Leserbrief

Kalte Progression - Für und Wider

Zu "Die kalte Progression - eine heiße Kartoffel" (SN v. 29. April):
In der Diskussion über die kalte Progression in den SN zwischen Franz Schellhorn und Christoph Badelt gebühren Schellhorn 100 Punkte. Die Überschrift seines Beitrags "Unehrlich und unverschämt" trifft ins Schwarze. Seine Argumentation, dass sich die Politik alle paar Jahre für vermeintliche Geschenke an die Steuerzahler bejubeln lässt, die sie mit den Steuerzahlern vorenthaltenem Geld finanziert, ist goldrichtig.
Badelts Argumentation hingegen, dass es besser ist, die über die kalte Progression erzielten Zusatzeinnahmen für soziale Umverteilung zu nutzen ist tatsächlich unverschämt, denn diese stammen de facto aus einer stillen Steuererhöhung ohne jeden demokratischen Beschluss. Seine Begründung, dass jede Steuerreform durch eine vorangehende Steuererhöhung finanziert werden muss, ist eines so hochkarätigen Volkswirtschaftsprofessors und Präsidenten des Fiskalrats in höchstem Maße unwürdig.
Steuerreformen mit fremdem Geld sind keine Kunst, sondern eine Unverfrorenheit. Insbesondere in einem Staat, der ohnehin europaweit eine der höchsten Steuerquoten hat. Der Gedanke, dass eine ehrliche Steuerreform über Effizienzsteigerungen und Einsparungen im Staatshaushalt zu finanzieren ist, wird hier offensichtlich nicht einmal erwogen. In der heutigen Situation, für welche die Politik in hohem Maße Mitverantwortung trägt, ist es dringender denn je, die kalte Progression endlich abzuschaffen, was viele andere Länder auch längst gemacht haben. Die Inflation nähert sich der zehnprozentigen-Marke bei einem gleichzeitigen Zinsniveau von annähernd Null. Jetzt für Einkommen, die ohnehin meist unter der Inflationsrate wachsen, auch noch mehr Steuern zu zahlen, weil die Wertgrenzen nicht angehoben werden, bedeutet, dass zum inflationsbedingten Vermögensverlust auch noch ein Netto-Einkommensverlust kommt. Das ist unzumutbar und endlich abzustellen.

Dr. Günther Pacher, 9800 Spittal

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