Herren von Graben

Beide Wappenvarianten der Herren von Graben

Die Herren von Graben, sowie Graben von (zum) Stein, von (dem) Graben, ab dem Graben, vom Graben, Grabner (zu Rosenburg) genannt, waren ein weitverzweigtes edelfreies alt-österreichisches Geschlecht, welches erstmals 1170 in Krain erwähnt wurde. Zur Wende des 15. zum 16. Jahrhundert standen Familienmitglieder auch in erzbischöflich-salzburgischen Diensten. Die Herren von Graben sind 1776 oder 1780 mit dem Tod von Felix Jakob von Graben (zum Stein) im Mannesstamm erloschen.

Geschichte

Die Herren von Graben entstammten der Dynastie der Meinhardiner[1] und waren ursprünglich in Krain (heute Slowenien) begütert. Die früheste Nennung datiert aus dem Jahre 1170.[2] Von Krain gelangte die Familie ab dem 13. Jahrhundert in die Steiermark, nach Niederösterreich, Kärnten und Tirol.[3] Aus einem der steirischen Familienzweige, der auf dem zwischen dem Grazer Reinerkogel und dem Rosenberg gelegenen Schloss Alt-Grabenhofen residierte, entstammte Anfang des 14. Jahrhunderts das hochadelige Geschlecht Orsini-Rosenberg.[4] Dem zweiten steirischen Familienzweig auf Schloss Kornberg entstammte laut älteren Quellen zum Ende des 15. Jahrhundert das holländische Geschlecht De Graeff.[5][6] Im Laufe des 15. und 16. Jahrhunderts hatten die Herren von Graben viele hohe Ämter als Landeshauptleute, kaiserliche Burggrafen, Ratsherren und Hauptmänner inne. Die Linie der Grabner zu Rosenburg in Niederösterreich zählten im Laufe des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts zu den reichsten und angesehensten Familien Österreichs.[7] Ihre Residenz Schloss Rosenburg wurde durch die protestantischen Grabner zu einem Zentrum der Österreichischen Reformationsgeschichte.[8]

In der Stadt Lienz konnte die Familie von Graben aus der Sommeregger Linie größere Bedeutung erlangen, da sie als Nachfolger der meinhardinischen Grafen von Görz Lienz und Osttirol als Statthalter und Burggrafen für die Habsburger verwalteten.[9] Im 15. und 16. Jahrhundert verwalteten Familienmitglieder aus der Sommeregger Linie auch Salzburger Lehen in Kärnten. Das Geschlecht der Herren von Graben ist 1776 (1780) mit Felix Jakob von Graben zum Stein in Innsbruck ausgestorben.

Geschlechterlinien

 
Heraldische Stammtafel der Herren von Graben sowie deren Abstammungen

Die Linien und Anstammungen der Herren von Graben im Überblick:

  1. Stammherren: Grafen von Görz / Meinhardiner
    1. Linie Am Graben (Krain), vor 1170–13. Jahrhundert
      1. Linie Am Graben, Grabenhofen (Graz, Steiermark), vor 1259–1468
        1. Zweig in Thal, Anfang 14. Jahrhundert–nach 1341
        2. Rosenberger Zweig (nachmaliges Haus Orsini-Rosenberg), nach 1322
          1. Von Trauttmansdorff, 13./14. Jahrhundert
        3. Linie Grabner; nachmals Grabner zu Rosenburg (Zweite Niederösterreichische Linie), vor 1314–Mitte 17. Jahrhundert
        4. Kornberger Linie (Steiermark), vor 1325–1564 in weiblicher Linie
          1. (Erste) Niederösterreichische Linie, 1324–1421
          2. Erste Tiroler Linie, zweite Hälfte 15. Jahrhundert–nach 1519
            1. Schweizer Linie, unbekannt
          3. Familie Graeff, De Graeff (Niederlanden), um 1484
          4. Sommeregger Linie (Kärnten, Görz und Lienz), vor 1436–frühes 17. Jahrhundert
            1. Linie Am Stein (Kärnten), 1500–1664 in männlicher Linie
            2. Zweite Tiroler Linie, frühes 16. Jahrhundert–1776/80

Familienmitglieder

Grabner zu Rosenburg:

  • Sebastian I. Grabner zu Rosenburg † 1535), Herr von Rosenburg, Pottenbrunn, Siebenbrunn, Judenau, Schlickendorf in Niederösterreich sowie von Joslowitz in Mähren, Verordneter auf dem Reichstag zu Augsburg, war einer der ersten protestantischen Edelleute in Österreich.
  • Leopold Grabner zu Rosenburg, Pottenbrunn und Siebenbrunn (* 1528; † 1583), sein Sohn; Herr von Rosenburg, Pottenbrunn, Siebenbrunn, Judenau, Schlickendorf und Joslowitz, war während der Reformation als einer der führenden Protestanten des Landes, Deputierter der Stände und Hofkammerrat.
  • Sebastian II. Grabner zu Rosenburg und Pottenbrunn († 1610), Herr von Rosenburg, Pottenbrunn, Siebenbrunn, Judenau, Schlickendorf und Joslowitz, galt wie sein Vater Leopold als einer der führenden Protestanten des Landes; er war Deputierter der Stände sowie Unterzeichner des Horner Bundes. Zwischen den Jahren 1593 und 1597 baute er die Rosenburg zum prächtigen Renaissanceschloss um.

Linie zu Kornberg:

  • Friedrich II. von Graben († vor 1463), Burggraf von Riegersburg, Herr von Kornberg, Obermarburg und Schloss Marburg, Ratsherr, Beisitzer des Reichskammergerichts und Kommissar Kaiser Friedrichs III., unterzeichnete 1461 die Urkunde, in welcher Laibach zum Bistum erhoben wurde.
  • Ulrich III. von Graben († 1486), sein Sohn; Herr von Graben, (Ober)Marburg und Kornberg, kaiserlicher Burggraf von Marburg und Graz, Landeshauptmann der Steiermark, kaiserlicher Truchsess und Ratsherr.
  • Wolfgang von Graben († 11. Dezember 1521), sein Sohn; Herr von Graben, Kornberg, Marburg, Radkersburg, Neudenstein, Weinberg, Burggraf auf Saldenhofen, kaiserlicher Amtsmann und Burggraf, militärischer Hauptmann von Kaiser Friedrich III. und Berater von Kaiser Maximilian I. Wolfganggilt auch als Stammherr der niederländischen (De) Graeff.[10][11]

Linie zu Sommeregg:

  • Andreas von Graben zu Sommeregg († 1463), Bruder von Friedrich II. aus der Linie zu Kornberg; Burggraf und Herr von Sommeregg, Burggraf von Sternberg in Diensten der Grafen von Cilli Hauptmann der Grafschaft Ortenburg sowie Burggraf auf Ortenburg und Militärführer.
  • Virgil von Graben († 1507), sein Sohn; war im Dienste der Salzburger Fürsterzbischöfe als Burggraf und Pfleger auf Schloss Lengberg; Burggraf und Herr von Sommeregg, Herr von Graben; mit ihm erlangte das Geschlecht seinen größten Einfluss; Virgil war Reichsverweser der fürstlich görzischen Grafschaft, auf venezianischer Seite der Nachfolgekandidat als Graf von Görz,[12] hernach aber die Schlüsselperson für den Eintritt des Landes in das Habsburgerreich[13] und kaiserlicher Statthalter von Maximilian I.

Linie Am Stein:

  • Lukas von Graben zum Stein (bis 1500 von Graben) († 1550), Sohn von Virgil aus der Linie zu Sommeregg; Herr von Stein, Schwarzenegg und Weidenburg, Pfandherr von Heinfels, war einnhoher Militär der Görzer Grafen und der Habsburger. Im Erbfolgestreit um die fürstliche Grafschaft Görz am Ende des 15. Jahrhunderts fungierte ee während der Abwesenheit seines Vaters, des Reichsverwesers Virgil von Graben, in der Stadt Görz (Gorizia) als dessen Stellvertreter und Verfechter der Rechte der Habsburger gegenüber den Bestrebungen der Republik Venedig.[14] 1518 war einer von 70 Deputierten zum ersten Österreichischen Generallandtag von Kaiser Maximilian I. in Innsbruck.

Zweite Tiroler Linie:

  • Otto von Graben zum Stein ("Graf zum Stein") (* 1690; † 1756), war ein Schriftsteller und Sagenforscher des 18. Jahrhunderts sowie Vizepräsident der Preußischen Akademie der Wissenschaften.

Salzburgbezüge

 
Ernst von Graben in einer historischen Skizze

Neben Virgil von Graben († 1507), dem erzbischöflichen Burggrafen und Pfleger auf Schloss Lengberg, stand auch dessen jüngerer Bruder Ernst von Graben († 1513) als Burgverwalter im Dienst der Salzburger Fürsterzbischöfe. Er war in erster Ehe mit Margaretha von Obratschan (auch De Ritschon genannt) und hatte zwei Töchter: die ältere, namentlich unbekannte, war mit Wilhelm Graf von Schernberg zu Radstatt, Pfleger von Radstadt, verehelicht, die jüngere Rosina von Graben von Rain († 1534), war in erster Ehe mit dem Truchsessen Georg Goldacher[15] und in zweiter Ehe mit Haymeran IV. Freiherr von Rain zu Sommeregg († 1543) verheiratet.[16] Aus Ernst von Grabens zweiter Ehe mit Benigna von Reisberg († 1517) aus Familie des Erzbischofes Johann II. von Reisberg von Salzburg, entstammen keine Nachkommen. Ernstens Nachfolger auf der salzburgerischen Lengberg wurden 1509 seine Tochter Rosina und ihr erster Mann Georg Goldacher.[17]

Einzelnachweise und Quellen

  1. Rudolf Granichstaedten-Czerva (1948): "Brixen - Reichsfürstentum und Hofstaat". digitalisiert in: Collegium Res Nobilis Austriae: Graben von Stein
  2. Johann Weichard Freiherr von Valvasor: Die Ehre dess Hertzogthums Crain: das ist, Wahre, gründliche, und recht eigendliche Belegen- und Beschaffenheit dieses Römisch-Keyserlichen herrlichen Erblandes; Laybach (Ljubljana) 1689
  3. Adalbert Sikora: Die Herren vom Graben, in: Zeitschrift des historischen Vereines für Steiermark. 51. Jahrgang, Graz 1960
  4. Collegium Res Nobilis Austriae: Orsini und Rosenberg
  5. Artikel über das Geschlecht De Graeff in dem Nieuw Nederlandsch biografisch woordenboek, Deel 2
  6. Der deutsche Herold: Zeitschrift für Wappen-, Siegel- u. Familienkunde, Band 3, Nachrichten über die Familie de Graeff
  7. Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste. Band 77, Leipzig 1864, S. 220–222 (books.google.at).
  8. Friedrich Umlauft (Hrsg.): Wanderungen durch die Oesterreichisch-Ungarische Monarchie. 1879, S. 333 (books.google.at).
  9. Rudolf Granichstaedten-Czerva (1948): "Brixen - Reichsfürstentum und Hofstaat".
  10. Genealogisches Taschenbuch der Ritter- u. Adels-Geschlechter, Band 3, S. 229 (1870)
  11. De Graeff (Pieter Graeff) und Von Graben in der niederländischen "DBNL"
  12. Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Band 56 (andere Version)
  13. Hermann Wiesflecker, Österreich im Zeitalter Maximilians I. Die Vereinigung der Länder zum frühmodernen Staat. Der Aufstieg zur Weltmacht (Wien und München 1999), S. 163
  14. La signora di Schwarzenegg un feudo goriziano sul Carso alle porte di Trieste, XIV-XIX secolo, S. 38, von Ugo Cova (2009)
  15. Hermann Wiesflecker, Ingeborg Wiesflecker-Friedhuber, Angelika Schuh: Ausgewählte Regesten des Kaiserreiches unter Maximilian I. 1493–1519: T. 1. Maximilian I. 1493-1495. 2002, S. 74.
  16. Gabriel Bucelin (Bucelinus): Germania topo-chrono-stemmato-graphica sacra et profana. Pars Altera, S. 202.
  17. Urkunde: Salzburg, Erzstift (798-1806) AUR 1509 II 15