Brief vom 3. Juni 1804 aus Passau

Aus SALZBURGWIKI
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Der Brief vom 3. Juni 1804 aus Passau entstammt dem Bestand des Salzburger Landesarchiv churf. und österr. Reg. XI. 025. Die Transkription wurde von Alfred M. Kuhn aus Munderkingen (Deutschland) besorgt. Der Brief ist Teil des Podcastst "Briefe an Behörden" und kommt in der 05 Folge zur Sprache: "an der Grenze" - als nördlich der Donau Salzburg war.

Text

Chursalzburgisch Hochlöbliche Landesregierung!

Dem Unterzeichneten gieng mittels hohen Dekrets von 7ten, und Empfang 27 v. M. die Eröfnung zu, daß Sr. K. H. der Kurfürst p.p. auf den Vortrag einer hochlöblichen Landesregierung sich entschlossen haben, ein neues Physicat zu Obernzell[1] mit einem Gehalt von 400 f zu errichten, und bey dessen Besetzung vorzugsweise auf Unterzeichneten Rücksicht zu nehmen, wesfalls auch eine hohe Stelle ihn zur Uebernahme jenes Physikats einzuladen, und hierüber seine Erklärung zu erwarten geruhet.

Gerührt und mit Dank erfüllt für jene höchst gnädigste Rücksicht bleibt dem Endesgesetzten nur der Wunsch übrig, daß, so wie einer seits die höchste Entschließung Sr. K. H. des Kurfürsten als wohlmeinend erscheint, selbe auch anderer seits für ihn der That nach wohlthätig und nicht vielmehr in Hinsicht auf seine Lage und die obwaltenden Umstände mit nachtheiligen Folgen begleitet wäre; welch letzteres Besorgniß dem Unterzeichneten sich desto mehr aufdringt, da er in dem berührten hohen Landesregierungsdekrete die Erwähnung vermißt, daß seine dekretmäßige Besoldung pr. 1000 f, die ihm als Hof= und Landphysikus zugewiesen sind, für sich noch fortan belassen würden.

In dessen Verfolg findet er sich nun aufgefodert, der gnädigst obverlangten Erklärung einige Data in Bezug auf seine Bestellung in Paßau als Land und Hofphysicus voranzuschicken. Da es sich ereignete , daß der vormalige paßauische Hofrath und Landphysikus v. Veronesi[2] das Unglück hatte, eines jähen Todes zu sterben, so wurde dem Endsgesetzten, der sich damals als Landschafts= und Kreisphysicus zu Freystadt in Oberösterreich befand, von Seiner Hochfürstlichen Gnaden durch den abgeordneten Hrn. Geheimen Rath von Hennebrith der Antrag zur Annahme der erledigten Stelle in loco Paßau mit 1000 f jährl. Gehalts mit unter einstiger freyer Praxis gemacht, den er auch als paßauisches Landeskind ungeachtet des vollen Zutrauens der Einwohner von Freystadt und des dortigen Kreisamtes und ungeachtet mehrerer anderer beteutender Vortheile nicht ausschlagen mochte, sondern dem erhaltenen Rufe folgte, und sich mit seiner Familie nach Paßau begab, wo er als Land= und Hofphysicus Zeug der beyliegenden Dekrets Abschrift sub No 1 mit 1000 f jährlichen Gehalt angestellt, ihm der Charackter eines wirklichen Hofraths beygelegt, so wie die nöthige Instruction, wovon ein Extrackt hob 3. anliegt, und die freye Ausübung der Medizin zugestanden ward.

Aus diesen Verhältnißen seiner Anstellung erhellet demnach, daß der jährliche Gehalt von 1000 f und die freye Praxis in Paßau die Bedingnisse und Bewegursachen waren, warum er seinen in jeder Rücksicht vortheilhaften Posten als Landschafts= und Kreisamtsphysicus zu Freystadt verließ, den erhaltenen Ruf als Land= und Hofphysicus nach Paßau annahm, und sich da seßhaft machte. Da nun auch Unterzeichneter seine Entlassung nicht nachgesucht hat, hiernächst durch die eingetrettenen Landesverhältnisse das bis diese Stunde bestehende Landphysicat nicht aufgehoben worden ist; sondern von ihm bey allen geeigneten Fällen aufs genaueste versehen wird, übrigens auch dem Staatsdiener Reichsschlußmäßig seine Bezüge gesichert werden, so dürfte es dem Unterzeichneten nicht übel gedeutet werden, daß er in Betref der geschehenen Einladung des befraglichen Physikats im Markte Obernzell gegen ein blosses Fixum pr. 400 f Vorstehendes in Ergebenheit bemerkbar machte, und hiernach durch den ratificirten Reichs Deputationsschluß bey dem Fortgenuße pr. 1000 f und der Befugniß der freyen medizinischen Praxis geschützt sich der Ueberzeugung überläßt , daß er auch mit allem Fuge auf sothanen Fortgenuß des jährl. Gehalts pr. 1000 f und der fernern medicinischen Ausübung in loco Paßau et Concurrenz bestehen möge, insbesondere, da er sich durch Ankaufung eines Hauses in Paßau anseßig machte, und ihn überdieß nach Inhalt der Beylage Nro 4. ein Garten zur eigenen Benützung lebenslänglich angelassen ward.

Der Unterzeichnete glaubt auch Eine hochlöbl. Landesregierung auf die Lage von Obernzell selbst rücksichtlich des alldort errichtet werden wollenden Landphysicats aufmerksam machen zu dürfen, welche zur Errichtung desselben eben nicht am besten geeigenschaftet seyn dürfte.

Der Markt Obernzell liegt nämlich ganz tief, und an der Donau, wohin überhaupts keine ordentliche und reißbare Landstrasse führt. Jenseits der Donau und abwärts derselben stößt er sogleich an das benachbarte Oesterreich, aufwärts befinden sich bis nach Paßau nur einige unbedeutende Häuser, an der Nordseite aber dem Chursalzburgischen paßauischen Landesantheile zu ist selber ganz mit steilen Bergen und Waldungen eingeschloßen, die jede Reise in dem gedachten Landsantheile unvermeidlich und ungemein erschweren. Ueberhaupts bildet Obernzell nur einen Kessel, der von der Donau und den gedachten hohen Bergen ringsum eingeschlossen wird.

Eine hohe Landesregierung wird sich sonach von selbst überzeugen, daß es bey diesen Verhältnißen einem Landphysicus zu Obernzell, da er der vorbeschriebenen nicht gut geeigneten Lage nach auswärts fast kein Verdienst finde, und blos auf die wenigen Einwohner des dortigen Marktes beschränkt wäre, unmöglich würde mit einem Gehalt von 400 f sich und seine Familie ernähren können. Dieses ist es, was der gehorsamst Unterezeichnete zur nähern Würdigung der Sache Einer Chursalzburgisch Hochlöbl. Landesregierung vorstellig machen zu müßen glaubte, wornach er sich ergebenst emphielt.

Paßau den 3ten Juny . 1804
Jakob Schmid H . R .[3]
und Landphysicus (manu propria)

Einzelnachweise

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Obernzell
  2. "Da Bischof Thomas Graf von Thun und Hohenstein nur 11 Monate regierte, so sind noch von 1796 bis 1803 unter der Regierung des letzten Fürstbischofs die Beamten aufzuführen: […] Aerzte waren Fr. Borgias Veronesi, Hof-, Land- und Garnisons-Medikus, Joh. G. Berghofer, Alex. Bauer, Hofrath und Stadtphysikus, Anton Mick, Hofrath und zweiter Leibmedicus, in: Joseph Schöller, Die Bischöfe von Passau und ihre Zeitereignisse von der Gründung des Bisthums Lorch im ersten christlichen Jahrhundert, dessen Transferierung nach Passau im Jahr 737 bis zu der im Jahre 1803 erfolgten Säkularisation, Salzburg 1844, 347.
  3. https://oesterreichwiki.org/wiki/Jakob_Schmid