Martin Folie

Dr. Martin Folie (* 1785 in Tirol; † 9. Oktober 1866) war ein Landgerichtsarzt in St. Johann und Gastein.

Leben

 
Todesanzeige des Martin Folie in der "Allgemeinen Zeitung München", 1866[1]

Am 15. August 1811 immatrikuliert sich Martin Folie an der Universität Erlangen für das Studium der Medizin.[2] Zuvor hatte er höchstwahrscheinlich sein Studium in Innsbruck begonnen, aber 1810 war die ältere, 1673 gegründete Medizinische Fakultät im Zuge der bayerischen Degradierung der Universität Innsbruck zu einem philosophisch-theologischen Lyzeum aufgelöst worden.[3] In den Matrikeln der Universität Innsbruck findet sich ein Gabriel Folie, der 1781 in Burgeis (heute Südtirol) als Sohn eines Bauern geboren 1808 zum Doktor der Medizin promovierte. Es könnte sich um einen Bruder oder entfernteren Verwandten gehandelt haben.

St. Johann und Gastein

Dr. Martin Folie war dann Sekundararzt am öffentlichen Krankenhaus in München und wurde im Dezember 1815 - im Zuge der bayerischen Organisation des Medizinalwesens - als Gerichtsarzt zum Landgericht St. Johann und Gastein berufen.[4] In einem Brief an den Medizinalrat Joseph von Barisani - kurz nachdem er auf seinem neuen Posten angekommen war - bat er darum den Quartalsbericht 3 Monate verspätet abgeben zu dürfen. Er schrieb am 19. Januar 1816: "Man hat in dieser kurzen Zeit, so viel möglich, sowohl die allgemeinen, als besondern Medizinal Verordnungen in Regierungs- und Kreis Blatte nachgelesen, welches umso nothwendiger ist, da man bei den Geschäften des öffentlichen Krankenhauses in München und der Vorliebe für dieses Fach, in jenen Verordnungen größtentheils fremd sein mußte." Und wie bei fast allen Landgerichtsärzten geht es um die Tabellen. Diese mussten einerseits von den Chirurgen, Landärzten und Hebammen sowie neuerdings von den Geistlichen an ihn eingeschickt werden - was nicht immer geschah. Außerdem mangelte es an vorgefertigten Tabellenformularen. Ein Monat später schrieb Folie mit stiegendem Grad der Verzweiflung angesichts der schier unbewältigbaren Aufgabe: "Schon unter dem 15. Jänner hat man sich Wegen Nichteinlieferung der vorschriftsmäßigen Quartals Tabellen entschuldigt, und die Gründe angegeben, welche die Abfassung dieser Tabellen erschwerten. Man hat seither diese Arbeit oft vorgenommen, allein man sah immer von neuem die Unmöglichkeit ein aus undeutlichen, ungleichförmigen und unrichtigen Tabellen ein verlässliches Totale zu redigieren. Wie dies dem Doktor Susan, an dem ebenso unvollkommenen und ungleichförmigen Tabellen einliefen, möglich war, ist unbegreiflich; er hinterließ in den Akten aber auch keine Spur woraus man abnehmen könnte, wie er seine Tabellen verfasst habe. Außer den gleichfalls fehlerhaft eingeloffenen Tabellen fand man gar nichts, woran man binden könnte."[5]

Nach dem Wechsel Salzburgs zum Kaisertum Österreich und der neuerlichen Organisation des Gesundheitswesens, diesmal nach der österreichischen Norm 1818/19, wurde Dr. Folie quiesziert (in Ruhestand versetzt). Im Ausweis der Sanitäts-Personen von 1819 wird er als quieszierter Landphysikus in Salzburg geführt mit einem Quieszentengehalt von 500 fl.[6]

Hohenems

1820 bewarb er sich auf die Bezirksarztenstelle in Melk in Niederösterreich.[7] 1826 wird ihm von der k. k. vereinten Hofkanzlei die erledigte "Districts-Arztesstelle zu Sillian" in Osttirol verliehen.[8] Am 14. November 1826 heiratete Martin Folie, "Doktor der Medizin Doktor zu Hohenems, Wittwer," Elisabeth Lindner.[9] 40 Jahre bis zu seinem Tod war er Bezirks- und Gemeindearzt in Hohenems.

Interessant ist, dass Dr. Folie von der jüdischen Gemeinde mit einem Wartegeld (Gehalt) von fl. 200 angestellt wurde. Sein Vorgänger in dieser Funktion hatte auch noch das Privileg der freien "Sommerung eines Pferdes und einer Kuh auf den Gemeindealpen".[10] Er arbeitete also auch für die jüdische Gemeinde und so ist auch der Hinweis auf "beide Confessionen" in seinem Nachruf zu verstehen:

"Hohenems, 11. Okt., Herr Dr. Martin Folie, durch sein Wirken weit bekannt und seines Biedersinns wegen allgemein geachtet, ist heute zu Grabe getragen worden. Seine trauernde Familie, ein großer Theil der Bevölkerung beider Confessionen und viele aus Nah und Fern herbeigeeilte Freunde des Verblichenen geleiteten dessen sterbliche Reste auf den Friedhof. Er ruhe in Frieden - in den Herzen vieler lebt er fort."[11]

Quellen

  1. books.google.at
  2. Personalstand der Friedrich-Alexanders-Universität Erlangen in ihrem ersten Jahrhundert, 178.
  3. www.uibk.ac.at
  4. "Kaiserl. Königl. privilegirte Salzburger Zeitung" 1815, 1017; "Königlich-Baierisches Regierungsblatt" 1815, 1032.
  5. Gen Kr Kom St Johann Nr 34.
  6. SLA KR Akten B IX.9. Fasz 0212.
  7. OÖLA Landesregierungsarchiv 1787-1849 / Allgemeine Reihe Schachtel 150.
  8. "Medicinische Jahrbücher des kaiserlich - königlichen österreichischen Staates", Wien 1826, 200.
  9. "Bregenzer Wochenblatt", 15. Dezember 1826, 6.
  10. Aron Tänzer: "Die Geschichte der Juden in Hohenems und im übrigen Vorarlberg", Meran 1805, 325.
  11. "Vorarlberger Landes-Zeitung", 13. Oktober 1866, 1.