Vogelfang im oberösterreichischen Salzkammergut
Der Vogelfang hat historisch wohl weltweit, im 20. Jahrhundert aber teilweise noch im oberösterreichischen Inneren Salzkammergut eine Jahrhunderte lange Tradition.
Einleitung
Diese Tradition ist heute in Europa weitgehend erloschen und auch im Land Salzburg längst Geschichte. Der Vogelfang zum Zweck der Schaustellung und Prämierung - wie er heute im oberösterreichischen Teil des Salzkammergutes betrieben wird - besitzt allerdings keine lange Tradition.
In historischer Zeit wurden der Vogelfang und die Vogeljagd weit überwiegend als Nahrungserwerb genutzt. Vögel waren aber auch Symboltiere, Käfigvögeln wurde außerdem eine Heilwirkung zugesprochen. Heute ist die Schaustellung und Prämierung wesentlicher Teil des Vogelfanges. Diese Prämierung von Einzelpersonen und verschiedenen ortsansässigen Vereinen hat mit lange tradiertem "Brauch" der Vogeljagd und der Fallenstellerei aber wenig zu tun. Abseits des oberösterreichischen Salzkammergutes und abseits der dortigen Vogelfangvereine ist die Jagd auf Singvögel aus Tierschutzgründen und aus Naturschutzgründen daher verboten. In der Form der kulturell wenig alten und streng vereinsmäßig organisierten Käfighaltung samt Prämierung wurde er im inneren Salzkammergut dagegen zum immateriellen UNESCO Kulturerbe ernannt.
Geschichte
Der Vogelfang und die Vogeljagd war im Mittelalter durch Falkner nicht selten gepflegt worden. Am 20. Dezember 1579 unterzeichnete der römisch-deutsche Kaiser Rudolf II. in Prag ein Dokument, in dem festgeschrieben steht, was auf den erzherzöglichen Waldungen im "Land ob der Enns" (genauer Österreich ob der Enns, die frühere Bezeichnung für Oberösterreich), zu dem auch das Salzkammergut gehört, erlaubt bzw. verboten ist; darin wird unter anderem auch der Vogelfang unter Auflagen und gegen Bezahlung eines Pachtschillings erlaubt.
Im Fürsterzbistum Salzburg schränkte seit 1526 die Jagdordnung von Fürsterzbischof Matthäus Lang von Wellenburg den Fang von Tieren und damit auch den Vogelfang und die Vogeljagd auf die Monate außerhalb der Brutzeit ein. Die Fangerlaubnis wurde vom hochfürstlichen Hofamt außerdem nur fallweise und gegen Bezahlung einer kleinen Pacht vergeben. Im Jahr 1748 und erneut 1772 stellte die Oberstjägermeisterei den Antrag, im Land Salzburg sämtliche Erlaubnisse zum Vogelfang. Der Vogelfang wurde darauf zwar nicht verboten, die Vergabe von Berechtigungen für die Vogeljagd wurde aber immer noch weiter eingeschränkt. Diese Jagd wurde in Salzburg auf Singvögel wurde für das Land Salzburg dann endgültig im Jahr 1812 verboten. Die Jagd auf Singvögel galt auch als die Jagd des kleinen Mannes im Gegensatz zur Hohen Jagd, die bis ins 19. Jahrhundert dem Adel (und z. T. auch hohen kirchlichen Würdenträgern) vorbehalten war.
Früher wurde vor allem mit großen Netzen, mit Leimruten, mit Schlingen und mit dem "Kloben" (einer Fallenart) gefangen. Heute werden im oberösterreichischen Salzkammergut mit einem etwa 20 mal 30 Zentimeter großen Klappnetz die Vögel gefangen. In diesem engmaschigen Netz kann sich der Vogel in der Regel nicht verletzen. Bestimmte Finkenvögel werden mittels Lockvogel gefangen, andere werden auch durch Futter angelockt. Einmal gefangen kommt heute der Vogel in gut durchlüftete Innen- oder auch Außenvolieren, die als Schlafplatz mit Ästen und Zweigen ausgelegt sind. Auch Sand am Boden ist vorhanden. Die Fütterung erfolgt mit natürlicher Nahrung, etwa Latschen-, Lärchen- und Fichtenzapfen, Sonnenblumenkerne, verschiedenen Kräutern, Hanf und Leinsamen. Das freie Fliegen ist aber kaum möglich. Nur die Lockvögel dürfen behalten werden. Die andere Tiere werden im darauffolgenden Frühjahr wieder aus der Käfighaft entlassen. Wie weit sie sich nach dem langen Käfigaufenthalt dann wieder in der freien Natur zurechtfinden, wurde bisher kaum erhoben.
Vereine
2010 bestanden 34 Vereine mit etwa 500 Mitgliedern im oberösterreichischen Salzkammergut, (2018 bestanden 32 Vereine). Das Wissen, das von Generation zu Generation weitergeben wird, war mit ein Grund, dass die UNESCO den dortigen Vogelfang zum Weltkulturerbe erklärt hat. Die regelmäßig jedes Jahr stattfindende Prämierung und Schaustellung der (angeblich) schönsten Vögel als wesentlicher Teil des geregelten Vogelfanges ist kulturell allerdings nicht alt, auch die Vereinsstrukturen sind jung und besitzen keine lange Tradition.
Verwurzelung
In verschiedenen (historisch aber wenig alten) Ebenseer Landschaftskrippen aus dem Umfeld der Vogelfänger wird auch der Vogelfang dargestellt. Beim Ebenseer Glöcklerlauf findet man auch eine (ebenfalls wenig alte) Vogelfängerdarstellung. Beim Ebenseer Fetzenfasching wird ein Vogelhäuserl mitgeführt.
Vogelhäuserl und Vogeldarstellungen beim Glöcknerlauf besitzen keine deutliche Bezüge zum Vogelfang: Vögel sind weitum Symbole der Lebensfreude, der Vogelsang historisch in beleibtes Zeichen des christlichen Lobgesanges. Nicht selten wird der Vogelfang auch im Salzkammergut selbst auch kritisiert. Die Darstellung des Vogelfanges in den (jüngeren) Krippen aus dem Umfeld der Vogelfänger ist kein Beleg für eine breite Verwurzelung. Die Darstellung von Vogelfängern beim Glöcknerlauf ist eine Inszenierung, die mit dem kulturell alten Glöcknerlauf in keinem Zusammenhang steht. Für die Darstellung gibt es keine ältere Vorbilder.
Kritik
Immer wieder flammt der Streit mit Naturschutz und Tierschutz auf. Mitteleuropaweit und EU-weit ist der Vogelfang (Ausnahme Salzkammergut) mit gutem Grund heute verboten. (Die z. T. mangelnde Einhaltung der Bestimmungen steht auf einem anderen Blatt.) Vertreter des Vogelfanges rechtfertigen den Fang damit, dass in südlichen europäischen Ländern alljährlich viele Millionen Wildvögel bei Jagden getötet werden, die teilweise in Kochtöpfen landen. Solange der Fang in Südeuropa nicht eingestellt wurde, bestehe kein Grund ihn im Salzkammergut einzustellen. Alleine in und der Fangsaison 2011 wurden im Salzkammergut 35 000 Vögel gefangen und es kam zu skurrilen Zwischenfällen zwischen Vertretern von Tierschutzorganisationen und den Vogelfängern. So hielten Vogelfänger einen Tierschutzbeobachter stundenlang fest, ehe er durch die Polizei befreit werden konnte.
Weblink
- www.unesco.at Salzkammergut Vogelfang
Quellen
- Dr. Reinhard Medicus
- "Salzburger Nachrichten", 20. August 2010 und 16. November 2011
- Eintrag in der deutschsprachigen Wikipedia zum Thema "Vogelfang im oberösterreichischen Salzkammergut"