Der Erste Weltkrieg und Sankt Wolfgang

Der Erste Weltkrieg und St. Wolfgang ist ein Erfahrungsbericht von Adele Sungler
Allgemeines
Bei ihrem Besuch in Sarajewo vor 100 Jahren, bei strahlendem Sonnenschein am 28. Juni 1914 fielen der Thronfolger Österreich-Ungarns, Erzherzog Franz Ferdinand, und seine Gemahlin Sophie Chotek, Herzogin von Hohenberg, den Schüssen bosnischer Attentäter zum Opfer. Die drei Waisenkinder des kaiserlichen Paares Sophie, Maximilian und Ernst kamen nach Tetschen zu Verwandten der Gemahlin.
Am 31. Juli 1914 brachte man in den Abendstunden die Botschaft vom Kriegsbeginn nach St. Wolfgang. Fluchtartig verließen die Sommergäste aus den noblen Hotels dem Grandhotel, Weißes Rössl, Hotel Peter und den Sommerquartiere in den gemieteten Häusern das Salzkammergut, der Sommerfremdenverkehr brach komplett ein.
Die Urkatastrophe des Ersten Weltkrieges mit Millionen von Toten bewirkte die allgemeine Mobilmachung. Voll Siegeszuversicht und im Freudentaumel der Hoffnung einer baldigen Heimkehr rückten auch die Männer St. Wolfgangs zum Kriegsdienst der Wehrpflicht ein. Schon bei der Assentierung und Musterung der Wolfganger Jungsoldaten 1913 war das begehrte Ziel das Salzburger Hausregiment Erzherzog Rainer Nr. 59.
Den ersten Weltkrieg erlebten die "Rainer" sowohl an der Ostfront im Kampf gegen das Kaiserliche Russland wie auch an der Südfront am heiß umkämpften Monte Cimone wie Karl Sungler (* 27. August 1892; † 5. Mai 1969) und sein Freund Josef Koller (* 15. September 1893; † 1970) berichteten.
Die beiden Kameraden kannten sich schon seit ihrer Ausbildung im Lungau und blieben bis an ihr Lebensende auch mit den dazukommenden Familienmitgliedern und Kindern befreundet. Josef Kollers Söhne, Helmut und Kommerzienrat Dipl. Kaufmann Josef Koller erschufen mit der Gründung der Firmengruppe Koller + Koller OHG 1961 ein unternehmerisches Lebenswerk, ein "Imperium" von zehn Hotels in sieben Europäischen Ländern, mit internationalem Ruf.
Mit dem Slogan Die Rainer ziehen ins Feld ist im Sommer 1914 eine überschäumende Kriegsbegeisterung in der Stadt Salzburg und auch in St. Wolfgang zu verspüren. Es scheint große Mode gewesen zu sein, sich mit Freunden, Familienmitgliedern und Kameraden in Feldmarschmäßiger Ausrüstung in den Fotoateliers Portraitieren zu lassen.
Der langjährige Gemeindesekretär Karl Sungler vermerkt auf einer der Gruppenfotografien der "59 er", Zur Erinnerung an den Weltkrieg 1914 - 1918 zum zweiten mal Kriegseinsatz Salzburg 18.II.1917.
Kurze Zeit darauf kam Sungler in russische Gefangenschaft, in das Fort Nowosibirsk. Dort wurde er im Lazarett und anschließend privat von einer Schullehrerfamilie nach einer überstandenen Typhuserkrankung gesund gepflegt. Er erlernte die russische Sprache in Wort und Schrift, was ihm nach dem Zweiten Weltkrieg als Gemeinde Sekretär von St. Wolfgang sehr zu Gute kam. Josef Koller war beruflich ein hoher Zollbeamter, wurde bei dem russischen Fronteinsatz schwer verletzt und kam in ein Heimatlazarett. Die Freunde trafen sich erst wieder 1920 nach Beendigung des Krieges und der Heimkehr Karl Sunglers aus der russischen Gefangenschaft.
Mit der Zunahme der Opferzahlen und der rasant schlechter werdenden Versorgungslage kehrt bald Ernüchterung bei den Soldaten ein. Immer neue Musterungen und Einberufungen von Reservisten folgten. Der Mangel an allen Bedarfsartikeln besonders an Heizmaterial, war bereits im ersten Kriegswinter an der Tagesordnung. Hamsterkäufe und Schleichhandel gehörten zum Alltag. Alle Arten Materialsammlungen wurden durchgeführt, ja sogar die Kirchenglocken von der berühmten Wallfahrtskirche St. Wolfgang mussten abgeliefert werden, um Munition herzustellen. Kriegsanleihen wurden gezeichnet, zu Spenden wurde aufgerufen. Frauen mussten die Frontlücken durch schwere Männerarbeit füllen, die Goldenen - Eheringe wurden durch Metallringe ersetzt. Hotels werden zu Reservelazaretten umfunktioniert, Hungersnot, Teuerung, Inflation des Geldes und größte Blutopfer mussten gebracht werden. Der Markt St.Wolfgang hatte 67 Gefallene zu beklagen.
1918 war die Lage schon sehr verzweifelt, es gab Hungerdemonstrationen nicht nur in der Stadt Salzburg sondern auch in den Landregionen. Die Wirren des Ersten Weltkrieges hatten umwälzende und verheerende Folgen für ganz Europa. Die Landkarte der österreichischen k & k. Monarchie veränderte sich gründlich. Durch die Ereignisse des Jahres 1920 hatte sich vieles geändert, die Welt ist eine andere geworden. Der Glaube an einen endgültigen großen Frieden war gescheitert. Für Österreich begann ein neuer Abschnitt der Geschichte.
Die Atelierfotos der Kriegszeit als Zeugnisse der modernen Technik überlieferten uns schlaglichtartige Ausschnitte, was damals in Kriegszeiten wichtig war, wie die Menschen jener Zeit sich darstellten und wie Ihre Zeitgenossen sie für uns überlieferten. Über all das lokale Interesse hinaus ist hier ein kleines Stück Fotografiegeschichte dokumentiert.
Quelle
- Archiv Adele Sungler
Verfasser
Dieser Artikel wurde von Adele Sungler verfasst und als Word-Dokument an das SALZBURGWIKI gesandt. Alle Bilder aus dem Archiv Adele Sungler.