Der Überfall auf die Ukraine ist ein paar Tage alt, schon fühlen sich unzählige Schlauberger auf den Plan gerufen:
"Raus aus Gas - verbrennen wir länger Kohle.
Raus aus dem Green Deal der EU - jetzt brauchen wir jeden Quadratmeter Boden zur Selbstversorgung Europas.
Gerade jetzt kann die Wirtschaft überhaupt keine zusätzliche Belastung brauchen - raus aus der CO2 Bepreisung".
Die Preise an den Tankstellen konnten gar nicht so schnell steigen, wie die Forderung nach "Entlastung der Bürger jetzt" in den Foren die Welle machte.
Glaubt wirklich jemand, dass die Erderwärmung kurz wartet, bis wir mit dem Schießen in die eine Richtung, dem Sanktionieren in die andere fertig sind?
Dass der Artenschwund kurz innehält, bis wir wieder in Ruhe unseren Geschäften nachgehen können?
Dass Lebensmittelproduktion in der Landwirtschaft künftig ohne funktionierende Ökosysteme möglich sein wird, wenn die lästigen Öko-Fuzzis nur endlich zum Schweigen gebracht werden?
Opportunismus ist der Feind jeglicher politischen Vernunft. Nicht Lobbies, sondern vernünftige Menschen müssen in Krisen den Überblick bewahren.
Es gab einen Politiker, der in solchen Situationen auf besondere Tugenden setzte: Helmut Schmidt. Er pflegte Gelassenheit und Besonnenheit an den Tag zu legen, wenn es wirklich brenzlig wurde. Und das führte ihn sehr erfolgreich durch seine Krisen.
Gelassenheit und Besonnenheit - trotz der Dramatik der Tage nicht aus der Hüfte schießen, sondern kurz innehalten und den Moment wirken lassen (und nachdenken statt posten). Ein gutes Vorbild, finde ich.