Ein paar Gedanken zum Interview mit Karoline Edtstadler ("Eines Rechtsstaates nicht würdig", SN, 2. 2. 2023):
Ich gebe ihr recht, dass Freigesprochene nicht auf hohen Anwaltskosten sitzen bleiben dürfen. Möglicherweise muss auch über das Zugriffsrecht auf Handys und anderes gesprochen werden. Ich bin kein Jurist.
1. Fehler in der Anklageschrift im Fall Chorherr: Das ist peinlich, aber menschlich und glücklicherweise ohne schlimme Folgen. Vergleichbares passiert in der Regierung auch. Edtstadler möge sich nur an den Finanzminister aus den Reihen der ÖVP erinnern, der ein paar Nullen im Budget vergessen und damit Milliarden verniedlicht hat.
2. Die WKStA beruft "immer": Natürlich beruft die WKStA, wenn ihr ein Urteilsspruch ungerechtfertigt vorkommt. Das ist sie der österreichischen Rechtsprechung schuldig. Sie hat viel Zeit und Energie in die Vorbereitung der Klage gesteckt und sich eine profunde juristische Meinung zum Fall gebildet. Wenn ein Richter auf Freispruch entscheidet, beruht das auf einer anderen Auslegung und Bewertung der Rechtslage. In der Berufung wird das geklärt.
3. Nach Aufhebung der erstinstanzlichen Verurteilung von Heinz-Christian Strache am Oberlandesgericht: Die WKStA berief. Aber nicht "wieder", wie im Interview steht, sondern zum ersten Mal. Die Berufung auf das Urteil vom Erstgericht reichte H.C. Strache ein.
4. Zum Bundesanwalt: Warum sollte die parlamentarische Kontrolle nur funktionieren, wenn nur eine Person und nicht ein Dreierrat verantwortlich ist? Ganz sicher ist eine Einzelperson leichter zu beeinflussen oder unter Druck zu setzen als ein Gremium (will Edtstadler das?), letzteres entscheidet aber wahrscheinlich objektiver als ein Einzelner (will Edtstadler das verhindern?).
5. Zum Wiedergewinnen des verlorenen Vertrauens: "Durch kontinuierliche und harte Arbeit". Welch wohltönende Schlagworte! Politiker beten sie vor und die Medien beten sie nach! Hat den niemand mehr genug Hausverstand für konkrete Aussagen? Z.B. die berechtigten Interessen derer ohne Lobby vertreten, die sozial Schwachen gegen Übervorteilung in der Arbeitswelt und im öffentlichen Leben schützen, nicht nur die eigene Klientel bedienen (obwohl die den nächsten Wahlkampf finanzieren soll, und das möglichst so, dass es in den exorbitanten Wahlkampfkosten nicht aufscheint). Aber vor allem, Klartext reden! Irrtümer und Fehler richtig stellen -- ohne Ausreden! Wir Bürger sind mehrheitlich in der Lage, klare, ehrliche Aussagen von Geschwafel zu unterscheiden.
Die Politiker mögen sich daran erinnern: Ihre Arbeit soll dem Volk gelten, nicht dem nächsten Wahlerfolg! Der dann eh ausbleibt, wie gerade in Niederösterreich.