Gabriele Hochleitner
Gabriele Hochleitner (* 1969 in Salzburg) ist eine Salzburger Filmproduzentin.
Leben
Sie studierte von 1987 bis 1991 Fotografie am Istituto Europeo di Design in Rom in Italien. Anschließend absolvierte sie von 1991 bis 1996 das Filmstudium an der Fachhochschule in Dortmund in Deutschland. Zwischen 2004 und 2006 erhielt sie Stipendien für Fortbildungen in Rom, Berlin, Buenos Aires (Argentinien) und den USA. Sie lebt als freischaffende Filmkünstlerin auf der ganzen Welt und kehrt immer wieder nach Salzburg zurück.
Zwei ihrer Onkel wurden am 2. Juli 1944 bei der Jagd einer SS-Todesschwadron auf Deserteure am Böndlsee in Goldegg erschossen. 2006 drehte Hochleitner den Film "Zwa traurige Buam", für den sie ihren Vater und einen Onkel an Orte ihrer Kriegsgefangenschaft begleitete. 2014 folgte die Doku "In der Kurve". Anlass war der Entschluss des Vaters, die Jahrzehnte lang neutral gehaltene Inschrift auf dem Marterl für seine Brüder auf ihren Ursprungstext zu ändern: "Von der Gestapo meuchlings ermordet", steht seither wieder zu lesen.
Filme
Doku "Trog"
2023 setzte sich die Regisseurin zum dritten Mal mit einem Aspekt der (Familien-)Geschichte auseinander. Am Wochenende 13./14. Mai 2023 hatte im Schloss Goldegg ihre zweistündige Doku "Trog"-Premiere.
Die Kamera schaut in leere Stuben und bleibt an blind gewordenen Fensterscheiben hängen. Der alte Bauernhof nahe am Böndlsee ist heute verlassen. Aber die Räume seien freilich voller Geschichten, sagt die Filmemacherin Gabriele Hochleitner: "In dem Haus ist ja so viel passiert - auch schon vor und nach dem 2. Juli 1944". Dieses Datum ist in die Geschichte der Gemeinde Goldegg tief eingebrannt: In der Aktion "Sturm" machten SS und Gestapo im Morgengrauen Jagd auf einheimische Wehrmachtsverweigerer. Deserteure wurden ermordet, Familienmitglieder erschossen oder in Konzentrationslagern inhaftiert.
Die Geschehnisse prägen auch die Familiengeschichte der Salzburger Regisseurin. Zwei ihrer Onkel wurden am 2. Juli 1944 erschossen. Mehrmals hat sich Gabriele Hochleitner filmisch dem Thema angenähert, das in Goldegg bis in die Gegenwart konfliktbeladen geblieben ist - vom Streit um die 2008 erschienene (und später korrigierte) Ortschronik, in der die Deserteure als "gefährliche Landplage" bezeichnet worden waren, bis zur Beschmierung von Gedenktafeln.
Auf der Suche nach einer anderen Perspektive auf das Geschehene landete sie beim Gehöft Trog nahe dem Böndlsee. "Dorthin hat der älteste Bruder meines Vaters 1949 hingeheiratet." Die Trog-Bäuerin Theresia Kössner war verwitwet. Auch ihre Geschichte ist mit dem 2. Juli 1944 verknüpft. Ihr erster Mann, Georg Kössner, war als Deserteur verhaftet und 1945 exekutiert worden. "Theresia musste ins KZ und blieb danach mit vier Kindern allein", berichtet die Regisseurin. "Nach dem Krieg versuchte sie bis in die 1960er-Jahre, eine Wiedergutmachung durch das Opferfürsorgegesetz zu bekommen, lange vergeblich."
Zehn Kinder hatte Theresia in zweiter Ehe mit Hochleitners Onkel. "Für den Film habe ich meine Cousins und Cousinen eingeladen, in das verlassene Bauernhaus zu gehen und sich zu erinnern", erzählt die Filmemacherin. Den Dreharbeiten seien viele Gespräche darüber vorangegangen, "dass es Sinn hat und auch für die Nachkommen hilfreich sein kann, sich neuerlich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Noch einmal darüber zu reden ist sicher nicht zu viel".
Im Film sei nun jedes Zimmer und jeder Stock mit einer persönlichen Geschichte seiner einstigen Bewohner verknüpft. Zu allen Jahreszeiten habe sie mit ihren Verwandten Zeit im Haus verbracht, "die Atmosphäre verändert sich dadurch immer wieder." Und immer wieder rücke Theresia als Person ins Zentrum. "Es ist also auch ein Film über die Position der Frauen in dieser Zeit am Beispiel meiner Tante geworden. Sie hatte nicht nur politisch eine enorme Last zu tragen, sondern auch privat, als Frau, die in patriarchalen Strukturen lebte. An wie vielen Fronten sie kämpfen musste, wurde mir erst mit dem Film noch einmal bewusst."
Weitere Filme
- "Alles ist Indien", 2010, Dokumentarfilm, Regie
- "Kleine Einheiten", 2008, Kurzfilm, Regie
- "For Some Friends", 2008, Dokumentarfilm, Regie
- "Zwa Traurige Buam", 2006, Dokumentarfilm, Regie
- "RomaRozdolRostock", 2005, Dokumentarfilm, Regie
- "Sweet Briar", 2004, Kurzdokumentarfilm, Regie
- "La Habana", 2001, Dokumentarfilm, Regie: Gabriele Hochleitner, Michael Pilz
- "Die Stadt und die Erinnerung", 2001, Dokumentarfilm, Regie
- "Almrausch", 1997, Kurzdokumentarfilm, Regie
- "Irgendwo hätt ich sonst hingewollt", 1995, Dokumentarfilm, Regie: Gabriele Hochleitner, Jean Christopher Burger, Andreas Fröba, Bernd Hartung, Margarethe Fuchs, Regina Höllbacher, Vanessa van Houten, Mathilde Kohl, Michael Pilz
- "Da zwischen", 1994, Experimentalfilm, Regie
Quellen
- www.sn.at, 11. Mai 2023
- www.film.at
- dok.at