Täglich treten wir, als an Krebs erkrankte Menschen, den Weg zur onkologischen Ambulanz des Landeskrankenhauses Salzburg an. Schon beim Betreten des Gebäudes bietet sich ein beklemmendes Bild: In den Gängen des Eingangsbereichs und den Wartezonen sitzen, liegen oder kauern Dutzende Patient/Innen - viele gezeichnet von der Krankheit - in angespanntem Warten auf ihre Therapie oder ein ärztliches Gespräch. Die Atmosphäre ist dicht, erschöpfend, fast menschenunwürdig. Der Eindruck drängt sich auf, als sei ganz Salzburg krebskrank.
Wartezeiten und Taktung: Therapie im Akkord
Die Wartezeiten betragen häufig drei bis fünf Stunden - eine physisch wie psychisch zermürbende Zeit für Menschen, die ohnehin schwer belastet sind. Die Abläufe erinnern an ein Fabriksystem: Die Therapien werden im Minutentakt durchgezogen, persönliche Gespräche und individuelle Betreuung geraten zur Ausnahme. Trotz dieser extremen Bedingungen ist es bemerkenswert, mit welchem Einsatz und welcher Disziplin Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte und medizinisches Personal täglich versuchen, diesem Andrang gerecht zu werden.
Doch spätestens am Nachmittag wird spürbar: Die Erschöpfung holt alle ein. Nicht nur die Patient/-Innen zeigen Anzeichen tiefer Müdigkeit und emotionaler Erschöpfung - auch das Personal wirkt ausgelaugt. Kaum jemand hat Gelegenheit für eine Pause, für ein kurzes Durchatmen. Die Folgen sind gravierend: Die Qualität der Betreuung leidet, die ohnehin fragile psychische Verfassung vieler Patientinnen und Patienten wird zusätzlich belastet.
Strahlentherapie: Besser strukturiert, aber gleicher Druck
In der Abteilung für Strahlentherapie ist die Lage etwas besser strukturiert. Hier herrscht mehr Taktung, ein klarer Ablauf, ein gewisser Rhythmus. Dennoch bleibt der Zeitdruck auch hier allgegenwärtig. Man sieht Ärztinnen und Ärzte und Pflegekräfte in hohem Tempo zwischen den Behandlungszimmern wechseln - immer im Eilmodus, selten mit Zeit für ein echtes Gespräch.
Ein Lichtblick: Menschlichkeit inmitten der Routine
In diesem Umfeld sticht eine Person besonders hervor: Frau OA Dr. Gerum. Mit einem beinahe poetischen Bild lässt sich ihr Auftreten beschreiben - mit wallendem Arztmantel bewegt sie sich von Patient:in zu Patient:in. Ihre Gespräche finden nicht nur in den vorgesehenen Räumen statt, sondern auch spontan auf dem Gang oder in Kabinen - immer mit Aufmerksamkeit und spürbarem Einfühlungsvermögen. Besonders hervorzuheben sind ihre ausführlichen Anfangs- und Abschlussgespräche. Sie schenkt den Menschen Zeit, Würde und Hoffnung - ein Lichtstrahl in einem sonst oft dunklen System.
Fazit: Ein überlastetes System am Limit
Was sich in diesen 30 Tagen deutlich zeigt: Das System ist massiv überlastet. Ärzt/-Innen und Pflegepersonal arbeiten am Rand ihrer Kräfte, das gesamte Behandlungskonzept ist auf Effizienz statt Menschlichkeit ausgerichtet. Die Krebspatient/-Innen - ohnehin psychisch und körperlich geschwächt - geraten in eine Umgebung, die sie zusätzlich fordert, statt sie zu stützen. Diese Situation ist langfristig nicht tragbar und verlangt dringend strukturelle, organisatorische und personelle Verbesserungen.
Nur durch tiefgreifende Reformen kann gewährleistet werden, dass medizinische Versorgung nicht zur Abfertigung wird - sondern das bleibt, was sie im Kern sein muss: menschlich, zugewandt und heilend.