Aus aktuellen Gründen soll man sich das Verhältnis von Religion und Politik einmal rückblickend ansehen. Im Prinzip der Säkularität drückt sich heute das Selbstverständnis der Beziehung von Religion und Staat aus. Dies zeigte sich mit der Aufklärung des 18. Jahrhunderts und der Abschaffung der Religion in der Französischen Revolution. Auch das Revolutionsjahr 1848 entwickelte die angestrebten Ziele. Bestimmend ist die Neutralität des Staates gegenüber der Religion, die Respektierung der inneren Autonomie der Religionsgemeinschaften. Ebenso schließt dies nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit einen Verzicht der religiösen Gruppierungen auf eine direkte politische Einflussnahme mit ein.
In Österreich erfolgte dies 1781 mit dem "Toleranzpatent" von Joseph II., mit dem den Protestanten und Griechisch-Orthodoxen die Religionsausübung im privaten Raum gestattet wurde. 1867 wurde im Staatsgrundgesetz, Artikel 14, dies verfassungsrechtlich kodifiziert. Aus historischen Gründen genießt das Christentum in Europa - in Österreich vor allem die römisch-katholische Kirche - eine privilegierte Stellung. Zu verweisen ist auch auf ein Staatskirchentum etwa in Großbritannien und Dänemark sowie eine Theokratie im islamischen Iran.
Neue interkulturelle Realitäten durch Migration und EU-Binnenwanderung stellen Grundsätze eines säkularen Staates infrage beziehungsweise werden missachtet. Es fragt sich, ob religiöse Identität und damit wesentliche Prinzipien einer Religion Angelegenheit des Staates und der Politik wären. Zu beachten ist politische Instrumentalisierung. Vorurteile werden geschürt, Fehlinformationen verbreitet. Vor allem schüren unsachliche Debatten Ängste.