Hugo Portisch: Aufregend war es immer
Buchtipp Hugo Portisch: Aufregend war es immer
- Autor: Hugo Portisch
- Herausgeber:
- Verlag: Ecowin Verlag
- Erscheinungsjahr: 2017
- ISBN 978-3-7110-0124-5
Hugo Portisch
Hugo Portisch war einer der großen österreichischen Journalisten des 20. Jahrhunderts, Kosmopolit, Humanist und überzeugter Europäer. Mit seinen Erinnerungen weckt er mehr als ein halbes Jahrhundert Weltgeschehen zum Leben.
Mit seinen Fernsehproduktionen "Österreich I" und "Österreich II" hat er das Geschichtsbewusstsein einer ganzen Nation geprägt. Die Dokumentation über den Zweiten Weltkrieg, die er gemeinsam mit Henry Kissinger erstellte, sorgte für weltweites Aufsehen. Das von ihm initiierte Rundfunk-Volksbegehren für die Unabhängigkeit des ORF war das erste und erfolgreichste in der österreichischen Geschichte. Er war jahrelang Chefredakteur des Kurier, später Chefkommentator des ORF und weltpolitischer Kommentator beim Bayerischen Rundfunk. In Anerkennung seiner journalistischen Leistungen wurde er zweimal mit der Goldenen Kamera, dreimal mit der Romy, zweimal mit dem Fernsehpreis der Volksbildung sowie mit dem Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels und dem Preis der Concordia ausgezeichnet.
Die erste Ausgabe dieses Buches präsentierte Hugo Portisch im Oktober 2010 in der Großen Universitätsaula in der Stadt Salzburg.
Das hier beschriebene Buch ist eine um zwei Kapitel erweiterte Neuausgabe.
Besonderer Salzburgbezug des Buches
Im März 1953 kam es zu einem "Zeitungskrieg" in Wien. Es ging dabei um die beiden rivalisierenden Zeitungen "Kurier" und "Bild-Telegraf". Der "Bild-Telegraf" war eine Gründung des Salzburger Zeitungsherausgebers Gustav Canaval, der Miteigentümer der Salzburger Nachrichten und des Mitbegründers der "Oberösterreichischen Nachrichten", Hans Behrmann. Beide wollten mit dem "Bild-Telegraf" die damals führende Zeitung, den "Kurier", übertrumpfen und boten dafür als Chefredakteur Gerd Bacher auf, der damals schon Lokalchef der "Salzburger Nachrichten" war. Wie dieser Zeitungskrieg verlief erfährt der Leser in diesem Buch.
Und nochmals begegnet der Leser in diesem Buch Gerd Bacher. In seiner Funktion als ORF-Intendant kam Bacher die Idee, die Geschichte der österreichischen Zweiten Republik zu verfilmen und beauftragte Hugo Portisch damit. Welche Hindernisse es zu überwinden gab und welcher Erfolg diese Dokumentationsreihe wurde, schildert Portisch in seinem Buch.
Rezension 1
Lebendig geschriebene, sehr gut erklärte Zeitgeschichte Österreichs und der Weltpolitik
Hugo Portisch ist auch mit 90 Jahren – er feierte im Februar 2017 seinen 90. Geburtstag – noch so fesselnd, wie ich ihn von seinen Fernsehkommentaren her in Erinnerung habe. Der Inhalt der 400 Seiten dieses Buches entspricht wahrlich seinem Titel: Aufregend! Geboren in Preßburg, weil sein Vater, der aus Niederösterreich stammte, dort als Chefredakteur einer Zeitung einen Job erhielt, schildert er an Hand seines Lebens große und bedeutende Ereignisse in der österreichischen Geschichte und der Weltpolitik.
Wie er zur Zeitung gekommen war (später Chefredakteur des Kuriers) und seine Frau kennengelernt hatte, von einem Journalisten-Kurs in den Vereinigten Staaten kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs, was der Marshallplan eigentlich wirklich war, über die Ängste der Österreicher in der russisch besetzten Zone und welche Vorsorgemaßnahmen gegen eine Annexion Österreichs durch die Russen die damalige Regierung getroffen hatte, von einer Reisebegleitung Bundeskanzler Raab in den USA von, vom Wiener Zeitungskrieg, dem ersten österreichischen Volksbegehren und wie Otto Habsburg versuchte, Portisch von der Wichtigkeit seiner Rückkehr nach Österreich zu überzeugen.
Das sind grob aufgezählt die Themen der ersten 200 Seiten. Die restlichen 200 Seiten beschäftigen sich mit Weltpolitik. Hier hat mich die Schilderung seiner ersten Reise nach China mit dem Gespräch mit Marschall Chen Yi sehr beeindruckt. Denn dieses Gespräch, von dem Portisch dann in Österreich berichtete, war von internationaler Bedeutung im Vietnam-Krieg. Aber auch von einer Reise nach Sibirien noch zu Zeiten der Sowjetunion schreibt er. Aufregend, ganz im Sinne des Buchtitels, die Hintergründe über den gescheiterten Landungsversuch der Amerikaner in der Schweinebucht auf Kuba. Jetzt verstehe ich auch, weshalb es auf Kuba noch so viele alte amerikanische Limousinen gibt.
Portisch wechselte zum ORF. In diesem Zusammenhang gelingt ihm mit seinem Aufnahmeteam als erstes Fernsehteam (der Welt?) im Strategischen Oberkommando der amerikanischen Bomberflotten und Atomraketen sowie in einem Atomraketenbunker filmen zu dürfen. Es war, ganz im Sinne des Buchtitels, sehr aufregend und auch mit dieser Dokumentation schrieb Portisch Weltgeschichte. Warum, das erklärt er im Buch.
Kreisky, die Neutralität, seine "Bauchlandung" mit der Abstimmung um das Atomkraftwerk Zwentendorf und warum der Plan der ÖVP damals nicht aufging. Herrlich auch Portisch‘ Schilderungen von seinen Besuch in England anlässlich Englands Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft. Dann folgt die Entstehungsgeschichte der Dokumentarfilme "Österreich I" und "Österreich II", basierend auf einer Idee von Gerd Bacher. Wie es ihm dazu gelang an historisches Filmmaterial zu bekommen und weshalb die ersten 14 Tage nach der Besetzung von Wien durch russische Truppen wohl die bedeutendsten zwei Wochen in Österreichs jüngerer Geschichte waren – aufregende Zeitgeschichte, sprachlich einfach hervorragend ausgedrückt.
Auch mit Henry Kissinger filmte er sich durch die Zeit- und Weltschichte und lernt dabei modernste Fernsehtechnik kennen, Europa Jahrzehnte voraus. Im vorletzten Kapiteln berichtet er von der Zeit des Zerfalls der Sowjetunion, von Michail Gorbatschow, von den Zaren bis zu Putin. "Hört auf die Signale" nennt er seine Dokumentation darüber. Und im letzten Kapitel macht er sich Gedanken, wie man Europa aus der derzeitigen (Flüchtlings)Krise bringen könnte. Das hängt auch mit dem Marshallplan und Afrika zusammen. Spannend.
Dieses Buch erklärt mir vieles in der österreichischen Geschichte und Weltpolitik. Portisch schreibt wertungsfrei, er verurteilt nicht, schließt aber immer wieder seine persönlichen Schlüsse aus dem Verhalten der Weltpolitiker. Und behielt damit oft Recht. In dieser Autobiografie im weiteren Sinne schildert er in seiner professionellen journalistischen Art von seinem Leben, seinen Reisen und der Welt. Er streift auch sein Familienleben, das vom tragischen Tod seines Sohnes überschattet ist. In der Buchmitte sieht man rund 30 Bilder aus seinem Privat- und journalistischen Leben, teilweise doppelseitig, meist in Schwarzweiß, wie es eben bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts Standard war.
Aufregend war es immer und sind auch diese 400 Seiten, die ich jedem empfehle zu lesen. Besser kann man die letzten 90 Jahre Geschichte wohl nicht zusammenfassen und beschreiben. Hugo Portisch ist einer der wirklich großen Journalisten Österreichs!
Rezension 2
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Weblinks
Quelle
- Rezension von Peter Krackowizer