Frauenportrait zu Blumenthals Wirtin im "Weißen Rössl"

Maria Seeauer, geborene Gandl
Katharina Gandl
Barbara Gandl

Der Artikel Frauenportrait zu Blumenthals Wirtin im "Weißen Rössl" beschreibt Maria Seeauer, Wirtin des Gasthauses zum "Weißen Rössl" in Lauffen (Bad Ischl) und ihre Schwestern aus der St. Wolfganger Bäckerfamilie Gandl.

Allgemeines

Mit einiger Fantasie kann man sich angesichts dieser Fotos zurückversetzen in alte Zeiten. Anhand der Spurensuche war der Schauplatz des original Stückes "Im Weißen Rössl", dessen Uraufführung im Lessing Theater in Berlin am 30. Dezember 1897, als Weihnachtsgeschenk des Direktors Dr. Oscar Blumenthal und Gustav Kadelburg für "die Berliner Allgemeinheit" Premiere hatte, das Gasthaus zum "Weißen Rössl", malerisch am wilden Traunfluß in Lauffen (damals noch bei Bad Ischl) gelegen.

Ein Anziehungspunkt für die Handlung, waren die fesche Wirtin Maria Seeauer, geborene Gandl, und der Oberkellner Leopold. Ein beliebtes Ausflugsziele des Kaisers und der adeligen, illustren Gesellschaft, war das im alten Wallfahrtsort "Maria im Schatten" gelegene Wirtshaus "Zum weißen Rössl", das man per Fiaker oder mit dem damals so modernen "Drahtesel", dem Hochrad bereiste, um sich von der feschen Maria, der Rössl-Wirtin aus St. Wolfgang verwöhnen zu lassen. Geschrieben wurde das originelle Lustspiel für die lustige Rössl-Wirtin, einer Tochter aus dem Hause der Bäckerei Gandl in St. Wolfgang, mit der die Künstler der damaligen Zeit eine herzliche Freundschaft verband. Aufgewachsen war Maria mir ihrer Geschwisterschar im elterlichen Familienverband, "Haus St. Wolfgang Markt 84 im Stöckl", mit ihren Schwestern Barbara und Katharina die im "Dreigesang der Gandl Mädeln" große Bewunderung fanden.

Uralte Gewölbe, eine alte Backstube, mittelalterliche Steingewänder an den Fensterleibungen, im Obergeschoß ein Ahnensaal für zahlreiche Familienfeste, ein altes Bürgerhaus war ihre Heimstätte. Der Duft von frischgebackenem Brot durchzieht auch heute noch das alte Gemäuer, in dem Geschäftssinn mit Fleiß verbunden wurde. Diese 32 Bürgerhäuser hatten das Recht der "Leuthgebschaft" oder "Gerechtigkeit", den zu Tausenden herbeiströmenden Wallfahrern Kost, Herberge und Transport auf dem See oder zu Land, mit dem Traunerl oder der Kutsche zu geben. Im Kraut- und Pflanzengärtlein in der Seeleithen wurden Blumen und Gemüse für den Familiengebrauch angepflanzt. Die Gandlischen Familienmitglieder zog es immer auf die Berge, sei es in die Hütte auf der Postalm oder in höhere Regionen. Das Bergwandern, Singen und die gemeinsamen Erlebnisse in der Natur stärkten den Zusammenhalt in der Familie und Freundeskreis. In der Bootshütte lag das Traunerl für Transporte und den Hausgebrauch. Den Umgang mit Fremden und der Gastfreundschaft lernten diese Kinder früh in ihrem Elternhaus.

Das Jugendbild der "Rössl-Wirtin" zeigt Maria Gandl, verwitwete Aigner-Seerainer, für ein Frauenportrait der damaligen Zeit in einer ungewöhnlichen Abbildung, mit einem Buch in der Hand, dem Ausdruck ihrer literarischen Neigung. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts galt das Salzkammergut schon als Sommerfrischeregion ersten Ranges. Oscar Blumenthal brachte sich seine eigene Villa im Handgebäck von der Chicagoer Weltausstellung 1893 mit ins Salzkammergut und baute die sehr eigenwillige Holzvilla mit Türmchen am Soleleitungsweg in der unmittelbaren Nähe von Lauffen auf. Die Salons, Villen und Hotels, wo sich die feine Gesellschaft aus Adel, Militär, Ärzten und wohlhabenden Bürgern ein Stelldichein gab, wurden somit auch von der Mode als Plattform benützt. Die jungen attraktiven, feschen Schwestern der "Rössl-Wirtin", die Gandltöchter in der aufwendigen bürgerlichen, figurenbetonten Mode gekleidet, verkörpern bereits ein zu dieser Zeit eigenwillig gewordenes Frauenbild. Die drei Gandl Mädln waren hervorragende Sängerinnen und traten im "Dreigesang" auf. Zahlreiche Freundschaftsbeweise für die modebewussten St. Wolfganger Damen, zeigen Spitzenbilder mit Widmungen, getrockneten vierblättrigen Klee, vergilbten Edelweißsternen in Gebetbüchern, welche von einem großen Freundschaftskreis von Künstlern, Schriftstellern und einheimischen Burschen zeugen. Auch die Brüder, Gottlieb und Paul, waren sehr modebewusste Herren. Die jüngere Schwester von Maria ging nach Wien in die kaiserliche Hauptstadt. Die bis auf 60 cm Taillenweite abgeschnürte Hofratsgattin Katharina, hielt in einem Palais in der Schönnbrunnerstraße in Wien Hof. In den Sommermonaten übersiedelte sie mit Familie, Köchin und Kinderfrau nach St. Wolfgang und blieb eine stattliche Dame bis ins hohe Alter. Barbara war später wie auch der Bruder Gottlieb im elterlichen Betrieb tätig, beide blieben ledig.

Der jüngste Bruder Paul Gandl (* 1868; † 1934) wurde Bäckermeister und übernahm den elterlichen Betrieb 1929.

Barbara kam um 1940 aufgrund ihrer Verwirrtheit, einer Altersdemenz, in die Nervenheilanstalt Niederhart nach Linz. Dort besuchte sie meine Mutter des Öfteren mit mir. 1942 kam aus Hartheim eine Nachricht über den Tod Barbara Gandl an meine Mutter. Diese berichtete, dass Tante Wabi, wie sie allgemein genannt wurde, in Hartheim wegen ihrer geistigen Behinderung euthanasiert wurde und am gleichen Tag in einem Massengrab in Baumgartenberg hinter der Kirche begraben wurde. Umgehend fuhr meine Mutter mit mir per Zug nach Baumgartenberg, ich war damals elf Jahre alt – doch in St. Valentin war der erste Stopp aufgrund eines Bombenangriffes. Trotzdem entdeckte meine Mutter eine Möglichkeit Baumgartenberg zu erreichen. Hinter der Klosterkirche fanden wir den frisch aufgeworfenen Hügel des Massengrabes und verrichteten an Ort und Stelle ein stilles Gebet.

Das Lustspiel mit all seinen heiteren Episoden im Salzkammergut hatte an allen deutschen Bühnen einen durchschlagenden Erfolg. St. Wolfgang war der Treffpunkt der Berliner Theater und Filmgesellschaft wie der großen Stars Liane Haid, Max Nansen und Emil Jannings, sie waren auch die Stummfilmstars des ersten "Weißen Rössl Filmes", dem noch vier weitere vertonte folgten. So wurde in den späten 1920er Jahren in St. Wolfgang beschlossen, die Szenerie des fast in Vergessenheit geratenen Lustspiel von Oscar Blumenthal und Kadelburg, vom Ursprungsort Lauffen bei Ischl nach St. Wolfgang am See, in den Gasthof mit der gleichen Namensbezeichnung zu verlegen. Um es hier im "Weißen Rössl am Wolfgangsee", vertont mit den unsterblichen Melodien von Robert Stolz, Ralph Benatzky und Hans Frankovski unter der Regie von Erik Charell erklingen zu lassen. Diese einmalige Inszenierung fand am 8. November 1930 ihre Uraufführung. Mit original Trachten (aus dem Trachtenhaus Perfaller St. Wolfgang) wie auch einheimischen Statisten in Berlin, führte es dadurch St. Wolfgang am See als Schauplatz der Handlung, zum Welterfolg des Revue-Stückes. Die Sehnsucht der einfachen Großstadtmenschen von damals ist bis heute geblieben, einmal dieses Ferienparadies am Wolfgangsee mit dem "Weißen Rössl" zu besuchen, das über Umwege des Schicksals zum Ursprung zurückgekehrt ist.

Einige Gandl Geschwister starben im frühen Kindesalter an einer Seuche. Mutter Gandl schrieb in ihr Gebetbuch: "Ich darf keine Traurigkeit aufkommen lassen, die Kinder sind nun bei Gott unserem Herrn." Starke, fromme Frauen gab es immer in diesem Haus. Fünf Gandl-Kinder überlebten das 19. Jahrhundert:

  • Gottlieb Gandl (* 21. Mai 1862[1]; † 4. Februar 1929[2]),
  • Maria Gandl mit Buch, "Weiße Rössl Wirtin in Lauffen", (* 2. Februar 1864[3]; † 16. Juni 1926[4]),
  • Katharina Gandl, Hofratsgattin Wien, (* 5. Februar 1865[5]; † um 1935),
  • Barbara Gandl (* 26. Februar 1866[6]; † 1942),
  • Paul Gandl (* 14. September 1868[7]; † 30. Dezember 1934[8]); für seinen bei einem Skiunfall tödlich verunglückten Sohn Paul (* 9. März 1901[9]; † 28. Februar 1932 in Strobl[10]) wurde der Gandl Gedenkstein errichtet.

Verfasser und Quelle

Dieser Artikel wurde von Adele Sungler verfasst und als Word-Dokument an das SALZBURGWIKI gesandt.

Einzelnachweise