Paul Grießmayr
Dr. med. Paul Grießmayr auch Griesmayr oder Grießmayer (* 20. Jänner 1788 in Tulfes in Tirol[1]; † 1850 Attnang) war Gemeindearzt bzw. Patrimoinalgerichtsarzt in Kitzbühel [2] und Bezirksarzt in Mittersill.
Schulzeit
Geboren am 20. Jänner 1788 in Tulfes in Tirol. Die Eltern sind der Zimmermann und Bauer Thomas Griesmayr und Maria Klingenschmidin.
Die "akademische Karriere" ist ihm nicht in die Wiege gelegt, dennoch 1810 schließt er das des Gymnasiums in Innsbruck ab und erreicht in der Ober-Gymnasial-Klasse 22jährig den 13. Platz.[3]
Sogar der Lehrstoff dieser Abschlussklasse ist überliefert. Wobei - wie im Podcast "Briefe an Behörden" zum Thema Gymnasium mit Claudia Niese angesprochen - alles von einem Lehrer unterrichtet wurde.
"In der Ober-Gymnasial-Classe lehrte in wöchentlichen 14 Stunden der F. Professor Caspar Unterkircher als Classen-Lehrer und zwar die Litteratur nach Eschenburgs Handbuche der Classiker, die Geschichte nach Remer von der Reformation bis beynahe auf unsere Zeiten; die Geographie naḥmentlich über Asien, Afrika, Amerika und Australien sich verbreitend nach Fabri. Zum Behufe der griechischen Literatur wurden erklärt Xenephons Denkwürdigkeiten des Sokrates mit Ausnahme minder bedeutender Stücke; die zweyte Rede des Demosthenes wider den König Philipp; eine Ode des Bindarus über den Sieg des Königs Hiero bestehend aus 188 Versen, und endlich Plutos des Aristophanes zur Hälfte. Zum Behufe der lateinischen Litteratur wurden durchgearbeitet das erste Buch des Cicero de Officiis, die Rede pro Milone, und aus Horaz mehrere Oden, Briefe, Satyren, und de arte poetica. Zum Behufe der deutschen Litteratur wurden gewählt der Tod Abels von Geßner nebst mehrern Ydillen, eine Rede vom Sonnenfels; einige Stücke der Messiade vom Klopstock, der Tod Adams und mehrere Oden desselben, Lichtwers Recht der Vernunft, die komischen Heldengedichte des Zacharias, und viele andere Stücke aus der Sammlung der deutschen Classiker von Denis. Der Fachlehrer Rainer wiederhohlte in wochentlich 3 Stunden zu erst aus der Algebra die 4 Rechnungsarten, die Gleichungen des ersten Grades und die Proportionen; trug dann die Lehre von den Würden, den Decimalen, und Seragesimalen, von den Logarithmen, von der Quadrat und Kubikwurzel, von den quadratischen und kubischen Gleichungen, von den Progressionen, Versetzungen und Verbindungen nach Prändl vor; davon ging er über zur Geometrie, wovon die Longimetrie, und der größere Theil der Planimetrie ebenfalls nach Prändels größerem Lehrbuche gelehrt wurde, und schloß endlich mit der Kosmographie nach Bode, Kries und Rambach. Wie in dieser Classe mit der Theorie sehr viele practische Aufgaben verbunden wurden, so geschah dieß auch in allen übrigen Classen." [4]
Grießmayrs Schulzeit war von Krieg und Aufstand geprägt, wie diese Anmerkung aus dem Verzeichnis verrät:
"Daß die Austritts Zeugnisse in Bezug auf, das I. 1808 der letzten Aller-Höchsten Vorschrift nicht ganz gemäß eingerichtet werden konnten, hat seinen Grund in dem Umstande, daß in jenem Jahre nach einer ganz andern unterm 5ten Februar 1808 Allerhöchsten Ortes zweckmäßig befundenen Methode verfahren wurde; daß dieß noch weniger geschehen in Bezug auf das Jahr 1809 rührt von dem durch Volksunruhen verursachten tumultuarischen Schluße des vorigen J. her, wo man sich bloß auf die Censur des Fortganges, und des sittlichen Betragens einschränken mußte. Daß Einer und der Anedere für die J. 1808 und 1809, oder wenigstens für eines derselben gar keine Censur erhielt, beruht auf dem Facto, daß er in einem der genannten, oder in beyden Jahrey an unserem Institute nicht studierte."
In Grießmayrs Abschlussjahr gab es auch (vermutlich erstmals) ein "Austritts- oder Jahreszeugniß", für das 12 Kreuzer bezahlt werden mussten. [5]
Studium
In dem Jahr als Grießmayr das Gymnasium abschließt erfolgt die Aufhebung der Universität - und damit auch der medizinischen Fakultät - durch die Bayern.[6] Am 10. November 1812 immatrikuliert er sich - wahrscheinlich nach dem zweijährigen philosophischen Grundstudium - für das Medizinstudium in Landshut in Bayern.
Als am 26. Juni 1814 Tirol wieder mit Österreich vereinigt wird,[7] ändert sich Grießmayrs Staatszugehörigkeit erneut und es ergibt sich für ihn die Notwendigkeit in Wien weiter zu studieren. "Paul Griesmayer (tw. Grießmayer) wurde 1816 in die Hauptmatrikel der Universität Wien eingetragen (M 11, p. 554), als Medizinstudent im 6. Jahr immatrikuliert. Parallel wurde er in die Matrikel der Medizinischen Fakultät eingetragen (MED 2.1, fol. 36r). Dort findet sich ergänzend, dass er als Armer (pauper) immatrikuliert wurde, d.h. mit deutlich reduzierter Taxzahlung. Möglicherweise hat er aber bereits vor 1816 in Wien studiert. Bei den Akten des Medizinischen Vizedirektorats findet sich ein Schreiben der Niederösterreichischen Regierung vom 16.10.1815, dass Grießmayer erst dann sein Stipendium der Stiftungsdistriktsadministration in Innsbruck erhält, wenn er den guten Studienerfolg in Wien nachweisen kann (Med. Vizedirektorat, Nr. 3 aus 1815). Auf jeden Fall hat er in Wien die Rigorosen abgelegt und wurde zum Dr. med. promoviert. Eintrag im Rigorosenprotokoll MED 11.1, p. 5: Hier wird er zwar als „Tyrolensis Tulfensis“ bezeichnet, aber mit dem Zusatz „natus zu Schwatz“! 1. Rigorosum am 28.4.1817, 2. Rigorosum am 12.8.1817, beide mit „sat bene“ beurteilt. Die Disputation fand am 28.8.1817 statt, Thema: De catameniorum excessu eiusque cura.(Vom Überschuss der Monatsblutung und dessen Kur) Promotion am 30.8.1817, Promotor [Georg] Prohaska."[8]
Kitzbühel
Unmittelbar auf die Anstellung erfolgt zumeist die Heirat. Im Oktober 1818 heiratet Grießmayr als „Medicina Doctor et Physicus“ Josepha Wörz, die eine eheliche Tochter des Bauern Joann Georg Wörz und der Maria Euphrosine Angerer war. Als Herkunftsort ist Biechenwang „Reutensis“ angegeben, was wie aus der Heiratseintragung des Bruders von Josepha hervorgeht ein Schreibfehler ist und Breitenwang bei bedeutet. Zeugen waren Anton Hensinger „Administrator hospitalis in Schwatz“ und der Bruder der Braut Georg Wörz, der zu dieser Zeit noch Candidat war. Vier Jahre später ist er bereits „der Rechte Doctor u. Gerichts Actuar beym Fürst von Lambergischen Landgerichte“.[9]
Im September 1819 wurden die Zwillinge Elisabeth Maria Josepha und Florian Paul Thomas geboren, 1821 eine früh verstorbene Tochter und 1823 der Sohn Paul.[10]
Der Sohn Paul besucht von 1835 bis 1840 das Gymnasium in Kremsmünster, studiert die Rechtswissenschaft, bekleidet Stellen an verschiedensten Orten und wird 1860 als k.k. Notar in Frankenmarkt ernannt, wo er am 29. Mai 1872 49-jährig an Tuberkulose stirbt.[11]
Mittersill
Beim Umzug von Kitzbühel nach Mittersill mit der gesamten Familie konnte Dr. Grießmayr auf keine finanzielle Unterstützung hoffen, da er zu den "Minderen, mit nicht mehr als jährlichen 800 fl. besoldeten Beamten", zählte. Bei "erprobter Mittellosigkeit und Verdienstlichkeit" hätte er bei der Länderstelle einen Gehaltsvorschuss im Umfang von ein bis drei Monatsgehältern beantragen können.[12] Weil das Paar am 25. Nov. 1829 in Mittersill noch die früh verstorbene Tochter Maria Josepha bekam,[13] ist die Adresse der Familie Grießmayr bekannt . Die Familie lebte am Marktplatz 30 im sogenannten „Hoferhaus“, das das große Handelshaus im Markt war und zu dieser Zeit dem Krämer und späteren Bürgermeister Chrisant Grießenauer (1791–1842) gehörte.[14]
Vöcklabruck
1833 wechselt Grießmayr nach Vöcklabruck als k.k. Bezirksarzt. Möglicherweise verließ er Mittersill um bessere Möglichkeiten für die Ausbildung seines Sohnes zu haben. 1848 - mit 60 - war er noch tätig.
1852 erlebt er in Geboltskirchen die Trauung seiner 32-jährigen Tochter Elisabeth mit Mathias Friedwagner. Elisabeth war Vorsteherin der Privatlehranstalt für Mädchen in Linz. Matthias wurde als lediger Sohn der der Maria Friedwagner (Bauernmagd zu Enzberg Nr 2 Pfarre Pattighofen im Innkreis) geboren. Bei seiner Heirat war er Bezirksgerichts-Adjunkt in Ottensheim.[15]
1865 ist Elisabeth bereits "Staatsanwaltsubstituten-Witwe" und wird in Vöcklabruck Patin ihres (eventuell Groß-)Neffen Paul Florian Joseph. Die Eltern des Kindes sind Peter Grießmayr (k.k. Adjunkt) und Katharina geb. Siekenroik (Tochter des Wundarztes).[16] Ebenso 1868 für den Sohn Paul.[17]
Schriften
1826 veröffentlicht er einen Artikel - eine Lobeshymne - in der Gartenzeitung mit dem Titel „Der Strangel-Kaffe kann nicht zu oft empfohlen werden“. „Möchte der Anbau dieser Frucht noch weit allgemeiner werden! Gesundheit und Börse würden dieses wohlthätigen Unternehmens süßen reichlich spenden. Aufblühen nach und nach würde dann wieder zum Theil unserer Ahnen nervigter Bau des Körpers, und verschwinden ein großes Heer von Krankheiten, die dem Mißbrauche des indischen Kaffees zugeschrieben werden müssen. Denn Gummi und Zukerstoff sind des Kaffee-Stragels wesentlichste Bestandtheile. Wie wohl mus also ein solches Getränk magern, zur Hektik und Ausszehrung aller Art geneigten Individuen bekommen! Nur bei bedeutend schwacher Verdauung, und nach reichlichen Mahlzeiten würde ich ihm den indischen Kaffee vorziehen. Paul Grießmayr, der Medizin Doktor, und Fürst von Lambergerischer Landgericht-Physikus allda.“[18]
Eine kleine Skizze von Mittersill (nicht erhalten)
Jahresbericht 1829 von Mittersill
Dr. Griessmayr schrieb über diese Quelle [Bad Schwarzenbach] eine kurze Abhandlung, welche im Badehause aufbewahrt wird. (nicht erhalten) [19]
Fußnoten
- ↑ MF 0645-08_Tulfes, Rinn - Taufbuch 2 + Index_1784-_1868_0005
- ↑ Schematismus der Provinz Tyrol und Vorarlberg, für das Jahr 1926, 327.
- ↑ Verzeichniß aller Studierenden; welche an der königl. Studienanstalt zu Innsbruck aus den Lehrgegenständen des vaterländischen Studienplanes was immer für einen Fortgang gemacht, oder öffentliche Preise erhalten haben, Nebst der Rechenschafts-Rede über diese Studienanstalt, 1810.
- ↑ Verzeichniß aller Studierenden; welche an der königl. Studienanstalt zu Innsbruck aus den Lehrgegenständen des vaterländischen Studienplanes was immer für einen Fortgang gemacht, oder öffentliche Preise erhalten haben, Nebst der Rechenschafts-Rede über diese Studienanstalt, 1810.
- ↑ Verzeichniß aller Studierenden; welche an der königl. Studienanstalt zu Innsbruck aus den Lehrgegenständen des vaterländischen Studienplanes was immer für einen Fortgang gemacht, oder öffentliche Preise erhalten haben, Nebst der Rechenschafts-Rede über diese Studienanstalt, 1810.
- ↑ https://www.uibk.ac.at/de/universitaet/profil/geschichte/zeittafeln/
- ↑ Allgemeiner Tiroler Anzeiger 26. Juni 1914, 1.
- ↑ Universitätsarchiv Wien, Auskunft durch Dr. Ulrike Denk MAS, Stellvertretende Leiterin Universitätsarchiv
- ↑ Kitzbühel Traubuch 1801–1835, 102.
- ↑ Kitzbühel Taufbuch 1808–1828.
- ↑ Frankenmarkt Sterbefälle-Duplikate 1872; 1872
- ↑ Joseph Müller, Systematische Darstellung des Medizinal-Wesens, Wien 1844, 41–48.
- ↑ Mittersill, 1816–1833 Taufen, 145; Mittersill Sterbebuch | STBIII, 166.
- ↑ Auskunft von Hannes Wartbichler Stadtarchivar und Initiator des Projekts: Alte Mittersiller Markthäuser im Fokus: „Schüler erforschen Geschichte” online in: https://www.osttirol-heute.at/menschen/alte-mittersiller-markthaeuser-im-fokus-schueler (27.1.2024); Mittersill, 1794–1846 Sterben, 272.
- ↑ Geboltskirchen Trauungen-Duplikate 1852;
- ↑ Voecklabruck Taufen-Duplikate 1865; 1865
- ↑ Voecklabruck Taufen-Duplikate 1868; 1868
- ↑ Allgemeine deutsche Garten-Zeitung, Band 4, 1826, 183.
- ↑ Heinrich Wallmann, Die Heilquellen und Torfbäder des Herzogthumes Salzburg, Wien 1862, 199.