Selbst lauter Einser im Zeugnis der vierten Klasse Volksschule bieten den Eltern zu wenig Information über die Stärken ihres Kindes. Auch die Direktion eines Gymnasiums kann aus den Volksschulnoten allein nicht ablesen, ob sich die Schule für das Kind eignet. Die Lehrkräfte in der Volksschule stehen bei der Notengebung unter großem Druck der Eltern und geben diesem Druck nach, oft in dem irrigen Glauben, dem Kind würde sonst seine Karriere verpatzt. Dabei wird nicht bedacht, dass das Kind in der falschen Schule schnell überfordert sein kann, von Misserfolg zu Misserfolg taumelt, enttäuscht wird, an sich selbst zu zweifeln beginnt und sein positives Selbstwertgefühl verliert.
Der Landesschulrat hat in den Jahren 2016 bis 2018 in Kooperation mit der Landesregierung das Begabungszentrum (ÖZBF) beauftragt, mit den Schülern/-innen der vierten Klasse Volksschule eine freiwillige externe standardisierte Testung durchzuführen, um den Eltern einen Überblick über die Stärken und Interessen ihrer Kinder zu geben (Stärkenkompass). Die Eltern erfuhren, ob ihr Kind im sprachlichen, mathematischen, naturwissenschaftlichen, technischen, musischen und sportlichen Bereich über oder unter dem jeweiligen Jahrgangsdurchschnitt lag.
Das Angebot wurde von den Eltern mit großem Interesse angenommen und durchwegs sehr positiv bewertet. Sie konnten den Stärkenschwerpunkt ihrer Kinder erkennen und die passende Schule auswählen: Lag das Kind überwiegend über dem Durchschnitt, konnten sie ein Gymnasium anstreben, lag es überwiegend darunter, konnten sie entscheiden, eine Mittelschule zu wählen, um eine Überforderung zu vermeiden und das umfassendere Unterstützungsangebot zu nützen. Auch der passende Schwerpunkt der Schule konnte leichter gefunden werden.
Dadurch wurde auch der Druck auf die Volksschullehrer/-innen genommen. Viele Eltern informierten auch die Direktionen der aufnehmenden Schulen über das Ergebnis.
Dieser Stärkenkompass wurde ab 2019 von der Bildungsdirektion leider nicht mehr angeboten. Es wäre gut und wichtig für alle Beteiligten, ein derartiges Instrument wieder anzubieten, um die Potenziale des Kindes durch die Wahl der richtigen Schule fördern zu können.