Leserbrief

Nachträgliche Fürbitte zum Muttertag

Als getaufte Katholikin gehe ich hin und wieder in die Kirche. So auch am Muttertag. Als die Fürbitten zur Ehre von Müttern gesprochen wurden, horchte ich auf und fühlte mich in die Zeit vor den der Gesellschaft dienlichen Frauen-emanzipatorischen Entwicklungen versetzt. In einer der Fürbitten wurde (ermahnend?) für die Mütter gebetet, welche für ihre Kinder zuhause bleiben. Die Mehrzahl von uns Frauen erfüllen heute zuhause und beruflich (Stichwort: Doppelbelastung) außer Haus, immer noch mehrheitlich, soziale Aufgaben. Bei Zerbrechen von Beziehungen sorgen sie oft auch alleinverdienend so für das Überleben ihrer Kinder. Die Realität von uns Frauen wird im verkitschten Mutterbild der Kirche ausgeblendet. Die Wirklichkeit zeichnet folgendes Bild: Frauen, welche ein Leben lang "nur" Kinderaufzucht und Altenpflege übernommen haben, sind von Altersarmut bedroht. Das Frauenbild der Kirche und die Verklärung der Mutter Gottes verlangt eine religiöse Hingabe und reale Opferbereitschaft von und Frauen ohne jeden Lohn. Derzeit gibt es keinen Fluchtweg aus diesen kirchlichen verordneten Zuschreibungen, zumal auch diese wirtschaftliche Ausbeutung von der Politik gern übernommen wird. "Die Hand die, die Wiege bewegt, bewegt die Welt" (Gertrud von Le Fort). Vielleicht sollte man in diese Hände, mit ihrer erweiterten, mütterlichen Hingabebereitschaft endlich nicht nur Almosen legen.


Dr. Lisa Bock, Klinische Psychologin/Psychotherapeutin (analytische Psychologie), 5020 Salzburg

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