Nachdem ich am 20. 4. 2022 in Ihrer Zeitung lesen konnte (oder besser: musste), dass es für 2021 eine Nachmeldung von sage und schreibe 3412 Corona-Todesfällen gibt und die offizielle Zahl der seit Pandemiebeginn an oder mit Corona-Verstorbenen damit nicht etwas bei circa 16.000, sondern 19.353 beträgt (diese Zahl laut AGES lese ich heute am 21. 4. im ORF online), finde ich, dass diese Zahlen neben der Frage nach der Zuverlässigkeit der uns jeden Tag präsentierten, scheinbar unumstößlichen Zahlen, noch viel wichtigere Fragen, nämlich nach der Qualität des bisherigen Pandemiemanagements aufwerfen. Damit will ich keineswegs, wie vielleicht im ersten Reflex naheliegend, dafür plädieren, dass die Maßnahmen wieder strenger werden müssten. Das wäre ein Fehlschluss, noch dazu, wo es sich ja um die Daten von 2021 handelt und nicht um Daten zur aktuellen Situation.
Nein, ich denke man muss die Sache umgekehrt betrachten: Diese Zahlen müssen ernste Zweifel an der Sinnhaftigkeit unserer bisherigen, eher strengen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie wecken. Wir müssen jetzt schon noch einmal, auch wenn es vielleicht weh tut, zum "Gott sei bei uns" aller Maßnahmenbefürworter nach Norden schauen, in das zu Beginn der Pandemie so häufig für seinen "Sonderweg" gescholtene Schweden. Wie ist dort die Situation? Das angeblich so unverantwortliche Schweden hat bisher 18.605 an oder mit Corona-Verstorbene zu beklagen (und ich glaube nicht, dass in einem skandinavischen Land solche Nachmelde- und Datenbereinigungsprozesse passieren wie bei uns, die sind diesbezüglich in der Regel besser aufgestellt: Diese Daten werden sich meiner Einschätzung nach nicht mehr groß verändern). Das sind nun sogar in absoluten Zahlen weniger Tote, relativ zur Bevölkerung noch deutlicher, da Schweden etwas mehr Einwohner hat als Österreich. Und die meisten Toten waren in Schweden zu Beginn der Pandemie in Altersheimen zu beklagen, wir in Österreich haben jetzt zwei Jahre lang diesbezüglich "erfolgreich" aufgeholt - trotz Lockdowns etc., welche es bekanntlich in Schweden nie gegeben hat (genauso wenig wie im Übrigen eine Maskenpflicht). Es gab durchaus auch in Schweden Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung, aber eben keinen einzigen Lockdown. Mir scheint, man muss neu über Nutzen und Schaden der bisherigen Vorgangsweise in Österreich nachdenken - weiter so im kommenden Herbst (denn die Herbstwelle wird natürlich kommen, wie bei jedem anderen Atemwegsvirus auch) könnte mehr Schaden als Nutzen bedeuten, noch dazu, wo Schweden gar nicht das einzige Gegenbeispiel ist. Ein weiteres Land, dass mit bisher weichen Maßnahmen sogar hervorragend durch die Pandemie gekommen ist, ist z.B. Japan. Diese Länder sind seltene Ausnahmen, da es einen erstaunlichen weltweiten Gleichklang der Maßnahmen gegeben hat. Aber um eine wissenschaftliche Hypothese zu widerlegen, reicht nun einmal ein einziger Gegenbeweis.
So gesehen bin ich sehr gespannt auf den Plan unseres Gesundheitsministers für den Herbst, und ich hoffe sehr, dass auch er über den österreichischen Tellerrand hinausschaut (dann könnte er zum Beispiel auch bemerken, wie viele Länder rund um uns hier in Europa bereits alle Maßnahmen aufgehoben haben), um für uns alle gute Entscheidungen zu treffen. Wenn das nicht passiert - womit ich ehrlich gesagt rechne - ist mein persönliches Vertrauen in diese österreichische Politik und was diese Art der Pandemiebekämpfung endgültig am Tiefpunkt - und ich bin überzeugt, dass es nicht nur mir so geht!