Leserbrief

Kirche braucht neue Wertvorstellungen

Ostern, das bedeutendste Fest der Christenheit schafft auch der Katholischen Kirche viel mediale Aufmerksamkeit. Wie sich dabei die Kirche aber vielfach präsentiert, erscheint mir kontraproduktiv. Zwei Beispiele gefällig: Ein Foto geht um die Welt, wo Papst Franziskus jungen Häftlingen am Gründonnerstag in Gedenken an das letzte Abendmahl die Füße wäscht. Eine Geste, die den Blick auf die Ausgegrenzten lenken soll. Das ist richtig und gut. Aber dass die Zeremonie mit goldenem Teller und Krug, die sicherlich nicht im Besitz der Gefangenen sind, zelebriert wird, ergibt ein verheerendes Bild. Jesus verwendete dabei mit Sicherheit einfachste Hilfsmittel.
Ein zweites Beispiel: Ein Magazin bringt einen Bericht über Toni Faber, den Dompfarrer von St. Stephan in Wien. Abgesehen vom seichten Glaubensinhalt des wiedergegebenen Interviews vermitteln die Fotos nur ein Leben fast in Luxus des "geweihten Hirten". Eine Dienstwohnung mit Dachterrasse und Brunnen sicherlich in bester Lage direkt beim Arbeitsplatz, erlesene Stilmöbel im Büro, mit der High-Society am Opernball und so weiter.
Beide Beispiele erzeugen genau jenes Bild der Kirche, die sich mit den Wert-Vorstellungen besonders der Jugend schlagen. Diese Bilder verstärken das leider oft falsche Bild der reichen Kirche und vermitteln keine Kirche für die Benachteiligten, sozial Schwachen, Ausgegrenzten, ja nicht einmal mehr für vielen sogenannten hart arbeitenden "normalen" Menschen. Sie stellt die Kirche in das Eck der Privilegierten, die Fußwaschung mit Goldgeschirr wird zur inszenierten Show. In denselben Medien wird berichtet, dass die Volkshilfe Alarm schlägt, da in Österreich 368.000 Mädchen und Buben als armutsgefährdet gelten.
Diese fehlende Sensibilität geht auf Kosten der Glaub-Würdigkeit. Derartige Bilder gefallen vielleicht einigen wenigen, die aber ohnedies auf der Butterseite des Lebens sind. Bei der nächsten Vorschreibung des Kirchenbeitrages werden derartige Bilder und Berichte für den Schritt zum Austritt aus einer derart reich und privilegiert erscheinenden Glaubensgemeinschaft beziehungsweise deren Vertreter beitragen. Schade, denn Kirche und ihre Institutionen leisten in vielen Bereichen des täglichen Lebens Großartiges. Das wird aber durch derartige Bilder relativiert und konterkariert.


Josef Kröll, 5733 Bramberg

Aufgerufen am 18.09.2025 um 01:25 auf https://www.sn.at/leserforum/leserbrief/kirche-braucht-neue-wertvorstellungen-136968259

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