Sühnebrief
Mit dem Sühnebrief, der am 20. April 1287 von Erzbischof Rudolf I. von Hohenegg erlassen wurde, wurden den Bürgern der Stadt Salzburgs erstmals klar umrissene Rechte zugestanden. Er ist somit das älteste bekannte Salzburger Stadtrecht.
Grundlage des Sühnebriefs
Die Grundlage zu diesem Erlass stellte der Reichsspruch vom 1. Mai 1231 dar. Das Statut verbot den Bau von königlichen Burgen und Städten auf kirchlichem Grund. Die Bürger der Städte wurden alle verpflichtet, sich zu ihrer Verteidigung selbst ausreichend zu bewaffnen.
Geschichte
Erzbischof Rudolf I. von Hohenegg schlichtete am 20. April 1287 einen Streit, der zwischen zwei verfeindeten Parteien innerhalb der Bürger der Stadt Salzburg, - im Sühnebrief die "armen" und die "reichen" Bürger genannt - ausgebrochen war. Die Urkunde, die aus diesem Grund ausgestellt wurde, bezeichnet man als den "Sühnebrief", da der Erzbischof einen dauerhaften Frieden (Sühne, von ahd. suona = Gericht, Urteil, Versöhnung, Friedensschluss[1]) für die Stadt festsetzte, dessen Verletzung mit besonders harten Strafen bedroht war.
Im zweiten Teil des "Sühnebriefes" erließ der Erzbischof als Stadtherr von Salzburg ein in zehn Artikel gegliedertes Stadtrecht. Dieses älteste schriftlich überlieferte Stadtrecht sollte in der Haupt- und Residenzstadt Salzburg des Landes Salzburg und auch in den anderen befestigten Städten des Landes Salzburg Geltung besitzen.
Die zehn Artikel des Sühnebriefes regelten die wesentlichen Pflichten und Rechte der damaligen Bürgerschaft, im Mittelpunkt stand dabei jedoch die Festigung der erzbischöflichen Macht.
- Artikel 1 verbot Einungen (Zusammenschlüsse) gegen den Erzbischof. Für den Fall eines Verstoßes gegen dieses Verbot wurden drakonische Strafen – beispielsweise die Beschlagnahme von Besitz, Haus und Hof und die Todesstrafe – angedroht.
- Artikel 2 verbot Einungen (Fraktionskämpfe) gegen Teile der gleichen sozialen Gruppe – Bürger gegen Bürger, Handwerker gegen Handwerker, usw. Die angedrohten Strafen von fünf Pfund Pfennigen [2] waren empfindlich hoch.
- Artikel 3 betraf die Struktur der damaligen Stadtgemeinde – neben dem vom Erzbischof bestimmten Stadtrichter wirkten die "Genannten", also die Gerichtsbeisitzer an der Stadtverwaltung mit und nahmen als Beisitzer an den Sitzungen des Stadtgerichtes teil. Aus dem Kreise dieser Genannten wurden vier Schlüsselherren gewählt, die je einen Schlüssel zum Stadtsiegel aufzubewahren hatten. Nur zusammen mit dem fünften Schlüssel, den der Stadtrichter verwahrte, war der gemeinsame Zugriff auf das Stadtsiegel möglich, um damit Urkunden Rechtskraft zu verleihen. Auffallend ist bei der Aufzählung der Bürgerrechte und Bürgerfunktionen damals noch das Fehlen eines eigenen Bürgermeisters.
- Artikel 4 gebot, Gemeindegrund (also Grund im Eigentum der Stadtgemeinde) stets öffentlich zugänglich zu halten und widerrechtliche Einzäunungen dort unverzüglich zu entfernen.
- Artikel 5 verbot, eine Hofstatt (also Baugrund innerhalb der Stadtmauern) zu erwerben, ohne diesen binnen Jahresfrist bebauen zu wollen.
- Artikel 6 legte fest, dass Bürger nur dann Knechte anstellen durften, wenn diese auch im Hause ihres Herrn wohnen konnten, und verpflichtete die Bürger, für von diesen Knechten verursachte Schäden Ersatz zu leisten.
- Artikel 7 untersagte die Selbstjustiz.
- Artikel 8 bestimmte, dass die Genannten nur dann Beschlüsse in Angelegenheiten der Stadt treffen konnten, wenn der Stadtrichter und alle Genannten (keine Beisitzer), die in der Stadt wohnten, anwesend waren.
- Artikel 9 verpflichtete die bereits bewaffnete Bürgerschaft, Harnisch und Waffen zum Schutze des Landes und der Stadt instand zu halten. Jene Bürger, die weder über Harnisch noch Waffen verfügten, mussten diese innerhalb von zwei Monaten anschaffen. Die Wehrhaftigkeit der Bürger wurden zweimal jährlich überprüft – wer weder Harnisch noch Waffen vorweisen konnte, musste eine Geldstrafe von einem Pfund Pfennige an die Stadt zahlen und zudem unverzüglich Harnisch sowie Waffen anschaffen.
- Artikel 10 hielt fest, dass die getroffenen Bestimmungen keinerlei andere erzbischöfliche oder bürgerliche Rechte beeinträchtigen.
Dieses Stadtrecht blieb bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts aufrecht. Dann wurde es durch ein umfangreiches neues Recht ersetzt, das in 130 Artikeln zahlreiche Bestimmungen aus verschiedenen Quellen, auch aus dem Wiener Stadtrecht von 1221, übernahm.
Quellen
- Dopsch, Heinz: Der Sühnebrief (1287) als ältestes Stadtrecht. In: Dopsch, Heinz/Hoffmann, Robert: Salzburg, die Geschichte einer Stadt, 2. Aufl. Salzburg 2008, S. 162–172.
- Schempp, Albert: 725 Jahre Sühnebrief (1287–2012). Salzburger Volkskultur 2012, Teil I (S. 113–116) und Teil II (S. 124–127)
Einzelnachweis
- ↑ Quelle Wikipedia Sühne und Duden Herkunftswörterbuch,
- ↑ Friesacher Pfennige = Silbermünzen − von manchmal unterschiedlichem Gewicht −, die bei Zahlungen teilweise auch gewogen wurden, in der Regel galt aber 240 Pfennige = ein Pfund als Währung, hier lag die Strafe insgesamt daher bei 1200 (Silber‑)Pfennigen