Maria Schärlerin

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Maria Schärlerin (* 18. März 1743 in Mittersill [1]; † 1. Juli 1813 in Stuhlfelden[2]) war Hebamme und Mesnerin.

Leben

Maria Schärlerin (auch Scharlerin) wurde als eheliche Tochter des Urban Schärler (Müller zu Clausen) und der Hebamme Christina Päurin/Bäuerin (1708-1793[3]) geboren. Sie bezeichnete sich in der Vernehmung als "gebürtge Bäckers Tochter" und gab 1803 an als verwitwete Mesnerin 1200 fl Vermögen zu besitzen, das zur dieser Zeit an zehn verschiedene Personen ausgeliehen war.[4] In Stuhlfelden arbeitet Maria Scharlin auch als Hebamme, ein Gewerbe das sie von ihrer Mutter Christina erlernt hatte.

Hebammen in Salzburg

1792 - Maria Schärlerin war bereits 49 Jahre alt - wurde in Salzburg ein Hebammenlehrkurs errichtet. Damit einher ging die zunehmende Diskriminierung der gelernten Hebammen, die nun als "Pfuscherinnen" bezeichnet wurden.[5]

Im Jahr 1801 wurde eine Verordnung "wegen Abschaffung der Bruch Schneider und Quacksalber" erlassen. Deswegen ließ der Pfleger Johann Joseph Koch von Sternfeld "den 9th Oktober desselben Jahres die Maria Scharlerin vorruffen und machte ihr den Obrikgkeitlich nachdrücksamen Auftrag, dass sie sich bey Zuchthaus Straffe nicht mehr unterstehen solle, sich in dem Chyrurgisch und Medizinischen Sache mit Pfuscherey und Quaksalberey abzugeben".[6] Nach ihrer eigen Aussage hat Maria Schärlerin erst nach dem Tod ihrerer Mutter Christina damit begonnen allein Geburten zu betreuen.

Ab 1802 musste auf Grund einer hochfürstlichen Verordnung "diejenige Hebamme, welche bey der Geburt die Hebammen Dienste verrichtet hat, mit Vor- und Zunamen den Taufbüchern jedes Mahl beygemerkt" werden. Die Ortsobrigkeit sollte vierteljährlich ein Verzeichnis über alle Frauen, die bei Geburten beigestanden waren, erhalten. Es wurde also die Kontrolle über den Ausbildungsstand der Geburtshelferinnen angestrebt. Angeführt wurde: "Man glaubt hierin ein wirksames Mittel zu finden, die Zahl der ungelernten Hebammen, die so viele Kinder ohne Taufe morden, zu vermindern."[7]

Das Gerichtsverfahren

Im Februar 1803 musste Maria Schärlerin sich wegen des Vorwurfs, dass "ihr Beystand zur Geburts Hilfe in Zeit einem Vierteljahre 3 tode Kinder zur Welt befördert hat" vor dem Pfleggericht in Mittersill verantworten. Sechs der angesehensten Bauern in Stuhlfelden nahem sich ihrer an, versprachen ihr Hilfe und begleiteten sie zur Abhörung beim Gericht.[8] Zuvor war bei ihr eine Visitation vorgenommen worden, bei der mehrere Schachteln mit den verschiedensten medizinischen Waren beschlagnahmt wurden. Eine davon war der Scharlerin - nach ihrer Aussage - von einem Zillertaler Ölträger zur Aufbewahrung überlassen worden.[9] Darunter waren unter anderem Laxierzucker[10], ein Gläschen Markgrafen Pulver[11] mehrere Gläschen Skorpionöl[12].[13]

Im März 1803 wurden die drei Mütter vernommen, deren Kinder bei der Geburt verstorben waren. Die Verhörprotokolle sind erhalten und geben interessante Aufschlüsse über Geburten und Geburtshilfe bei Frauen unterschiedlichen Standes. Die Bäuerin Barbara Kendlerin erhielt von der Hebamme "einigemal zu einer Herz Stärke ein kleines Stück von einer gedörrten Datel ein und auch andere Herzstärkende Sachen, als Alkamus Zelteln etc auch gab sie mir einen warmen Wein, und zu weilen eine Hennen Suppe". Die ledige Dirne Maria Kamerin konnte sich an keine Gabe von Medizin erinnern und hatte laut Aussage der Hebamme nur etwas Muskat auf einer Suppe bekommen.

Koch-Sternfeld schreibt in seinem Begleitschreiben zu den Verhörprotokellen am 12. März: "Nun war die Erbarmung der Stuhlfelder Bauers Gemeinde über die Scharlerin so groß, dass sich dieselbe entschloss, Sie nach Salzburg zu schicken, und in den Wissenschaften der Geburts Hilfe prüfen zu lassen, Dabey glaubt diese Gemeinde den Zweck zu erreichen, die alte Pfuscherin beybehalten und sich derselben in ihren Krankheiten bedienen zu können."[14]

Die Aussagen von Maria Schärlerin beschreiben ihre Tätigkeit in medizinischen Belangen. Sie hat den Leuten in Krankheitsumständen zuweilen einen Rat erteilt oder etwas "Oelwerk oder Pflaster" abgegeben. Auch pflegte sie den Gebärenden als Geburtshelferin beizustehen. Sie erbte 2 oder 3 medizinische Bücher von ihrer Mutter. Aus diesen Büchern erteilte sie Rat und gab auch Medikamenten aus. Es waren "nur geschriebene und altväterische Bücher". Sie gab an, dass sie diese "selbst nicht einmal lesen kann" und dass sie sich öfters daraus vorlesen ließ.[15]

Es gab zu dieser Zeit bereits eine Landschaftsphysiker in Zell, vermutlich war es Wolfgang Oberlechner. Von ihm ist das Fragment eines Monatsberichtes als Zitat erhalten, was wahrscheinlich in Zusammenhang mit dem Gerichtsfall Maria Schärlerin steht. In einer Sitzung des Medizinalrats am 8. August 1804 wurde aus diesem Monatsbericht zitiert: "daß sich in diesem Distrikte [in Mittersill] in Ruksicht auf die spezielle Terapie nichts wichtiges ereignet habe, nur würden nur Pfuscherinen, und nicht die geschworenen Hebammen zu den vorfallenden Geburten gerufen, indem bey 34 Geburten nur zweymal eine geschworene Hebamme gegenwärtig gewesen sey, = ein Unfug, den selbst das Pfleggericht mit aller Mühe nicht abstellen zu können vorschreibe."[16]

Maria Schärlerin wurde zunächst (26. März) zu einer zweimonatigen Zuchthausstrafe verurteilt, was in eine "gnädige Geld Buße" umgewandelt wurde. Sie starb im Alter von 67 Jahren in Stuhlfelden an der Wassersucht.

Quelle

  • Brigitte Niederseer: "Geburten – Taufen – Kindersterblichkeit. Am Beispiel der Hebamme und Mesnerin Maria Schärlerin", unpubliziert, Vortrag am 3. Dezember 2024[17]

Einzelnachweise

  1. https://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/salzburg/mittersill/TFBIII/?pg=21.
  2. https://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/salzburg/stuhlfelden/STBIV/?pg=10.
  3. Stuhlfelden, 1764-1811 Sterbefälle, 58.
  4. SLA, kurf. k.k. ö. Reg. XII, Nr. 14.
  5. Gunda Barth-Scalmani (1994): Die Reform des Hebammenwesens in Salzburg zwischen 1760 und 1815. – Mitt(h)eilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde – 134: 365 - 398, hier: 379.
  6. SLA, kurf. k.k. ö. Reg. XII, Nr. 14.
  7. Intelligenzblatt von Salzburg 20. Februar 1802, 8.
  8. SLA, kurf. k.k. ö. Reg. XII, Nr. 14.
  9. Vgl. Karl Mair, Die Öltrager des Zillertales, Uderns 1933, online in: https://www.sagen.at/doku/Handwerk/Oeltrager_Zillertal.html.
  10. Lärchenzucker, der als Abführmittel verwendet wurde.
  11. ein gebräuchliches Mittel gegen Krämpfe u. Epilepsie (der Kinder), aus Päonienwurzel, Mistel, geraspeltem Elfenbein, Elennklauen u. Hirschhorn, calcinirtem Elfenbein, rothen u. weißen Korallen u. sein geschnittenen Goldblättchen.
  12. Skorpione wurden mit Baumöl übergossen aufbewahrt, welchem eine Heilkraft gegen den Stich desselben und anderer giftiger Tiere beigemessen wurde.
  13. SLA, kurf. k.k. ö. Reg. XII, Nr. 14.
  14. SLA, kurf. k.k. ö. Reg. XII, Nr. 14.
  15. SLA, kurf. k.k. ö. Reg. XII, Nr. 14.
  16. „Auszug aus dem kurfürstlichen Medizinal-Rathsprotokoll von 8. Aug. 1804“, SLA churf. u. k. k. österr. Reg. XI 008.
  17. www.museumswelten-hohetauern.at, Museumsstammtisch