Textilien im DomQuartier

Im Bild das Lieblingsstück des Fürsterzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau. Aufnahme anlässlich der Eröffnung des DomQuartier von links: Dieter Bogner, Museumsplaner; Dr. Elisabeth Resmann, Geschäftsführerin DomQuartier; Bürgermeister Dr. Heinz Schaden; Landeshauptmann Dr. Wilfried Haslauer junior; Domkustos Erzabt Korbinian Birnbacher OSB, Benediktiner-Erzabtei St. Peter und Prälat Balthasar Sieberer, Erzdiözese Salzburg;
Textilien im DomQuartier in der Alten Residenz.

Textilien im DomQuartier sind im Rahmen eines Besuchs des DomQuartiers an den Wänden der Alten Residenz zu sehen.

Wolf Dietrichs Lieblingsstück ist verkannt

Zu sehen ist unter anderem ein erstaunliches Meisterwerk einer Brüsseler Tapisserie aus dem Besitz von Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau. Was dieser heute noch berühmte Landesregent an Kostbarkeiten für seine prunkvolle Regentschaft angeschafft hat, ist fast alles infolge des Endes des Erzstifts ab 1806 aus Salzburg verschwunden - sein Gold- und Silberschatz ist in Florenz, seine Prunkrüstung ist in München, viele Gemälde sind in Wien, wenngleich einige von dort nach Salzburg zurückgegeben worden sind.

Heutzutage könne man so eine Tapisserie in einer musealen Präsentation - wie im Domquartier - jeden Tag betrachten. Früher hingegen sei sie nur zu höchsten Festtagen aufgehängt worden - sei es zu Krönungen, Reichstagen, besonderen Hochzeiten, an hohen christlichen Feiertagen oder Patroziniumsfesten. Tapisserien seien einst "die wertvollsten mobilen Kunstgegenstände" und "Teil einer auf die Spitze getriebenen Repräsentation" gewesen sagt Andrea Stockhammer, Direktorin des DomQuartiers, anlässlich des ersten von drei Vorträgen über außergewöhnliche Textilien im DomQuartier am Freitag, den 20. Oktober 2023.

Dass Wolf Dietrich ein Faible für solche farbenprächtigen Symbole fürstlicher Macht gehabt hat, ist am Wappen zu erkennen. Dieses sei in der Bordüre mitgewebt, erläutert Andrea Stockhammer. Daraus sei zu folgern, dass es ein Auftragswerk des Erzbischofs gewesen sei. Hätte er es quasi von der Stange - also als bereits fertiges Stück - erworben, wäre sein Wappen nachträglich in ein dafür vorgesehenes Loch in die Bordüre eingefügt worden.

Zudem hat Wolf Dietrich die Brüsseler Manufaktur mit kostbaren Materialien beauftragt: Wolle, Seide sowie Gold- und Silberfäden, obwohl, wie Andrea Stockhammer anmerkt, dieser spezielle Glanz damals, Ende des 16. Jahrhunderts, bereits aus der Mode gewesen sei. Und sieben bis neun Kettfäden pro Zentimeter bezeugten zwar gute Qualität, aber nicht das Beste vom Besten, wofür über zehn Fäden nötig wären.

In Salzburg sind nur sechs Stück über die Gründung Roms durch Romulus und Remus verblieben. Drei gehören der Benediktiner-Erzabtei St. Peter, das diese - nach Angaben des Kustos Wolfgang Wanko im Katalog zur Wolf-Dietrich-Ausstellung 2017/18 - 1816 für 360 Gulden erworben hat. Drei weitere kamen nach der Landesausstellung Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau. Gründer des barocken Salzburg. 1987 übers Kunsthistorische Museum zurück in den Besitz des Landes Salzburg. Eine hängt im Carabinierisaal , eine ist im Depot. Jener im Audienzsaal widmete Andrea Stockhammer ihren ersten Vortrag.

Dass man die darauf dargestellte Szene vom Sieg des Romulus über die etruskische Stadt Veji entziffern kann, erlaubt ein Vergleich mit einer zweiten Serie, die nach denselben Kartons gewebt ist und in den Brüsseler Musées royaux d'Art et d'Histoire verwahrt wird. Wie die Tapisserie-Spezialistin Rotraud Bauer im Katalog zur Wolf-Dietrich-Landesausstellung von 1987, der nach wie vor wichtigsten Quelle über diese Prunkstücke, geschildert hat, enträtseln dortige Inschriften den Inhalt, der - im Sinne der Renaissance - auf Schilderungen des römischen Historikers Titus Livius (59 v. bis 17 n. Chr.) basiert.

Noch ein Detail, das Andrea Stockhammer hervorhebt, bestätigt Wolf Dietrichs Liebe zu Tapisserien: Als dieser nach seiner militärischen Blamage im Streit um Salz (er hatte die Fürstpropstei Berchtesgaden besetzt, worauf bayerische Truppen in Salzburg einmarschierten) die Flucht Richtung Süden ergriff, nahm er Tapisserien mit - "nicht gerade Handgepäck", bemerkt Andrea Stockhammer.

Der Historiker Franz Martin hat diesen Aufbruch vom 23. Oktober 1611 geschildert: "Den ganzen Tag wurde eingepackt, ,die allerbesten Clenodia (Kleinodien, Anm.) von Gold und Silber (...), alle Barschaften und Tapezeryen' wurden ,eingeschlagen' und nach dem Gebirge geschickt." Nachdem Wolf Dietrich zwischen Katschberg und Gmünd gefangen genommen und zunächst in der Festung Hohenwerfen eingesperrt worden war, wurden - wie Franz Martin schildert - auch die Gepäckwagen zurück nach Salzburg geführt. Auch während seiner Gefangenschaft in Hohensalzburg war laut damaliger Zeitzeugen eines der Zimmer "mit schönen Tapezereien geziert". Wenn jene dabei war, die jetzt im Audienzsaal hängt, könnte der prominente Häftling über ein Motiv in der Bordüre sinniert haben: Da sitzt ein Löwe vor einem Baum mit einem Hahn, darunter steht: dum timeor time - "Solange ich gefürchtet werde, fürchte dich."

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