Gendergerechte Sprache - der Glottisschlag
Bei der Verwendung "gendergerechter Sprache" sorgt der Glottisschlag für große Aufregung in Salzburg.
Was ist ein Glottisschlag?
Der Glottisschlag, auch "Glottisschluss" genannt, bezeichnete ursprünglich beim "Gesang die Art des Ansatzes, die den Ton ohne vorausgehenden Hauch (spiritus lenis) bringt, so dass der einem leichten Knacken ähnliche Gutturallaut hörbar wird, den die Hebräer mit א (Aleph) bezeichneten." So steht es im Meyers Konversationslexikon von 1907.
In der deutschen Wikipedia kann man nachlesen: Als Glottal wird in der Phonetik eine Lautbildung bezeichnet, bei der die Stimmritze, auch Glottis genannt, als Artikulationsorgan dient.
In der Praxis handelt es sich um kaum merkbare Unterbrechung in der Aussprache von beispielsweise "Künstler*Innen", also das Sternchen wird "als Pause gesagt". Mithilfe einer Sprechpause wird nun immer öfter gegendert. Das wiederum finden manche unerhört.
Seit dem Frühjahr 2021 verwenden Moderatoren (das SALZBURGWIKI gendert nicht) im ORF und im deutschen Fernsehen zunehmend diese Sprechpause, um anschließend auch die weibliche Form zum Ausdruck zu bringen. Für Kritiker ist dieser sogenannte Glottisschlag ein Schlag in die Magengrube. "ZiB2"-Moderator Armin Wolf und sein Kollege Tarek Leitner aus der "ZiB1"-Redaktion, die in ihren Sendungen häufig gendern, müssen sich dafür immer wieder ätzende Kritik und mitunter auch aggressive Anfeindungen gefallen lassen. Dabei ist der Glottisschlag Teil der deutschen Sprache. Automatisch legen wir diese Pause zum Beispiel beim Aussprechen von "Spiegelei" oder "beinhalten" ein. Ohne das kurze Absetzen wäre die Bedeutung eine völlig andere.
Pro-Glottisschlag in Salzburg
Landestheater
"Wir haben vor zwei Jahren entschieden, dass wir auf unserer Homepage und im schriftlichen Kontakt mit dem Publikum das Gendersternchen verwenden. Auch im Sprachgebrauch wollen wir die weibliche Form eingeführt haben", sagt Intendant des Salzburger Landestheaters Carl Philip von Maldeghem und fügt an: "Sprache schafft Realität." Im Theaterbetrieb sowie in den Schauspiel-, Opern- und Tanzensembles sei die Verwendung der weiblichen und der männlichen Form oder des Glottisschlags gang und gäbe. "Mittlerweile ist das im Haus stark verankert." Ihm falle auf, dass das Gendern in Wort und Schrift seit einigen Monaten in verschiedenen Bereichen und Institutionen stark zunehme, sagt von Maldeghem. Er sehe es als Aufgabe des Landestheaters, ein Bewusstsein dafür zu schaffen. Das Sternchen habe im Gegensatz zum Binnen-I den Vorteil, dass damit nicht nur die weibliche und die männliche Form abgedeckt sei, sondern auch Formen jenseits der Zweigeschlechtlichkeit.
Stadträtin Martina Berthold
Schon seit vielen Jahren verwendet die Salzburger Stadträtin Martina Berthold (Bürgerliste) eine gendergerechte Sprache. "In der direkten Anrede sage ich die weibliche und die männliche Form, in einer Rede verwende ich mitunter nur die weibliche Form oder den Glottisschlag." Das Einlegen der kurzen Sprechpause erfordere Konzentration. "Die Pause darf nicht zu kurz, aber auch nicht zu lang sein." Die rein männliche Form kommt Berthold nie über die Lippen. "Dagegen sperrt sich mein Unterbewusstsein, ich habe eine gendergerechte Sprache verinnerlicht." Die Diskussion darüber werde nicht mehr so aufgeregt geführt wie noch vor einigen Jahren, einzelne Personen würden aber noch immer extrem ablehnend reagieren und sich in den sozialen Medien an dem Thema regelrecht "abarbeiten".
Aline Halhuber-Ahlmann
Spielend leicht fällt der Glottisschlag Aline Halhuber-Ahlmann. Die Politologin und Geschäftsführerin des Frauengesundheitszentrums in Salzburg bezeichnet die Pause als "genial". Früher habe sie während des Sprechens den Daumen und den Zeigefinger der rechten Hand gehoben, um anhand des Leerraums das Binnen-I zu veranschaulichen. "Es ist aber auch hübsch, die weibliche und männliche Form zu verwenden." Halhuber-Ahlmann gendert seit ihrer Salzburger Studienzeit in den 1980er-Jahren konsequent. "An der Uni habe ich damals bewusst nur die weibliche Form verwendet, das hat viele Diskussionen ausgelöst." Männer hätten oft missbilligend die Augenbrauen hochgezogen und sie als Nervensäge bezeichnet. Die Bücher und Aufsätze der deutschen Sprachwissenschafterin Senta Trömel-Plötz hätten sie für feministische Sprachforschung sensibilisiert, schildert Halhuber-Ahlmann. Eine von der Professorin zitierte Formulierung auf einem Beipackzettel für Tampons habe ihr die Augen geöffnet: "Jeder hat seine Tage anders."
2020 habe das Gendern in Österreich stark zugenommen, konstatiert Halhuber-Ahlmann. In Deutschland werde die Debatte viel heftiger geführt als hierzulande. "Österreich ist fortschrittlicher." An den Universitäten sei es nicht mehr möglich, Arbeiten mit der rein männlichen Form abzugeben und mit einem Satz anzumerken, dass Frauen mitgemeint seien. Durch gendergerechte Sprache entstünden ganz andere Bilder in den Köpfen. In Frauengesundheitszentren sei die Sensibilität für Sprache besonders ausgeprägt. "Wenn Gynäkologen über ihre Patienten reden, bekomme ich Ausschlag", sagt Halhuber-Ahlmann. Zur Aufregung über den Glottisschlag meint sie: "So viel Zeit für die Lücke muss sein." Im Vergleich zum aufgeregten Diskutieren darüber sei der Zeitaufwand minimal.
Anja Hagenauer
Geschlechtergerechte Sprache sei eine Sache der Wertschätzung und des Respekts, meint die Salzburger Stadträtin Anja Hagenauer (SPÖ), eine studierte Germanistin. "Sprache ist nicht starr, sie entwickelt sich weiter." In den 1980er- und 1990er-Jahren sei das Thema noch heftig diskutiert worden, "jetzt ist es ganz normal zu gendern". Im Magistrat gelte seit 2018 eine einheitliche Schreibweise, sagt Jochen Höfferer aus dem Info-Z. Statt dem Sternchen werde der Doppelpunkt verwendet. "Das hat auch einen gewissen Charme, weil der Doppelpunkt das Markenzeichen auf den Plakaten der Stadt ist."
Fachhochschule Salzburg
Auch an der Fachhochschule in Salzburg wird gegendert. "Wir haben soeben für Lehrende, Studierende und das Verwaltungspersonal einen neuen Leitfaden für gleichstellungsorientierte Kommunikation erarbeitet", sagt FH-Sprecher Sigi Kämmerer. Beim Gendern von Presseaussendungen sei die FH Vorreiterin gewesen. In den neuen Empfehlungen werde statt dem Binnen-I das Sternchen empfohlen, weil es inklusiver sei. "Eine ungegenderte Master- oder Bachelorarbeit wird längst nicht mehr akzeptiert."
Quellen
- www.sn.at Gendergerechte Sprache: Große Aufregung um eine winzig kleine Sprechpause, ein Beitrag von Barbara Haimerl, 29. November 2021
- www.severint.net Was bedeutet Glottisschlag?
- de.wikipedia.or Glottal