In den SN vom 29. August 2023 zeigt Alexander Purger eindrucksvoll, dass Neid erzeugen schon immer ein beliebtes Mittel der Politik war und heute noch ist. Dazu führt er den britischen Philosophen Bertram Russel an, der sogar meinte, dass sich Demokratie vornehmlich vom Neid nähre. Besonders in Wahlkampfzeiten wird dem Neid reichlich Nahrung geliefert und uns "armen Leuten" einzureden versucht, dass andere viel reicher sind, es ihnen viel besser geht usw. Und diese Botschaften bleibt nicht ohne Wirkung. Die Botschaft der Kritiker: Wählt uns, wir werden das ändern und zwar mit einfachen Maßnahmen, die freilich meist nur die halbe Wahrheit sind, da viele Maßnahme für ein Ziel positiv wirken, andere gewünschte Ziele aber negativ beeinflussen; aber das muss man ja nicht dazusagen; die einfache Antwort zieht.
Der Autor führt mit Cäsar und den Dogen von Venedig auch antike Vorbilder an, die sich dieses Mittels bedienten. Zum Wirkungsprinzip führt der Autor den griechischen Historiker Polybios an: "Man kann jede Bevölkerung über den sicheren Untergang verblenden, wenn man ihr Hoffnung auf Besserung ihrer Lage durch Beraubung ihrer Mitbürger macht."
Mit dem Neid wird natürlich auch die Unzufriedenheit geschürt und damit die Zufriedenheit zerstört. In unseren hoch entwickelten Demokratien wird auf hohem Niveau, oft auch grundlos gejammert. Was denken sich wirklich Notleidende (sie gibt es auch bei uns), wenn sie hören und lesen, dass sich die "Mittelschicht" im Urlaub und in der Freizeit nicht mehr alles leisten kann?
Den Neid schüren vorwiegend Parteien, die sich gerade in der Opposition befinden (gleich welcher Partei); aber auch Gruppen und Organisationen, die mit ihrer Aufgabe, die Interessen ihrer Mitglieder vertreten, schießen nicht ungern über gerechtfertigte Ziele hinausschießen und befeuern dadurch Unzufriedenheit. Manche Interessenvertretung zeigen auch keine Bedenken, nicht mehr gerechtfertigte Privilegien (zum Beispiel bei Pensionen, beim Pensionsantrittsalter u.a.m.) zu verteidigen und notwendige Reformen zu verhindern. Die Worte Zufriedenheit, Maßhalten Verzicht zum Wohle eines größeren Ganzen, sehen wohl viele - vor allem elitäre Kreise - als Hemmschuhe für das Wachstum (nach dem Prinzip: immer mehr und nie genug in allen Bereichen) und haben diese Worte so scheint es, aus ihrem Vokabular gestrichen. Unser Planet wird auf diesen Lebensstil mit großen unbewohnbaren Zonen reagieren, die dramatische Folgen (Völkerwanderungen) mit sich bringen.