Taubenhaus in der Stadt Salzburg

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Die Diskussion um ein Taubenhaus in der Stadt Salzburg löste Anfang 2020 eine Debatte aus.

Über das geplante Taubenhaus 2019

Kurz vor Weihnachten 2019 hatte die Salzburger Stadträtin Martina Berthold (Grüne) zu einer Gesprächsrunde zum Thema Taubenhaus eingeladen, an der u. a. Tierschützer Hans Lutsch von der ARGE Stadttauben und andere Tierschützer sowie Fachkräfte der Ornithologie und auch Dr. Reinhard Medicus (der zwar mittlerweile pensioniert ist, aber 30 Jahre lang für den Magistrat in der Taubenberatung tätig war und auch weiter ehrenamtlich tätig ist) teilgenommen.

Lutsch von der ARGE hatte zur Verminderung der Taubenplage Abhilfe durch die Errichtung eines Taubenhauses verlangt, für das die Stadt auf Antrag der SPÖ 2020 erstmals 100.000 Euro budgetiert hatte. Lutsch sah alle dafür nötigen Fakten auf dem Tisch liegen und freute sich auf die rasche Realisierung des Taubenhauses.

Ganz anders sah aber ein Sprecher aus dem Büro Berthold die Sache. Es gäbe keine Fakten, jedenfalls keine aktuellen, da die letzte Studie 1992 bis 1994 erstellt worden war, also vor fast 30 Jahren. Auch sei bei dem vorweihnachtlichen Gespräch keine Entscheidung über die Errichtung eines Taubenhauses in der Stadt Salzburg gefallen. Es hatte lediglich ein informelles Gespräch gegeben.

In dem Ende Februar 2020 verschickten Protokoll dieses Treffens steht, dass man die Tauben-Hotspots im Stadtgebiet herausarbeiten und in weiterer Folge mehrere kleine Module anstelle eines großes Taubenhauses aufstellen möchte. Doch Lutsch lehnte die angekündigte "universitäre" Evaluierung ab, da diese Jahre dauern könnte. Er wollte sofort an einem zentralen Ort wie beispielsweise Lehen mit der Errichtung eines Taubenhauses beginnen.

Lutsch: Bei dem erwähnten Runden Tisch hatten Experten aus Berlin, Nürnberg und Salzburg Möglichkeiten der regulativen Bestandsverminderung der Straßentaubenpopulation erhoben. Dabei konnten Expertisen für das erfolgreiche Augsburger Modell angesprochen, und in weiterer Folge auch vorgelegt werden. Aus diesen Bestandsaufnahmen und Arbeitsbelegen geht hervor, dass das Taubenhaus seine Zielsetzungen nachhaltig bestätigt. Ornithologen mögen generell dagegen sein, Belege für gegenteilige Ergebnisse konnten sie aber bei den Gesprächen nicht bestätigen. Es gab lediglich unüberprüfte Annahmen, die auch keinen Salzburgbezug aufwiesen. Das Augsburger Modell überzeugt bereits mehr als 200 deutsche Städte. Und in Salzburg wird der Ruf nach einem zentralen Taubenhaus immer lauter. Dies bestätigten fast tägliche Gespräche mit Menschen aus der Stadt, betroffene Bürger, Immobilienvertreter, auch Biologen. Es gibt keine nennenswerten Alternativen zu dem Augsburger Modell. Das zeigen die letzen Jahre eindeutig![1]

Experten schlugen andere Maßnahmen vor

Dr. Medicus hingegen erkannte - ähnlich wie andere anwesende Experten - in dieser Vorgangsweise keine nachhaltige Entlastung im Taubenproblem. Es besteht keine einzige Expertise, die den Erfolg von Taubenhäusern durch unabhängige und statistisch saubere Zählungen der Tauben vor und nach Errichtung eines Taubenhauses dokumentiert. Eine Reduktion des Taubenbestandes hängt nach der Auskunft der ornithologischen Experten maßgeblich von zwei Faktoren ab, nämlich dem Brutplatz- und dem Futterangebot. Ornithologen und Biologen stellen fest, dass die Zahl der Brutplätze verringert und mit Netzen und Taubenabwehrleisten, die regelmäßig überprüft werden müssten, oder mit anderen Maßnahmen verschlossen werden sollte. Darüber hinaus muss das seit 1994 bestehende Fütterverbot besser kontrolliert werden. Noch wichtiger ist die regelmäßige sachkundige Aufklärung der Bevölkerung in der Taubenfrage. Dr. Medicus und andere Experten warnten auch vor den Folgekosten des Taubenhauses. Die Betreuung dieses ersten Taubenhauses würde die Stadtgemeinde entweder der ARGE Stadtauben oder aber anderen Fachkräften übertragen. Auch eine Auflösung des Taubenhauses würde hohe Kosten nach sich ziehen.

Im Auftrag von Sozialstadträtin Anja Hagenauer (SPÖ) hatte das Holztechnikum Kuchl Vorschläge für ein erstes Taubenhaus bei der Villa Berchtold ausgearbeitet. Jenes Modell, das am besten ankam, schlug sich in Errichtung und Betrieb allerdings mit 450.000 Euro zu Buche. Worin auch 149.000 Euro an Personalkosten enthalten seien, wie Lutsch sagte, und meinte, es ginge viel billiger. Lutsch fand mit seiner Ansicht Unterstützung bei Hagenauer. Hagenauer sähe die "horrenden" Kostenschätzungen des Hochbauamtes von Leuten gemacht, die das Projekt ablehnen.

Selbst wenn Leute sich von der problematischen Idee Taubenhaus beeindrucken lassen, in seiner Nähe haben will es niemand. In Salzburg hatte es Anläufe in Lehen, Hellbrunn und im Raum der Berchtoldvilla gegeben – alle wurden von den jeweiligen Anrainern entschieden abgelehnt. Gegen diese Planungen gab es, abgesehen von grundsätzlichen Fragen der Sinnhaftigkeit, aber auch wichtige Einwände gegen die - z. T. völlig ungeeigneten Standorte.

Tierschützer um Lutsch kündigten beim "Runden Tisch" fachliche Belege an, dass eine kontrollierte Fütterung den Taubenbestand verringern kann. Die in der Folge von diesen zitierte umfangreiche Studie des international weitum anerkannten Taubenexperten Univ. Prof. Daniel Haag-Wackernagel[2] (Universität Basel) wies aber im Gegenteil nach, dass regelmäßige Fütterung zur Vergrößerung des Taubenbestandes führt.[3][4] Diesen Sachverhalt bestätigte der universitäre und international führende Taubenexperte auch direkt in einem E-Mail an Dr. Medicus.

2023: Absage für Taubenschlag im Alten Rathaus in der Stadt Salzburg

Die Stadt Salzburg wollte noch gegen Ende 2023 ein Taubenhaus im Dachgeschoß des alten Rathauses einrichten. Dort sollten der größte Teil der Eier der Taubenhaus-Tauben gegen Attrappen ausgetauscht werden, um so den Bestand zu reduzieren. Dieser Plan könnte nun vor dem Aus stehen berichteten die "Salzburger Nachrichten" am 21. Oktober. Denn bei der zuständigen Baustadträtin Anna Schiester (Bürgerliste) lagen nun negative Stellungnahmen des Bundesdenkmalamtes und der Sachverständigenkommission zur Altstadterhaltung (SVK) vor. Auch das Veterinäramt, also das zuständige Fachamt äußerte sich kritisch zu dem Plan, offensichtlich auch deshalb, weil vorrangig Tauben ohne Brutplatz (also nichtbrütende Tauben) in solche Taubenhäuser einziehen und daher ein Erfolg mehr als fraglich bleibt. Großes Interesse an dem Projekt hat aber weiter Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP). Er will das Taubenhaus im Alten Rathaus noch nicht abschreiben. [5] Nachdem sich abseits des Taubenhauses weder das Brutplatzangebot noch das Futterangebot für die Tauben der Stadt ändern wird, kann sich folgerichtig auch der Bestand der Tauben - abseits des zusätzlichen Taubenbestandes des Taubenhauses - nicht ändern.[6]

Quellen

Einzelnachweise

  1. Ergänzung durch Benutzer:Hans Lutsch am 21. Oktober 2021
  2. haag-wackernagel.ch, "über mich"
  3. www.sueddeutsche.de Zitat "Die wirksamsten Methoden sind nach Ansicht der Experten wie dem Taubenfachmann Professor Daniel Haag-Wackernagel nach wie vor Netze an Gebäuden oder Vergitterungen."
  4. www.tagesspiegel.de, Zitat: "Das ist ein Schildbürgerstreich", sagt er. "Es füttert doch auch niemand Ratten."
  5. /www.sn.at, 21. Oktober 2023
  6. Anmerkung von Dr. Reinhard Medicus. Anm: Die Futterquelle im Taubenhaus steht allerdings allen Tauben der Stadt offen, mit diesem neuen, bequem zugänglichen Futterangebot steigt wohl auch die Zahl der Tauben außerhalb des Taubenhauses.