Es ist recht einfach für die Nachgeborenen, über Menschen einer grauenhaften Zeit unserer Geschichte, wie es die NS-Zeit gewesen ist, zu urteilen. Locker gemeint, hätte ein "Herr Karajan ja das Land verlassen können, um wo anders Geld zu verdienen", so oder so ähnlich meint es sinngemäß der Sprecher des KZ-Vereines in den SN vom 6. 6. 2021. Wie hätten wir aber gehandelt? Hätten wir allenfalls im KZ zu landen riskiert, um zu widersprechen? Nur einige waren so tapfer, Respekt.
Die besagte Debatte, wonach ein neunköpfiger, wissenschaftlicher Fachbeirat
13 Straßennamen in Salzburg aufgrund "gravierender Naziverstrickungen" der Namensgeber zu ändern vorgeschlagen hat, generierte diverse Meinungen, wie z. B. ist es nicht doch eine Verleugnung unserer Geschichte?
Jeder normale Mensch wird die grauenhafte NS-Zeit bzw. deren Verbrecher, welche unendliches Leid, auch an nachfolgenden Generationen, verursachten, verabscheuen und verurteilen.
Es scheint aber doch etwas übertrieben zu sein, die bisherige mangelnde Vergangenheitsbewältigung nunmehr durch einen "Run", die sprichwörtliche Stecknadel im Heuhaufen zu suchen, wieder gutzumachen. Menschen, wie die inkriminierten Dichter, Musiker und Künstler dürften schlimmstenfalls systemrelevant gearbeitet haben, keiner derjenigen war an einem Verbrechen beteiligt, so las man es zumindest. Betreffs Herrn Landgrebe weiß ich selbst von Ehrungen desselben in den 70er Jahren. In meinem Kunstgeschichtsstudium in Wien (als Pensionistin) wurde Herr Hans Sedlmayr noch in etwa ab 2000 stets in der einschlägigen Literatur erwähnt. Nazi-Verstrickung zu wenig oder verschlafen?
Bei all der Verfolgung und Aufarbeitung von Naziverbrechen, die zu Recht erfolgen, sollte man doch die Kirche im Dorf lassen. Es gibt sicher auch für Historiker noch viel andere Aufarbeitungs-Gelegenheit. Vielleicht wäre es vernünftig, den immer wieder auftauchenden Vorschlag, entsprechende Tafeln anzubringen, aufzugreifen, um zu zeigen, dass es heute kein Pardon mehr für auch nur gedankliche NS-Affinität gibt!