Hilfswerk KinderVilla Wäschergasse 28

Die KinderVilla des Hilfswerks Salzburg im Erdgeschoss des Hauses Wäschergasse 28 in Nonntal in der Stadt Salzburg beherbergte eine alterserweiterte Krabbelgruppe. 2019 kam es zu einer rechtlich erzwungenen Schließung.

Wohnungseigentümer klagten: Aus für Krabbelgruppe in Salzburg-Nonntal

Die Tage der "KinderVilla" des Hilfswerks in einem Mehrparteienhaus in der Wäschergasse in Salzburg-Nonntal sind gezählt. Vier Jahre nach der Eröffnung 2015 muss die alterserweiterte Gruppe, die in einer Erdgeschoßwohnung mit Garten untergebracht ist, schließen. Hintergrund ist ein Rechtsstreit zwischen einem Teil der Wohnungseigentümer mit dem Hilfswerk sowie dem Besitzer der gemieteten Wohnung. In alterserweiterten Gruppen dürfen laut Gesetz 0- bis 14-Jährige betreut werden, de facto sind es meist Ein- bis Sechsjährige.

2017 hatten elf Eigentümer auf Unterlassung geklagt. Sie bekamen nun auch in letzter Instanz vor dem Obersten Gerichtshof recht. Vereinfacht gesagt hätte die Wohnung, die zuvor rund 30 Jahre als Büro vermietet war, nicht plötzlich ohne Zustimmung aller Wohnungseigentümer als Kinderbetreuungseinrichtung genutzt werden dürfen.

"Rechtlich geht es in diesem Fall rein um eine bewilligungspflichtige Widmungsänderung", sagt der Anwalt der Kläger, Andreas Hertl. Der OGH habe das Urteil des Landesgerichts als Berufungsgericht voll inhaltlich bestätigt. Nach dem Empfinden seiner Mandanten habe es der Eigentümer verabsäumt, vor der Vermietung der Räume an das Hilfswerk den Dialog mit den Bewohnern zu suchen.

Beobachter sind überzeugt, dass die Kinderbetreuungseinrichtung den klagenden Parteien ein Dorn im Auge war. Auch wenn es für das Urteil nichts zur Sache tut: Im Prozessverlauf kam immer wieder zur Sprache, dass sich einige Kläger durch die spielenden Kinder im Garten belästigt gefühlt haben. Außerdem hatten sie die Befürchtung geäußert, dass ihre Wohnungen durch die Kinderbetreuungseinrichtung im Haus an Wert verlieren könnten. Mehrere der Kläger wohnen nicht selbst im Haus. Zwei leben in Deutschland, einer in Norwegen.

Im Garten hätten selten mehr als fünf Kinder gleichzeitig gespielt, sagt Hilfswerk-Regionalleiter Klemens Manzl. In der Gruppe seien maximal zehn Kinder angemeldet gewesen. "Meistens waren acht Kinder da, die meisten von ihnen sind unter drei Jahre alt." Er sei oft vor Ort gewesen. "Es war keineswegs laut." Dieser Meinung seien übrigens auch die meisten anderen Hausbewohner.

Hilfswerk-Geschäftsführerin Daniela Gutschi findet das Aus für die Einrichtung "sehr schade". Man habe an keinem anderen Standort Probleme mit Anrainern. Bedauerlich sei die Schließung auch deshalb, weil es sehr schwierig sei, überhaupt Räume zu finden.

Nonntal wirft grundlegende gesellschaftliche Fragen auf

"Ehe wir die Wohnung in der Wäschergasse gefunden haben, haben wir 1,5 Jahre gesucht", sagt Manzl. Kaum sage man Vermietern, dass eine Kinderbetreuungseinrichtung geplant sei, "lassen sie die Rollläden herunter". Manzl schildert auch den Fall einer Tagesmutter, die seit zwei Monaten eine neue Wohnung sucht und auch dort Kinder betreuen möchte. Vergeblich. Manzl sieht ein grundsätzliches Problem: "Ich frage mich, wo Kinder überhaupt noch betreut werden sollen, wenn die Leute nicht einmal mehr spielende Kinder und ein Kinderlachen aushalten."

Mit den Problemen bei der Suche nach Immobilien ist das Hilfswerk keineswegs allein. "Es ist unglaublich schwierig, Räumlichkeiten zu finden", bestätigt Helmuth Schütz, Sprecher der IG-Kinderbetreuung Salzburg. Sie vertritt die Träger der privaten Einrichtungen, die alle gemeinnützige Vereine sind. Die Eigentümer seien oft skeptisch und würden lieber an Büros vermieten. Schütz kennt das Problem aus eigener Erfahrung. "Als ich 2006 mit meiner ersten Krabbelgruppe angefangen habe und mein Nachbar davon erfahren hat, ist er sofort zur Landesregierung marschiert, da hatte ich den Antrag noch nicht einmal eingebracht."

Anrainer seien oft skeptisch und hätten Angst vor möglichem Lärm, nach der Eröffnung lege sich die Sorge aber meistens, sagt Cornelia Ernst vom Verein gemeinsam wachsen, der in der Stadt und in Elsbethen Krabbelgruppen führt. Ein Problem, das nicht von der Hand zu weisen sei, sei das Bringen und Abholen der Kinder. Als enormes Problem bezeichnen die Träger aber auch die unerschwinglichen Preise für die Immobilien, die in keiner Relation zu den Förderungen stünden.

Man komme in der Stadt aufgrund des geringen Angebots an Häusern nur noch in Gebäuden mit Mischnutzung unter, betont Wolfgang Gallei, Geschäftsführer von KOKO, dem größten privaten Anbieter in der Stadt Salzburg. "Das Thema wird an Brisanz gewinnen, hier braucht es klare Spielregeln."

Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt kann die Klagen über Kinderlärm nicht mehr hören. "Wir leben in einer kinderfeindlichen Gesellschaft", sagt sie und fügt an: "Wo haben Kinder überhaupt noch Platz?" Kinder seien keine Lärmquelle, sondern ein Quell der Freude.

Barbara Haimerl in Standpunkt: Weg vom PC, Kinder, aber ja nicht zu laut!

Barbara Haimerl meint in ihrer Glosse zu diesem Thema, dass rechtlich die Schließung ja in Ordnung sein mag, hinterfragt aber auch, ob es zu einer Schließung in diesem Mehrparteienhaus gekommen wäre, wenn es sich um eine betreute Senioren-WG gehandelt hätte. Kinder brauchen Platz zum Spielen und das scheint immer häufiger zum Problem zu werden. Haimerl erinnert in diesem Zusammenhang an einen Jahre zurückliegenden Fall im Salzburger Stadtteil Aigen. Ein Ärzteehepaar fühlte sich von den spielenden Kindern in der benachbarten Betreuungseinrichtung derart gestört, dass es vor Gericht zog. Abschließend meint Haimerl, dass der Platz, den man Kindern zum Spielen zugesteht, sehr viel über den Stellenwert aussagt, den sie in unserer Gesellschaft haben.

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