Volksabstimmung 1921 über den Anschluss an das Deutsche Reich

Eine inoffizielle Volksabstimmung über den Anschluss an das Deutsche Reich fand am 29. Mai 1921 im Land Salzburg statt.
Geschichte
Im Vorfeld der Volksabstimmung gab es landesweit sogenannte "Anschluss-Versammlungen". Die "Salzburger Wacht", eine Tageszeitung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, schrieb über diese Anschluss-Versammlungen:[1]
Die Landesparteileitung hat beschlossen, in der Abstimmungssache mit den Bürgerlichen keine gemeinsamen Kundgebungen zu veranstalten.— Die Vertrauensmänner sitzen mit den Bürgerlichen nur in den Wahlbehörden beisammen. Die Abstimmungsarbeiten machen sich alle Parteien selber. Es gibt keine gemeinsamen Bezirks- und Agitationskomitees. Die Sozialdemokraten entfalten ihren eigenen Wahlapparat und handeln selbständig. Genossen, handelt danach und sorgt, daß unsere Parteigenossen und Genossinnen am 29. Mai zur Abstimmungsurne gehen!
Das Ergebnis
Die Volksabstimmung im Land Salzburg ergab 98 700 Pro-Stimmen, nur 885 Personen waren dagegen, 586 waren ungültig. In der Stadt Salzburg gab es 20 135 Ja-Stimmen, 225 Nein und 158 ungültig.
Gemeinden, in denen es eine hundertprozentige Zustimmung gab: Ebenau, Golling, Göriach, St. Martin bei Hüttau, Obergäu, Pichl, Steindorf und Weißpriach, Scheffau, Thumersbach und Wagrain-Markt;
"Ein letztes Wort"
Von Abgeordneten Johann Hasenauer.
Am Sonntag ist im Salzburger Lande die erste Volksbefragung. Unser Land wurde nicht befragt, als es nach fast l000jähriger Selbständigkeit jämmerlich zerrissen wurde, es wurde nicht befragt, als nach 100jähriger österreichischer Staatsangehörigkeit über Nacht eine neue Staatsform eingeführt würde, es wurde nicht befragt, als es in Sturm und Drang Teil eines elenden Zwerg- und Rumpfstaates wurde. Nun soll unser Land darauf Antwort geben, wie es seine Zukunft gestalten will, wie es der Schmied seines eigenen Glückes werden will. Der Fragesteller ist in diesem Falle nicht das Ausland, nicht irgend eine amtliche Stelle des Inlandes, sondern das Volk selbst, das sich selbst Rechenschaft geben, Rede und Antwort stehen soll, welche Wege zu wandeln es künftighin gesonnen ist. Diese Volksbefragung muß, soll sie ein wahres Bild wiedergeben, ureigendste Volkssache ohne irgendwelchen fremden oder offiziellen Aufputz sein.
Die viel bestrittene Frage, ob heute oder morgen, ob früher oder später das Volk um seine Meinung befragt. wird, muß doch gleichgültig sein. Deutsch und vernünftig aber ist es, wenn schon einmal ein bestimmter Tag dafür in Aussicht genommen wurde, dabei fest zu bleiben, denn Gründe, welche solche Volksbefragung für unzeitgemäß erscheinen lassen, werden sich immer finden lassen. Wenn von der ganzen Angelegenheit eine großmächtige Aktion gemacht wird, so schießt man damit nach meiner Anschauung weit übers Ziel, wenn man sich vor Augen hält, daß jene maßgebenden Kreise, die man fürchtet, bei den Friedensverhandlungen nicht einmal wußten, daß die Stadt Salzburg Hauptstadt eines gleichnamigen Landes sei, sondern der Anschauung waren, daß Salzburg in Tirol liege.
Die Salzburger Volksabstimmung will und soll nichts anderes sein, als der stille, freudige Ausdruck heißer, unerfüllter Herzenswünsche, als der laute leidige Verzweiflungsschrei eines zum Tode verurteilten, mit dem Tode ringenden kleinen Völkleins, das noch so unendlich viel Lebenskraft in seinen Adern fühlt. Wie den Tirolern, wird es auch den Salzburgern übel genommen, daß sie eigene Wege gehen und für sich allein abstimmen. Oft und oft schon ist in diesen Blättern auf die Eigenart der Entwicklung Salzburgs hingewiesen worden, die gerade uns mehr als allen anderen das Recht einräumt, die Selbstbestimmung für uns in Anwendung zu bringen. Wäre vor dem Kriege und seit dem Kriege im Salzburger Lande mehr Salzburger Geschichte gelehrt und gelernt worden und zwar nicht so sehr politische und Kriegsgeschichte sondern Wirtschafts- und Kulturgeschichte, so würde unser Volk ans den 29. Mai viel besser vorbereitet sein. [...]
Festprogramm
Am Wochenende der Abstimmung gab es ein Festprogramm in der Altstadt von Salzburg:
- Samstag, den 28. Mai 1921:
- Nachmittag: Feierlicher Empfang der von auswärts kommenden Abstimmungsberechtigten am Hauptbahnhof.
- Residenzplatz: Von 5 bis ½7 Uhr nachmittags Platzmusik. ½7 Uhr abends Festversammlung. Die teilnehmenden Vereine und Organisationen marschieren geschlossen von ihren Sammelorten zur Festversammlung.
- Mirabellplatz: ½8 Uhr abends Beginn der Platzmusik, 8 Uhr abends Sammeln für den Fackelzug. Organisationen und Vereine geschlossen.
- 9 Uhr abends Abbrennen der Höhenfeuer.
- Nach dem Fackelzug Konzert: Im Kurhaus, Hotel Pitter und Restauration Elektrischer Aufzug.
- Sonntag, den 29. Mai 1921, 7 Uhr früh Beginn der Abstimmung.
- Jeder Stimmberechtigte musste zur Abstimmung gehen.
- Ab 4 Uhr nachmittags Platzmusik im Kurpark, ab 6 Uhr abends Verlautbarung des Abstimmungsergebnisses in den einzelnen Gemeinden, vom Balkon der Residenz aus.
Quellen
- ANNO, Salzburger Chronik, Ausgabe vom 29. Mai 1921
- ANNO, Salzburger Chronik, Ausgabe vom 31. Mai 1921, erstes Stimmergebnis
- ANNO, Salzburger Chronik, Ausgabe vom 1. Juni 1921, Endergebnis