Zum SN-Gastkommentar vom 25. 10., "Plädoyer für eine Willkommenskultur der Kinderrechte" von Frau Fellinger, würde ich mir wünschen, dass unsere derzeitige Bundesministerin für Familien und Integration, Frau Plakolm, sich diesen auch "zu Gemüte geführt" hat.
Es ist schwer nachzuvollziehen, wenn die ÖVP-Ministerin die Verteidigung des Kindeswohls sowie westlicher und christlicher Werte auf ihre Fahnen schreibt und mit einer umstrittenen Neuauflage und Erweiterung des gescheiterten Kopftuchverbots der Kurz/Strache-Regierung von 2019 erneut und heftiger am Kopftuch muslimischer Mädchen und am Recht der Eltern auf religiöse Erziehung und freie Religionsausübung zerrt, um in Wirklichkeit einem sogenannten politischen Islam den Kampf anzusagen.
Wenn dem so ist, Frau Plakolm, dann richten Sie sich doch in Zusammenarbeit mit der IGGÖ an konkrete Personen oder Bewegungen mit dieser als problematisch eingestuften politischen Akzentuierung und bemängeln Sie deren extremistisches Verhalten und jegliche Instrumentalisierung von Religion für politische Zwecke, aber lassen Sie den Frauen und Mädchen einer in Österreich seit hundert Jahren anerkannten Religionsgemeinschaft nach deren persönlichem, religiösem oder kulturellem Empfinden ihr Recht, ihre Freiheit und ihr Spiel, das, was auch immer in ihrem Sinn steht, auf dem Kopf zu tragen oder nicht zu tragen. Unter dem Vorwand der landesweiten Überforderung von Integrationskapazitäten oder eines großflächigen Missbrauches von Sozialleistungen wird mit der bundesweiten Aussetzung der Familienzusammenführung für Asylberechtigte und der im Bundesland Salzburg praktizierten Abschaffung von Sonderleistungen für geflüchtete Familien und Menschen in psychischen Notlagen einer ehrlichen Sorge um das Kindeswohl und um die Rehabilitation der durch Flucht zerrissenen Familien und deren Weg in die Integration und Beheimatung in unsere Gesellschaft keine ausreichende Beachtung mehr geschenkt. Im Unterton geht es diversen politischen Stimmungsmachern primär um die plumpe Einbremsung von Zuwanderung und die Begrenzung der Wahrnehmbarkeit islamischer Religionspraxis und Kulturzugehörigkeit im öffentlichen Raum. Vor dem Hintergrund politischer Halbwahrheiten, Nebelgranaten und praktizierter Widersprüchlichkeiten ist die von der niederösterreichischen Landeshauptfrau Mikl-Leitner per Dienstanweisung geforderte Beachtung und Herausstellung des christlichen Festkreises in Bildungseinrichtungen nahezu heuchlerisch. Wie und warum sollen den Kindern in multikonfessionellen Kindergärten und Schulen christlich-revolutionäre Vorbilder wie St. Martin und St. Nikolaus oder die allen Widrigkeiten standhaltende Heilige Familie vorgestellt werden, wenn soziales Tätigwerden in Form von Familienschutz, Minderheitenschutz, Solidarität, Zivilcourage, Armenfürsorge, Flüchtlingsschutz und so weiter sowie die Wertschätzung anderer Religionen und der aufrichtige interreligiöse und interkulturelle Dialog auf Augenhöhe in letzter Konsequenz lediglich zu den schön klingenden Tugenden und Weisheiten aus dem christlichen "Werteschatz" zählen, denen befohlen wird, rührselig und weltfremd zwischen heiligen Buchdeckeln und in vatikanischen Dokumenten "vor sich hin zu ruhen"?