Diese Ziele in Salzburg waren im Frühjahr 1945 im Visier der US-Armee
"Diese Ziele in Salzburg waren im Frühjahr 1945 im Visier der US-Armee" berichtet der Militärhistoriker Manfried Rauchensteiner anlässlich des Gedenkens 2025 an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren.
"Operation Doldrum"
In einem erst vor kurzem erschienenen Gastbeitrag von Manfried Rauchensteiner in der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" berichtete er über die bisher unbekannte Operation unter dem Decknamen "Doldrum" (englisch für Flaute). Wäre es nach dem Plan des US-Militärs gegangen, hätte die Aktion im Frühjahr 1945 erfolgen sollen. 1974 hatte Rauchensteiner großen Mengen an Akten und anderen Unterlagen aus dem amerikanischen Luftwaffenarchiv der Alabama Air Force nach Österreich bringen können. Dass dieses Material erst dieses Jahr, also 50 Jahre nach dem Auffinden der Unterlagen öffentlich bekannt wurde, liegt schlicht und einfach daran, dass dieses Material "liegengeblieben" ist.
Im Frühjahr 1945 fasste Oberst J. N. Ivins den Plan eines umfassenden Angriffs auf die Stadt Salzburg. In seinem Papier waren acht konkrete Angriffsziele genannt. Diese galten laut Ivins als wesentlich für die militärische Führung der sogenannten "Alpenfestung". Ivins ging davon aus, dass die politische und militärische Führung Deutschlands im Begriff war, sich in den Süden Deutschlands zurückzuziehen. Eben in den Raum Salzburg und rund um Adolf Hitlers Berghof am Obersalzberg in Berchtesgaden. Wie Rauchensteiner in seinem Gastbeitrag schreibt, handelte es sich bei den Ausführungen des amerikanischen Obersts um eine Vermischung aus "Tatsachen und wilden Spekulationen".
Die einzelnen Objekte des geplanten Angriffs
Ivins war der Meinung, dass das Außenamt der Deutschen in das Schloss Leopoldskron verlegt werde, da bereits noch im Deutschen Reich gemeldete Diplomaten in das Schloss übersiedelt waren.
Das Schloss Kleßheim und das Kavalierhaus, das von Hitler als Gästehaus verwendet wurde, sollen als Hitlers Hauptquartier dienen. Das Schloss wurde nämlich sowohl von Hitler als auch vom Reichsaußenministerium benutzt.
Im Schloss Aigen sei Heinrich Himmlers Rückzugsort geplant, heißt es in dem Plan. Im Schloss Glanegg solle die SS untergebracht werden. Auch Schloss Hellbrunn stand auf der Liste.
Auch die Festung Hohensalzburg sollte bombardiert werden. Denn Ivins vermutete, dass in den Kellern das Archiv des Oberkommandos der Wehrmacht und des Führerhauptquartiers liege.
Außerdem wurden die Salzburger Bahnhöfe und das Grand Hotel de l'Europe gegenüber des Salzburg Hauptbahnhofs als Angriffsziele genannt. Tatsächlich wurde dann das Grand Hotel de l'Europe bei einem Bombenangriff so schwer beschädigt, dass es einige Jahre nach Kriegsende abgerissen werden musste und als Hotel Europa in den 1950er-Jahren neu errichtet wurde.
Weitere Details über die geplante "Operation Doldrum"
Die angeführten Ziele sind mit Koordinaten und geografischen Daten beschrieben. Es gibt auch Details, wie bei der Operation vorgegangen werden sollte. Den Auftakt dieses "vernichtenden Angriffs", schreibt Rauchensteiner, sollten laut den Unterlagen mittelschwere Bomber machen. Diese sollten den künstlichen Nebel, der bei Angriffen auf die Stadt meist erzeugt wurde, auseinandertreiben. In kleinen Formationen sollten ihnen die schweren Bomber folgen, die dann die einzelnen Ziele angreifen sollten. "Deren Zerstörung mit größter Präzision und notfalls in lang andauernden Einsätzen" sollte geschehen. Tiefflieger sollten danach die noch intakten Gebäudeteile beschießen.
Für den zentralen Angriff des Obersalzberges war eine größere Anzahl an Flugzeugen vorgesehen.
Abhängig sei die Aktion von Wind, Wolken und Sonne. Aber es genüge, die Einsatzbefehle am Tag davor zu geben. Dieser Plan wurde am 18. März 1945 dem Oberkommandierenden der alliierten Streitkräfte im Mittelmeerraum übergeben.
Der Plan "Doldrums" kam bekanntlich nicht zur Anwendung. Die Stadt Salzburg wurde von Oberst Hans Lepperdinger in der Früh des 4. Mai kampflos an die amerikanische Armee übergeben.
Manfried Rauchensteiner
Manfried Hermann Rauchensteiner (* 25. Juli 1942 in Villach) ist ein österreichischer Historiker. Von 1992 bis 2005 war er Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums in Wien. 1996 wurde er außerordentlicher Universitätsprofessor für Österreichische Geschichte an der Universität Wien.
Siehe dazu auch
Quellen
- "Salzburger Nachrichten", 16. April 2025, Lokalteil Seite 8 und 9
- de.wikipedia.org, Manfried Rauchensteiner