Die Berge meines Lebens

Begriffsklärung
Dieser Artikel informiert über das Buch "Die Berge meines Lebens" von Sepp Forcher.
Einen Artikel über Buchpräsentation auf der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe findest du unter Die Berge meines Lebens. Biografische Notizen (Buchpräsentation).
Titelbild Buch "Die Berge meines Lebens"

Buchtipp Die Berge meines Lebens Biografische Notizen

Autor: Sepp Forcher
Verlag: Brandstätter Verlag Wien
Erscheinungsjahr: 2021
ISBN 978-3-7106-0551-2

Verlagsinformation

Sepp Forcher versteht die Berge. Jeder Berg, so sagt er, erzählt ihm etwas anderes. Man muss ihnen nur zuhören und ihre Sprache verstehen. Nun hat Forcher die Geschichten seiner alpinen Lebensbegleiter aufgeschrieben, denn von ihnen zu lernen ist eine Bereicherung.

Das Leben des 90-jährigen Sepp Forcher war ein einziges Gipfelerlebnis, allerdings oftmals mit einem mühsamen Aufstieg verbunden. Sein erstes Geld verdiente er als Lastenträger am Großglockner, wo er seine Frau Helli kennenlernte. Den höchsten Berg Österreichs nennt Forcher folgerichtig seinen Lebensberg. Doch die Zahl der Gipfel, die er in seinem Leben bestiegen hat, geht in die Hunderte. Jeder Berg, jeder Schritt in Höhen und Tiefen hat die Persönlichkeit des Autors geformt, geprägt, geschliffen.

Forcher, der wichtigste Repräsentant kitsch- und klischeefreier Volkskultur, legt mit seinem neuesten Buch eine philosophische Wegbeschreibung durch die West- und Ostalpen vor. Ihm auf diesem Weg zu folgen bereichert und beglückt.

Über die Buch

siehe auch Die Berge meines Lebens. Biografische Notizen (Buchpräsentation)

Peter Gnaiger in den "Salzburger Nachrichten" im August 2021:

Sepp Forcher - weise Worte von fast ganz oben

Wie man Steine in Quellen verwandelt. Sepp Forcher hat wieder ein Buch geschrieben. Der 90-Jährige erzählt über sein Verhältnis zu den Bergen - und wie diese die Menschen formen können.

Die Augen von Sepp Forcher strahlen. Auch seine Frau Helli scheint guter Dinge zu sein. Sie hat jetzt nach ihrem Schlaganfall ein Krankenbett in der Wohnstube. "Wir verbringen jede Sekunde miteinander", sagt Sepp. Deshalb gehe er auch nicht mehr aus. "Das fände ich der Helli gegenüber nicht korrekt, wenn ich sie allein lassen würde." Die Pflegerin bringt einen Teller mit Wurst, Käse und Oliven. "Wurst und Käse hat mir der Mario aus Italien gebracht, die Oliven der Hans aus Korfu." Dann kommt eine Flasche Weißwein. Wer Sepp kennt, der weiß, dass er vor elf Uhr nur ungern Besuch empfängt. "Weil ab elf Uhr kann man schon einen Weißen aufmachen", lautet seine Devise.

Jetzt ist er 90 Jahre alt und hat schon wieder ein Buch geschrieben. Mit wunderbaren Sprachbildern, die nur diesem genauen Beobachter einfallen können. Wenn er etwa über Höhlen schreibt, dann nennt er diese "lichtlose Welten". Der Titel "Die Berge meines Lebens" (Brandstätter) ist ein wenig irreführend. Nach der Lektüre meint man: Es sind vielleicht eher die Steine, die seinen Weg geebnet haben. "Das Bergsteigen war für mich zu Beginn eine anstrengende Sache", erzählt er. "Es ist ja nicht lustig, wenn man so eine Moräne entlangwandert. Aber dann sah ich auf einmal einen interessanten Stein und blieb stehen. Den nahm ich mit - und mir fielen immer wieder noch interessantere Steine auf. Und dann beginnt man sich für diese Steine zu interessieren. Man erfährt, dass die Alpen mit einem Alter von 70 Millionen Jahren zu den Babys der Erde zählen. Und dann lernt man plötzlich in den Steinen zu lesen. Jeder Stein erzählt dir eine Geschichte", sagt er. Weshalb es schon vorgekommen sei, dass er einen 20 Meter entfernten Gipfel nicht erklommen hat, nur weil er zehn Meter weiter unten eine vielversprechende Kluft entdeckte.

Im Kapitel 'Mons Claudianus' beschreibt er den unschätzbaren Wert, den Steine für ihn haben, mit diesen schönen Worten: "Die Ursprünge der steinernen Zeugen unserer Kultur zu suchen - den STEIN - ähnelt dem Entdecken einer Quelle in einem dürren Umland."

Der 'Mons Claudianus' ist ein Steinbruch in der arabischen Wüste Ägyptens. Von hier stammt der Granit der acht Säulen des römischen Pantheons. "In dem Steinbruch arbeiteten keine Sklaven, sondern Hunderte kundige Steinmetze", erzählt er begeistert. "Fünf Tage dauerte es, bis man den Nil erreichte und damit den Wasserweg nach Rom." Auch nach Sizilien reiste er. Da hat es ihm das Gelände 'Cave di Cusa' angetan. In diesem Steinbruch haben die Griechen vor 2 700 Jahren Steine für die Tempel von Selinunt abgebaut. Jetzt wird er nachdenklich: "Wenn man weiß, wie alt unsere Erde ist, dann sieht man den Klimawandel wieder mit mehr Gelassenheit. Denn die Erde wird es immer geben. Aber das größte Ungeziefer auf der Welt vielleicht bald nicht mehr. Und das ist nun einmal der Mensch."

Dass es ihn als Sohn eines Bergführers auf die Berge ziehen musste, sei völlig klar gewesen. Sein Vater habe ihm aber weder das Klettern noch das Skifahren beigebracht. Er näherte sich den Bergen über die Blumen an. Forcher sagt, es sei für ihn eine schlichte Notwendigkeit gewesen, sich hinzuknien, wenn er im Frühling die ersten Schneerosen und Soldanellen sah. Er schwärmt vom unvergleichen Blau der Enzianblüten, vom Seidelbast und vom herben Duft der Alpenrosen. "Es ist zum Niederknien - dieser Sager wird heute fast nur noch sinnentleert gebraucht", sagt er.

Das Bergsteigen wurde für ihn zur Metapher seines Lebens. "Dir wird bewusst, dass du auf dem Berg nur eine Laus bist." Die Ausrüstung, die ihm in den 1950er- und 1960er-Jahren zur Verfügung stand, war natürlich lächerlich. Helme hatten sie keine. Stattdessen haben sie dicke Wandersocken in einen Filzhut gesteckt, die vor Steinschlag schützen sollten. "Heute ist das Klettern industrialisiert. Die Ausrüstung ist hochmodern und die Kletterhallen sind überfüllt. Da wurde das Klettern zum Sport."

Helli verlangt jetzt nach einem zweiten Glas Wein. Gami, die rumänische Pflegerin, schenkt ihr mit einem Lächeln ein.

Forcher erzählt im Buch viele anrührende Geschichten. Jene von Otto etwa, einem Studenten aus Wien. "Er arbeitete mit mir in Kaprun als Träger", erinnert er sich. Sie hätten sich einen freien Tag herausgeschunden, nur um ohne Gepäck den Großglockner zu besteigen. Dabei verletzte sich Otto schwer und blieb bewusstlos am Seil hängen. Er brachte ihn ins Tal, wo Otto einige Finger amputiert werden mussten. Ein anderes Mal freundete sich Forcher mit einem Schustergesellen an. "Er stürzte beim Abstieg 40 Meter in den Tod. Ich fand ihn. Sein Vater schenkte mir dann die Schuhe meines Freundes. Ich muss heute noch weinen, wenn ich daran denke."

Wenn er eine Quintessenz seines Buches nennen solle, dann würde er sagen: "Die Berge werfen dich auf dich selbst zurück." So wie bei der wohl schönsten Geschichte dieses Buchs. Das ist die Beschreibung einer Tour in den Dolomiten. Er ging an der Oberkante des Gletschers Tucket entlang. Der wurde nach einem britischen Alpinisten benannt. "Es war mittelschweres Gelände", erinnert er sich. Und er tat, was er immer tat, wenn es ihm zu eintönig wird. Er blickte zu Boden - ob da nicht irgendetwas zu lesen ist. Und siehe da: Ein goldener Ring schimmerte im ewigen Eis. Keine Gravur, kein Datum, keine Initialen. Er stammte aus dem 19. Jahrhundert. Forcher schenkte diesen Ring einem befreundeten Ehepaar - und diese ließen zwei goldene Ringe daraus fertigen. Für Helli und ihn. Die beiden tragen sie noch heute: Als ihre Eheringe.

Es ist - bitte erlauben Sie das Pathos - ein magischer Moment, als er jetzt seinen Ehering abnimmt. Diesen anonymen Gruß aus dem 19. Jahrhundert, der Helli und Sepp Forcher ein Leben lang begleitet. Jetzt hat Sepp nur noch einen Wunsch: "Dass wir die Helli so weit fit kriegen, dass sie bei der Buchpräsentation am Großglockner dabei sein kann." Die beiden flachsen viel über den Tod. Er scheint ihnen egal zu sein. Wenn er von ihm spricht, dann sagt er nur: "Der Trottel." Am liebsten, so sagen beide, würden sie ihre Lebenswanderung gemeinsam beenden. "Gell, Helli?", sagt Sepp. "Einmal noch den Glockner sehen und sterben."

Und Helli antwortet: "Du alter Depp!"

Rezension 1

Quellen