Irmgard Singh
Irmgard Singh (* 17. September 1964 in Bad Reichenhall, Bayern) ist Ärztin. Sie lebt mit Ehemann Arun und den Kindern Daniel und Mira in Freilassing.
Vorgestellt ist eine Beitragsreihe in den "Salzburger Nachrichten". Das SALZBURGWIKI hat hier den Originaltext übernommen. Dieser kann wiederholende Teile zu obigem Lebenslauf enthalten, sollte aber im Sinne eines Zeitdokuments nicht korrigiert werden.
Irmgard Singh liebt Elefanten und Tiger. Beides Tiere, die in Indien leben. Womit wir bei der großen Leidenschaft der Ärztin sind: Indien ist das Land ihrer Träume, das Land, in dem sie mehr Zeit verbringen möchte und das sie seit der Kindheit nicht mehr loslässt.
Dass die ärztliche Leiterin des Salzburger Tageshospizes ausgerechnet in einem Inder den Mann fürs Leben gefunden hat, mag Zufall sein, könnte aber auch vom Schicksal eingefädelt worden sein. "Vielleicht war ein bisschen Schicksal dabei", meint Singh und lächelt. Denn ihren Mann Arun habe sie nicht während einer Indienreise kennengelernt, sondern beim Studium in München. Das Paar lebt auch nicht in Indien, sondern in Freilassing. Genauso wenig arbeitet Singh wie ursprünglich geplant als Entwicklungshelferin in Indien, sondern im Salzburger Tageshospiz. Dort ist sie seit neun Jahren täglich mit dem Tod konfrontiert. Für Laien eine schreckliche Vorstellung. Für Singh, die sich als lebensbejahenden und positiven Menschen bezeichnet, hingegen ein wichtiger und erfüllender Job.
"Natürlich habe ich viel mit dem Sterben zu tun. Aber genauso viel mit dem Leben, in Würde, ohne Schmerzen, bis zum Ende." Natürlich gehe ihr das Schicksal der todkranken Menschen nahe. "Aber es verfolgt mich nicht in den Feierabend oder in die Nacht. Ich kann abschalten", betont sie, um gleich darauf zu relativieren: "Nur manchmal wache ich morgens mit dem Gedanken an einen Patienten auf und frage mich: 'Lebt er noch?'"
Zu Singhs Aufgaben gehört es, mit Patienten und Angehörigen über den Tod zu sprechen. "Anfangs habe ich mich vor solchen Gesprächen gefürchtet. Inzwischen weiß ich, dass ich Menschen mit meinem Wissen die Angst vor dem Sterben nehmen kann und Hoffnung gebe. Oft sind Todkranke nach dem Gespräch erleichtert, weil ich ihnen sage, wie das Sterben sein wird, nämlich nicht qualvoll, sondern in Frieden und mit Würde."
Eine Patientin ist der Ärztin besonders in Erinnerung: "Die Frau hat bei unserer Weihnachtsfeier mit Genuss Kekse gegessen. Drei Tage später war sie tot." Bis zuletzt habe sie Freude am Leben gehabt. Eine tröstliche Erfahrung für Singh, die trotz ihres Berufs nicht vor Existenzängsten gefeit ist. "Ich kann nicht sagen, dass ich keine Angst vor dem Sterben habe. Schließlich weiß ich nicht, wie ich sterben werden. Aber zumindest weiß ich, dass es in den meisten Fällen nicht schmerzvoll sein muss."
Bei aller Erfüllung, gibt es nicht trotzdem Momente, in denen sie sich fragt, warum sie den Job macht?
Singh antwortet nicht gleich, überlegt und meint schließlich: "Ja, die gibt es. Ich weiß auch nicht, wie lang ich damit umgehen kann. Im Moment geht es mir gut dabei. Ich schaue auf mich. Nehme mir Auszeiten und habe mit meiner Teilzeitbeschäftigung die Möglichkeit, Abstand zu gewinnen.
Dann ist sie die private Irmgard Singh, die als leidenschaftliche Cineastin bis zu vier Mal pro Woche ins Kino geht und zwar in ihr "Privatkino" in Bad Reichenhall. "Die kennen mich dort und haben sogar schon einmal mit dem Beginn der Vorstellung auf mich gewartet", sagt die Ärztin.
Quelle
- "Salzburger Nachrichten in der Reihe "Salzburger des Tages", ein Beitrag von Susanna Pollstötter