Leserbrief

Stichhaltig?

Dass ein Erzbischof einen Leserbrief verfasst, ist etwas Besonderes. Hält sein Stich zugunsten der Jungfernweihe? Seine Argumentation ist ja nicht unbekannt. Ein anderer ehemaliger Mendikant, nunmehr ebenfalls Bischof, Kardinal Schönborn, hat sie bereits erhoben, weiß aber wohl, dass sie beide, der Franziskaner und der Dominikaner von einst, durch die Weihe ihrem Ordensstand längst enthoben sind. Die Weihe ist sakramental, eine Profess nie.

Es gibt freilich immer Privatversprechen, die segenswert sind. Öffentlich? Oder findet man heute noch etwa einen Witwenstand mit eigenen Professriten? Warum dann nicht einen Witwernstand usf.?

Die Kirche gründet auf der familiären Hausstruktur. Hier muss sich das Taufversprechen bewähren. Diesem sind alle Ordensdienste zugeteilt - Frauen wie Männer - unterschiedslos. Schon Paulus mahnt, dass Charismen ohne Gemeinderelevanz nutzlos, vielleicht sogar schädlich sind (1. Kor 12). Immer wieder werden die Christen um den Altar versammelt, damit sie ihr Taufversprechen erneuern - sonntäglich bei der Eucharistiefeier. Freilich, der Vorsitz am Tisch des Herrn gehörte dabei gründlich "entgendert" (J. Wohlmuth).

Das fällt einem so ein, wenn man hierzulande einige mehr oder weniger geschichtsträchtige Gebräuche der Westkirche anachronistisch wieder eingeführt beobachtet. Wenn Dr. Hedwig Kainberger betroffen darauf hinweist, dass wir seit dem Konzil Weltkirche geworden sind, so ist mit ihr zurecht zu fragen, was gegenwärtige - und künftige (!) - Diasporagemeinden in einer religionspluralen Gesellschaft schon durch ihr Dasein bewirken sollen. Oder will man den massenweisen Emigrationsprozess der Christen aus ihrem ehemaligen Abendland in ein religiöses Niemandsland von oben her noch fördern?

Petrus Bsteh, Forum für Weltreligionen, Wien

Aufgerufen am 18.10.2025 um 12:59 auf https://www.sn.at/leserforum/leserbrief/stichhaltig-126093196

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