Claudia Tolloch

Aus SALZBURGWIKI
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Claudia Tolloch verkauft Fahrkarten der Festungsbahn auf die Festung Hohensalzburg.

Einleitung

2,4 Millionen Personen fuhren 2017 mit der Bahn auf die Festung. Das sind 6 650 Menschen pro Tag. Claudia Tolloch hat einigen von ihnen das Ticket verkauft. Die 48-jährige Wahlsalzburgerin erklärt wie es ist, wenn die Schlange vor der Kassa immer länger wird. Und sie erzählt, warum sie in einem Glaskubus sitzt.

Interview der Salzburger Nachrichten mit Frau Tolloch

Sie sitzt am Ende der Warteschlange von Angelika Wienerroither

SN: Frau Tolloch, an der Kassa haben Sie täglich Kontakt mit zahlreichen Menschen. Wie fühlt sich das an?

Ich bin jedes Jahr fassungslos, was für Massen an Touristen zu uns kommen. Es passiert, dass die Kunden die Festungsgasse hinunter bis zum Kapitelplatz anstehen. Kassendienst ist ein Hardcore-Job. Ich rede von Früh bis Spät und kassiere nebenbei. Ich muss konzentriert bleiben und versuche, Information schnell zu vermitteln. Ich habe einen Standardsatz in Deutsch und in Englisch.

SN: Wie lautet der Satz?

Beim Basis-Ticket ist die Bahnfahrt, der Eintritt in die Festung und das Museum sowie ein Audioguide inkludiert. Beim All-Inclusive-Ticket sehen Sie zusätzlich das Fürstenzimmer. Damit ist ein Großteil zufrieden. Andere wollen wissen, was im Fürstenzimmer zu sehen ist.

SN: Einer stellt Fragen, während hinter ihm die Schlange länger wird ...

Ich bin bemüht, dass ich freundlich bin und alles beantworte. Das ist Einstellungssache. Manche Leute wollen wissen, welcher Bus von A nach B fährt und was sonst noch zu tun ist.

SN: Sie spielen nebenbei auch Touristenführerin.

Ja, das machen wir alle. Asiaten und Amerikaner interessieren sich vor allem für "The Sound of Music". Die Touristen halten mir ein Foto von einem Drehort am Mönchsberg unter die Nase und wollen wissen, wo das ist. Asiaten legen zudem Wert darauf, Billett und Rechnung zu behalten, weil Fotos daraufgedruckt sind. Sie nehmen auch die Infobroschüren mit, als Erinnerung.

SN: Wie viele Tickets verkaufen Sie an einem Sommertag?

Ich kassiere ungefähr 15.000 Euro, ein Ticket kostet 15,50 Euro ...

SN: ... das sind 1 000 Tickets täglich. Ist ihnen einmal etwas Kurioses passiert?

Ja. Man bekommt eine gewisse Menschenkenntnis. Ich weiß schon von Weiten, ob das Deutsche sind, oder ob du Englisch mit den Kunden reden musst. Ich kann nicht sagen warum, es ist Gefühlssache. Wir arbeiten auch beim Mönchsberglift: Einmal sahen mein Kollege und ich drei Männer in arabischen Gewändern. Wir wollten sie auf Englisch begrüßen. Plötzlich sagt einer der Männer: "Griaseng, drei moi auffi und oba (lacht, Anm.)" Das werde ich nie vergessen.

SN: An der Kassa sitzen Sie im Glaskubus. Fühlen Sie sich sonst schutzlos?

Es ist ein Schutz gegen Kälte und Wärme - und gegen Bakterien. Wir haben mit vielen Leuten zu tun. Das mit dem Mikrofon ist ein bisschen skurril. Wenn alle drei Kassiere reden, hören wir den anderen. Deshalb haben wir Zwischentüren. Das Kundenmikrofon ist neben dem Bezahlterminal, Kinder greifen oft danach. Dann hören wir ein Klopfen.

SN: Ich finde die Situation schräg. Zwei Menschen reden, dazwischen ist Glas.

Bei der alten Festungsbahnkassa war unten eine Öffnung, wir redeten durch einen Schlitz. Das war unangenehm, man hört nicht alles. Im Winter war es kalt, im Sommer heiß. Die Eingangstür ist immer offen, das schafft keine Klimaanlage. Durch das Glas kann ich mir eine Temperatur einstellen, die angenehm für mich ist. Das ist wichtig: Wir sitzen hier zehn, elf, zwölf Stunden lang und müssen konzentriert bleiben.

SN: Im Dom klebt auf dem Glas des Souvenirverkäufers ein Pickerl: "Hier arbeitet ein Mensch." Hätten Sie das gern?

Das ist nicht das Thema. Die Leute wollen das Ticket kaufen und nicht plaudern. Ich bin bemüht, freundlich zu sein. Ich bin mir aber bewusst, was ich mache. Ich brauche kein Feedback von den Kunden, dass ich ein Mensch bin. Darauf lege ich keinen Wert.

SN: Haben Sie Angst, dass Sie von Automaten ersetzt werden?

Das ist nicht möglich. Zumindest nicht in naher Zukunft. Wir bieten eine große Bandbreite, es sind zu viele Fragen von den Touristen. Man kennt das von den Fahrkartenautomaten: Viele Menschen kennen sich damit nicht aus.

SN: Sie sind zuvor Obus gefahren. Hatten sie da mit ähnlichen Leuten zu tun wie jetzt?

Das war eine andere Art von Stress. Die Menschen im Bus wollten in die Arbeit, schnell von A nach B. Da war ich konfrontiert mit Kritik: Warum kommen Sie schon wieder zu spät? Ich habe das nie persönlich genommen. Hier ist es anders: Die Leute sind auf Urlaub, sie haben Zeit. Wir bemühen uns dennoch, sanft aber schnell zu sein.

SN: Gibt es in ihrem jetzigen Job etwas, was unangenehm ist, wovor Sie sich fürchten?

Wir machen auch Wagenbegleitung, steuern also die Festungsbahn. Einmal war ein Mann auf der Strecke, ich bin total erschrocken. Er ist über die Absperrung gekraxelt und wollte mit seinem Paragleitschirm auf die andere Seite. Zum Glück haben wir den Halt-Knopf. Und es gibt eine Hauskatze, die über die Gleise schleicht. Aber sie weiß schon, dass hier die Bahn fährt.

SN: Braucht man eine Ausbildung, um die Festungsbahn zu steuern?

Man fährt tagelang mit. Man wird geprüft, zur Technik, was im Notfall zu tun ist. Und wie man in der Mitte stehen bleibt.

SN: Wozu muss man in der Mitte stehen bleiben?

Das ist für die Lieferanten und die Bewohner des Berges. Sie dürfen in der Mitte aussteigen und zusteigen. Die Mitte heißt "Kotz", weil da so ein Buckel in der Strecke ist. Eine ältere Dame, die am Berg wohnt, sagt immer: "Lossn's mi bei der Kotz aussteigen."

SN: Was ist das Schönste an Ihrem Job?

Das Schönste ist der Morgen. Ich fahre in der Früh von oben mit der Festungsbahn hinunter und schaue auf die Altstadt. Es ist immer wieder erhebend. Ich liebe es.

Quelle