rückgrat bewiesen und für den Rechtsstaat Großes geleistet.