Hermann Steiner VI.

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Hermann Steiner baut Lateiner wie sein Großvater, 02:05 min Video

Hermann Steiner, der sechste in der Familie Hermann Steiner, stellt das speziell für die Trumer Seen konzipierte Lateiner-Boot mithilfe von Schablonen seines Urgroßvaters her.

Hermann Steiner und seine Lateiner-Boote

"Es ist wie beim Autofahren: Ein modernes Boot fährt besser, aber das Gefühl, in einem Oldtimer zu sitzen, ist etwas Besonderes", sagt Hermann Steiner. Der in seiner Werft in Mattsee produzierte Lateiner ist so ein Oldtimer. Vor mehr als 100 Jahren wurde er erstmals hergestellt - mit Spanten und Kiel aus Eiche, Planken in Lärche und Kupfernieten. "Durch die überlappende Verplankung fängt er beim Fahren im Wasser das Glucksen an", schildert der Bootsbaumeister. Es war sein Urgroßvater - er hieß so wie die Bootsbauer von mittlerweile sechs Steiner-Generationen Hermann Steiner -, der den Lateiner am Mattsee entwickelt und gebaut hat.

Während der Hochadel um die Jahrhundertwende zur Sommerfrische ins Salzkammergut reiste, verschlug es andere Erholungssuchende an den Mattsee. Hermann Steiner: "Touristisch war einiges los und die Nachfrage nach den Lateinern stieg mit den Jahren. In der besten Saison hat unser Betrieb zehn Lateiner pro Saison gebaut."

Dabei wurde der Lateiner nicht nur zum Vergnügen verwendet, sondern auch als Arbeitsboot, etwa um Heu von einem Ufer zum anderen zu transportieren. Das Besondere an dem Boot: Es ist nicht nur Segel-, sondern auch Ruderboot. Segel und Mast lassen sich leicht einholen bzw. einklappen - dadurch konnte man es auf drei Seen verwenden: dem Mattsee, von dem aus man unter einer Brücke zum Obertrumer See gelangt, sowie dem Grabensee, der durch einen längeren Kanal mit dem Obertrumer See verbunden ist. Heute herrscht am Grabensee aus Naturschutzgründen ein Bootsfahrverbot - aber am Mattsee und am Obertrumer See sieht man die Lateiner seit einigen Jahren wieder.

Mit dem Aufkommen der ersten Elektroboote verschwanden die charakteristischen Holzboote langsam. Auch bei Steiner Nautic sattelte man auf die Produktion von Elektrobooten um. Heute stehen etwa 50 solche Boote aus glasfaserverstärktem Kunststoff sowie eine Reihe von Tretbooten aus der eigenen Werft für die Bootsvermietung zur Verfügung. Daneben werden für Privatkunden auch größere und komfortablere Elektroboote und sogar Hochseeyachten hergestellt. Und: seit rund 20 Jahren auch wieder Lateiner.

Initiator für die Wiederaufnahme der Produktion war Trachtenunternehmer Gerhard Gössl. Er hatte 2010 nach rund 50 Jahren Produktionspause die ersten beiden Lateiner-Boote bei Hermann Steiner in Auftrag gegeben. Warum? "Damit dieses Ur-Segelboot nicht untergeht. Unsere Mission ist es, solche Kulturgüter am Leben zu erhalten." Denn als Segler wusste er, dass es dieses "speziell für unsere Seen gemachte Boot" gibt.

Er sei damals zu seinem Vater gegangen, denn einen Plan zum Bau der Boote habe es nicht gegeben. "Er hatte aber noch die alten Schablonen von meinem Urgroßvater und wusste, wie man das Boot baut", erinnert sich Hermann Steiner. Der Lateiner entsteht fast ausschließlich in Handarbeit. Vom auch heute noch eichenen Kiel aufwärts werden die Schablonen aus Holz aufgespreizt. Einen Tag brauchen Hermann Steiner und sein Mitarbeiter, der ebenfalls Bootsbaumeister ist, um links und rechts vom Kiel jeweils eine Planke zu fixieren. Es dauert einen Monat, bis ein Lateiner-Boot fertig ist. "Deshalb bauen wir es nur in der Wintersaison, denn dafür brauchen wir Zeit. Da kann man nicht zwischendurch wegrennen und sich um andere Dinge kümmern", sagt Steiner. Etwa zwei Lateiner entstehen jetzt jeden Winter neu. 25.000 Euro muss man für eines hinlegen. "Ein Geschäft ist es für uns aber nicht", sagt der Bootsbaumeister. Aber: "Es hat eine lange Tradition und was mir Spaß macht, ist das Bauen. Wir hobeln viel von Hand. Jede Planke ist anders geformt. Das Lärchenholz verlangt präzises Arbeiten. Wenn du da einen Nagel falsch einschlägst, zerspringt die ganze Planke." Die Beschläge sind heute aus Nirosta statt brünierten Eisens, die Planken werden mit Epoxidharz verleimt. Und: Vor 100 Jahren kamen die Segel aus einfachem Leinen von einem Mattseer Segelmacher, heute sind sie aus modernstem Segeltuch und kommen aus der Werkstatt der Segelproduzenten Doyle Raudaschl in St. Wolfgang im Salzkammergut.

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