Acht Fragen, acht Antworten zum Thema Asyl
Nachdem sich in den Sommermonaten das Flüchtlingsthema sehr stark polarisiert hatte, versuchten Medien immer wieder durch sachliche Antworten auf immer wieder gestellte Fragen zu reagieren, um Unwahrheiten aus der Welt zu schaffen. Sie sind zwar jetzt nicht Salzburg spezifisch, jedoch sollten sie ergänzende Information im Zusammenhang mit diesem im Jahr 2015 ganz Österreich bewegenden Thema darstellen.
Einleitung
Sie arbeiten nicht, nutzen den Sozialstaat aus und haben alle ein schickes Smartphone Gerüchte und Halbwahrheiten zum Thema Flüchtlinge gibt es viele. Hier gibt es Fakten. Komplexe Sachverhalte, viele Missverständnisse und so manche böswillige Unterstellung bestimmen die Debatte um den Flüchtlingszustrom nach Salzburg. Einige Antworten auf häufig gestellte Fragen.
Acht Fragen, acht Antworten
- 1. Warum sind so viele junge Männer unter den Flüchtlingen, warum "verlassen" diese ihre Familien in Krisengebieten?
Im gesamten laufenden Jahr (Stand Ende August 2015) sind 22 244 Männer und 6 067 Frauen nach Österreich geflüchtet. Der Grund ist klar: Familien legen in der Regel für eine Schleppung zusammen, geschickt wird jenes Familienmitglied, welches den Strapazen der Reise am ehesten gewachsen ist. Dieses steht in der Regel unter hohem persönlichen Druck, Geld nach Hause zu schicken, wie Migrationsforscherin Sylvia Hahn im SN-Interview erklärte. Eine weitere Perspektive ist freilich der Familiennachzug.
- 2. Dürfen Flüchtlinge nun ganze Großfamilien nach Österreich holen?
Erwachsene Flüchtlinge können Ehepartner und minderjährige Kinder nachholen. Aber erst, sobald sie einen positiven Asylbescheid haben. Minderjährige dürfen beide Elternteile sowie Geschwister nach Österreich bringen. Nicht einreiseberechtigt sind Geschwister von Erwachsenen, deren erwachsene Kinder, Eltern oder andere Verwandte.
- 3. Bekommt ohnehin fast jeder Flüchtling in Österreich Asyl?
Nein. Laut offizieller Statistik wurden von Jänner bis Ende Juni 2015 bundesweit von 17 472 Fällen in nur 34 Prozent der Fälle Asyl gewährt. Syrer stellen unter den rund 3 300 Asylbewerbern in Salzburg die größte Gruppe, sie erhalten in fast allen Fällen Asyl. Iraker, Afghanen, Somalis und andere sind in Summe jedoch zahlreicher. Sie haben längere Asylverfahren zu erwarten und ihre Chancen auf einen Aufenthaltstitel sind geringer. Bundesweit befinden sich derzeit 7 692 Syrer, 5 749 Afghanen und 3 806 Iraker im Asylverfahren.
- 4. Warum suchen sich "Asylanten" keine Arbeit?
Zu unterscheiden ist zwischen Asylbewerbern und jenen, die tatsächlich Asyl erhalten haben. Asylbewerber dürfen in den ersten drei Monaten gar nicht arbeiten - und danach nur sehr beschränkt. Erlaubt ist etwa gemeinnützige oder Saisonarbeit. Mit Arbeitsmarktbewilligung dürfen Asylbewerber in Mangelberufen als Fachkräfte arbeiten, brauchen dazu aber abgeschlossene Ausbildung oder Studium. Und: Voraussetzung ist, dass kein inländischer oder am Arbeitsmarkt registrierter Ausländer für besagte Stelle gefunden wurde.
Anerkannte Flüchtlinge haben dagegen vollen Zugang zum Arbeitsmarkt. Nach Angaben des Salzburger AMS ist deren Mehrzahl auch werktätig. Lediglich gut 500 sind landesweit arbeitslos gemeldet - bei rund 13&nbps;000 Arbeitslosen insgesamt.
- 5. Liegen Flüchtlinge dem Staat auf der Tasche?
Flüchtlinge kosten den Sozialstaat Geld. Aber vergleichsweise wenig. Asylsuchende und anerkannte Flüchtlinge dürften etwa das Landesbudget 2015 mit je zehn Millionen Euro belasten. Asylsuchende erhalten Grundversorgung. Wobei die Mehrzahl in größeren Quartieren wohnt und bekocht wird. Dafür erhalten die Betreiber 19 Euro pro Tag, davon 6,50 Euro für Essen.
Falls nicht gekocht wird, bekommt der Flüchtling diese 6,50 Euro pro Kopf, um selbst Essen zu kaufen, für Kinder zahlt der Staat nur die Hälfte. Ansonsten gibt es nur 40 Euro Taschengeld pro Monat, dazu 12,50 Euro für Kleidung und pro Kind 17 Euro für Schulbedarf. Also insgesamt weitaus weniger, als Mindestsicherungsbezieher oder Mindestpensionisten in Österreich bekommen.
Getrennt zu sehen sind anerkannte Flüchtlinge. Sie haben Anspruch auf Sozialleistungen wie jeder Österreicher. Insgesamt 1 500 von ihnen beziehen in Salzburg Mindestsicherung (teils als Aufbesserung ihres geringen Erwerbseinkommens), vier Fünftel davon in der Stadt Salzburg. Die Mindestsicherung beträgt für eine Einzelperson maximal 827,83 Euro - weniger als die Hälfte eines Durchschnittseinkommens.
- 6. Kommen nun auf das Gesundheitssystem hohe Kosten zu, etwa weil Flüchtlinge sich in großer Zahl "das Gebiss herrichten lassen"?
Asylbewerber sind bei den Gebietskrankenkassen versichert, sie haben zunächst einen Ersatzbeleg, dann eine E-Card. Sie erhalten Leistungen wie jeder andere Versicherte. Tatsächlich seien viele Neuankömmlinge in einem schlechten körperlichen und seelischen Zustand, sagt SGKK-Direktor Harald Seiss. Einen "Ansturm auf Goldzähne" befürchtet er aber nicht. Schon allein wegen hoher Selbstbehalte in der Zahnmedizin. Auch sonst braucht die Salzburger Krankenkasse kein Extrabudget. Bei gut 400 000 Versicherten fielen einige Tausend Menschen nicht stark ins Gewicht. Seiss: "Diese Flüchtlingswelle hält die Versichertengemeinschaft schon aus."
- 7. Wieso haben so viele Flüchtlinge moderne Mobiltelefone? Und wie können sie sich lange Auslandsgespräche leisten?
Helfer berichten, dass viele Flüchtlinge ihre Mobiltelefone in der Türkei oder in Serbien erworben haben. Jedoch sind internetfähige Mobiltelefone in den Ländern des Nahen Ostens weit verbreitet. So existierten bereits 2009 in Syrien 11,7 Millionen Mobiltelefone. Immer häufiger bieten Hersteller besondere Billigversionen in diesen Ländern an, die äußerlich gleich designt sind, jedoch ältere oder billigere Systemkomponenten verbaut haben.
Flüchtlingshelfer berichten, dass fast alle Asylsuchenden Pre-Paid-Karten benutzen, welche eine unbeschränkte Internetnutzung zulassen. Pauschaltarife sind für etwa 18 Euro pro Monat zu haben, was bereits die Hälfte des Taschengelds in Anspruch nimmt. Jedoch ist Kommunikation mit Heimat und Familie vielen Geflohenen enorm wichtig. Diese läuft über tariffreie Internetdienste wie WhatsApp oder Viber. Deshalb halten sich viele Flüchtlinge oft an öffentlichen Orten auf, wo kostenloses WLAN zur Verfügung steht.
- 8. Müssen Flüchtlinge mittellos sein?
Nein. Der Schutz vor Bedrohung des eigenen Lebens besteht unabhängig von den Vermögensverhältnissen. Gerade aus Syrien kommen vor allem Angehörige der Mittelschicht, teils mit guter oder sehr guter Ausbildung. In der Praxis zeigt sich, dass die Mehrzahl der Asylbewerber in Österreich schwer Zugriff auf finanzielle Reserven hat. Verwandte im Inland schicken oft finanzielle Hilfe per Post, jene in Heimatländern per Transferdiensten wie Western Union.
Quelle
- "Salzburger Nachrichten", 2. September 2015